Die letzten Schritte zur GAP?

Landwirtschaft

Vertagt: Super-Trilog und Agrarrat in Brüssel

An den großen Fragen wird sich nichts mehr ändern. Zwei Tage Super-Trilog zwischen Europaparlament, Europäischem Agrarrat und der EU-Agrarkommission und zwei Tage Agrarratssitzung zur nächsten Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2023 in der letzten Maiwoche haben die Kombattanten näher gebracht, aber bei der Einigung nur Tippelschritte erzielt. Die vorsitzende Landwirtschaftsministerin in der der portugiesischen Ratspräsidentschaft, Maria do Céu Antunes gab sich optimistisch, dass der nächste informelle Rat in Portugal am 12. Juni den Schlussakt für die GAP bringt. Die Festsetzung von Interventionspreisen hat das Parlament von selbst zurückgezogen, EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski bleibt hart bei seinem Veto, Zucker nicht wieder in die Intervention aufzunehmen und Details bei  der Herkunftsbezeichnung sind noch nicht WTO- und Binnenmarktkonform ausdiskutiert.

Bei der Tiefenschärfe für grün in der GAP-Architektur  liegen Kompromisse auf dem Tisch, die Positionen aber werden gleichzeitig hart verhandelt. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner steht mit der Forderung, diese Woche eine Einigung zu erzielen nicht alleine da. Auch gibt es kaum Uneinigkeit bei den Zielen – aber über dem Weg. Landwirtschaftsminister Nechita-Adrain Oros fügte seiner Rede am Mittwoch die Liste an, wo Rumänien alles nicht zustimmen kann. Wer die EU-Verdrossenheit nicht vorantreiben will, der muss auf Befindlichkeiten Rücksicht nehmen. Zumal das von einem deutschen Konsens getragene Aus der Flächenzahlungen für die Zeit nach 2027 schon auf der Agenda steht. Elisabeth Köstinger aus Österreich führt an, dass die soziale Konditionalität alles andere als einfach ist. Es fehlen Rechtsvorschriften wer was berücksichtigen solle und das kontrolliert.

Die Kritiker befürchten den bloßen Austausch der Begriffe „Cross-Compliance“ und „Greening“ durch den neuen Begriff „Konditionalität“. Die andere Seite führt den Begriff der „Flächenstilllegung“ für die „nicht produktiven Flächen für die Biodiversität“ wieder ein. Die einen verkennen, dass Deutschland bei 25 Prozent Konditionalität 1,1 Milliarden Euro oder 65 Euro je Hektar mehr bekommt, die vom Einkommen der Direktzahlungen abgezogen werden. Die anderen verkennen, dass die Bundesländer im Rahmen der neuen Strategie noch einmal deutlich nachschärfen können. Torben Tiedemann von der FH Kiel und Uwe Latacz-Lohmann von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel haben ausgerechnet, dass ohne Ökoregelung den Landwirten ein Einkommensbetrag von 83 Euro je Hektar abgezogen wird und Weidetierprämie und Junglandwirteförderung diesen Verlust nur zum Teil ausgleichen können.  

Walter Heidl, Präsident des Bayerischen Bauernverbandes, befürchtet, dass eine zu strenge Definition des „Aktiven Landwirtes“ Neben- und Zuerwerbsbetriebe künftig von Agrarzahlungen ausgeschlossen werden. Eine Rücknahme und Neuformulierung der GAP 2023, wie sie der österreichische Grüne Thomas Waitz formuliert, erzielt einen jahrelangen Stillstand, bei dem es keine neuen Mehrheiten weder im Parlament noch im Agrarrat gibt.

Saatgut

Doch nicht nur die GAP stand auf dem Programm Die Agrarminister folgen der Notwendigkeit, die Vorlagen über reproduktives Pflanzenmaterial zu überarbeiten. Die EU ist einer der größten Saatgutmärkte der Welt. Den Tschechen fehlen Bestimmungen über Obstsorten und Wein, aber grundsätzlich müssten die Vorgaben den gesellschaftlichen und klimatischen Bedingungen neu angepasst werden. Die EU brauche eigenes Saatgut, sagte Köstinger, fast alle forderten die Trennung von Nutzpflanzen und forstwirtschaftlichem Saatgut, weil Bedingungen und Kategorien grundsätzlich anders sind. Auch die Berücksichtigung seltener Sorten müsse sich in der Novelle wiederfinden. Die EU-Kommissarin für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit Stella Kyriakides nahm die Forderungen auf und will bis Jahresende einen ersten Vorschlag vorstellen.

Zum Thema Saatgut gehören auch die Züchtungsmethoden. Der Agrarrat stimmte mit der von der Kommission vorgestellten Studie und Neubewertung der Genom Editierung (GE) zu. Sowohl Kyriakides als auch Klöckner beschrieben das Thema als besonders sensibel für die Gesellschaft. In der Strategie From Farm to Fork sind sie enthalten (Klöckner) und haben durchaus ihre Vorteile für Konsumenten (Kyriakides). Die Kommissarin will das europäische Vorsorgeprinzip auch bei der GE anwenden.

GAP Teil II

Der Agrarrat tagte am Donnerstagabend noch immer in Brüssel, weil der Super-Trilog weiter ging. Beispiel: Bei der Umverteilung der Direktzahlungen auf die ersten Hektare fordert das Parlament einen Satz von 12 Prozent. Der Agrarrat will sieben Prozent und die Kommission hat als Kompromiss zehn Prozent vorgeschlagen. Beispiel: Nicht produktive Fläche: Das Parlament will fünf Prozent, der Rat kann sich drei Prozent vorstellen und der Kompromiss liegt derzeit bei vier Prozent oder drei Prozent plus zwei Prozent Zwischenfrüchte.

Verbraucher, bei denen viele noch nicht einmal wissen, dass es in der GAP zwei Bezahlsäulen gibt, kommen bei dieser Spiegelfechterei gar nicht mehr mit. Rat und Parlament warfen sich am Donnerstag gegenseitig Radikalverweigerung vor.

Die für 22:00 Uhr angesetzte Ratssitzung wurde immer wieder verschoben. Der letzte Termin war auf 23:34 gesetzt. Aber: Der Trilog wurde unterbrochen und auf Freitag 09:00 Uhr vertagt.

Roland Krieg

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