Die Öko-Erzeugung in Schwung bringen

Landwirtschaft

Schmidt stellt Zukunftsstrategie Ökolandbau vor

Der Anbau ökologischer Produkte in Deutschland hinkt der Nachfrage deutlich hinterher. Ein wichtiges Zeichen für den Nachfragemarkt sind hohe Preise. Ganz im Gegenteil zur konventionellen Landbewirtschaftung, die seit mehr als zwei Jahren in einem Dauerpreistief und aktuell von einem hohen Strukturwandel betroffen ist. Die Perspektivlosigkeit  hat viele Landwirte in den letzten Monaten in die Umstellung zum ökologischen Landbau getrieben. Zuwachsraten von mehr als 20 Prozent in Frankreich und Dänemark und zehn Prozent in Deutschland zeigen, dass die ökologische Landwirtschaft als betriebswirtschaftliche Alternative ernst genommen wird.

Christian Schmidt und Markus Arbenz (v.l.)

Erfolgsmodell Bio

Der Boom hat erfreuliche Folgen, wie Markus Arbenz von der Internationalen Vereinigung für den organischen Landbau (IFOAM) zu Beginn der BioFach in Nürnberg sagte. Es stellen mittlerweile nicht mehr nur die Grünlandbauern, sondern auch vermehrt Ackerbauern um, die in der Umstellungsphase ihre aufwendig erzeugten Produkte nur konventionell verkaufen können. Jetzt rücken die Anbauer von Ölsaaten, Getreide, international von Kaffee und Kakao nach. Die Schere zwischen Angebot und Nachfrage schließt sich, erklärte Arbenz. International biete der Ökolandbau Chancen zur Minimierung der Migration. Deshalb soll die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) den Kleinbauern in Übersee neue Chancen eröffnen

ZÖL für deutsche Bauern

Damit Deutschland nicht nur den Entwicklungsländern Empfehlungen vorhält, will Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt mit der über zwei Jahre entwickelten „Zukunftsstrategie ökologischer Landbau“ (ZÖL) auch heimischen Landwirten Anreize und einen politischen Rahmen geben, auf Bio umzustellen. Ziel sind die 20 Prozent, die Renate Künast bereits zu Beginn des neuen Jahrtausends formuliert hatte. Vor dem Hintergrund von derzeit 6,5 Prozent Ökolandwirtschaft ist das Ziel noch „sehr weit entfernt“, sagte Schmidt. Bio ist neben der konventionellen Landwirtschaft eine „wichtige Säule“, ohne einen Termin zu nennen, wann die 20 Prozent erreicht werden sein sollten.

Christian Schmidt

Dazu listet die ZÖL fünf Handlungsfelder auf. Der Rechtsrahmen müsse zukunftsfähig und kohärent gestaltet werden. Die Zugänge zur ökologischen Landwirtschaft sollen erleichtert, das Nachfragepotenzial ausgenutzt und erweitert werden, die Leistungsfähigkeit der ökologischen Landwirtschaft müsse verbessert und die Landwirte sollen für ihre zusätzlichen Leistungen honoriert werden. In diesem Zusammenhang begrüßte Schmidt den neuen Vorschlag der maltesischen Ratspräsidentschaft, die EU-Ökoverordnung doch noch zu einem guten Ende zu führen, doch setzte  er mit dem turnusmäßigen Ende des Vorsitzes am 30. Juni auch ein Fixdatum für die Verordnung. Liege dann kein Beschluss vor, den auch die Kommission mittragen könne „dann betrachte ich den Weg als gescheitert. Wir wollen keine Totalrevision.“

Für die Umsetzung der ZÖL braucht Deutschland Geld. Für den Ökolandbau hat Schmidt das Budget bereits von 17 auf 20 Millionen erhöht, will im Haushalt 2018 den Rahmen auf 30 Millionen erweitern und nahm die Forderung von 60 Millionen zur Kenntnis. Die kam vom Ökobeauftragten Heinrich Graf zu Bassewitz im Deutschen Bauernverband. Ob das reicht ist fraglich, denn das Gutachten der Agrarpolitiker geht von einem jährlichen Umstellungsbedarf von fünf Milliarden Euro allein für die Tierhaltung aus. Dafür will Schmidt über die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) die Bundesländer zu einer höheren Umstellungsprämie verführen. Für die Förderzeit nach 2020 müsse der Ökolandbau auch fester Bestandteil der 1. Säule sein.

Offen bleibt, auf welches Bio umgestellt werden soll. Schmidt und Bassewitz plädieren für Teilumstellungen der Betriebe. Die Ökobranche kämpft in Europa für die Umstellung des ganzen Betriebes. Zudem gilt das „europäische Bio“ gegenüber den verschiedenen deutschen privaten Siegeln als das Schlechtere. Schmidt und Bassewitz ist der Wille zur Erschließung der Gastronomie gemeinsam – aber dort werden große und genormte Mengen gefordert. Die krumme Möhre mag bei Konsumenten ihren eigenen Charme haben, in der Hotellerie findet sie keinen Platz.

Der große Umstellungserfolg aus den beiden letzten Jahren resultiert vor allem aus der Dauerpreiskrise im konventionellen Sektor. Inwieweit Landwirte, die mit ihrer Arbeit Geld verdienen wollen, bei der Umstellung auf Bio auch gleich die ganze Idee mitnehmen müssen, wird für den nachhaltigen Erfolg mitentscheidend sein. Mit Bio Geld verdienen, aber den Lebensstil nicht umstellen – das wird schwer. Sonst kehren diese Landwirte bei steigenden Preisen konventioneller Produkte dem Biosektor bald wieder den Rücken. Je elitärer sich die Biobranche beispielsweise bei der unerwünschten CMS-Züchtung oder dem bodengebundenen Pflanzenbau, also der Abkehr vom Gewächshaus, gibt, desto geringer wird die Akzeptanz. Dann stimmt die Rechnung von Felix Prinz zu Löwenstein nicht mehr. Der Bund Ökologischer Landwirtschaft (BÖLW) will bis 2027, dem Ende der nächsten Förderperiode, 100 Prozent Ökolandbau in Deutschland haben. Der Vorsitzende rechnet mit einem jährlichen Wachstum von elf Prozent – was in den beiden letzten Jahren immerhin erzielt wurde.

Lesestoff:

Die Zukunftsstrategie ökologischer Landbau finden Sie auf der Internetseite des Bundeslandwirtschaftsministeriums: http://www.bmel.de/Zoel

Roland Krieg

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