Die richtigen Alternativen finden
Landwirtschaft
MeLa-Kongress zur Nachhaltigen Entwicklung des Landes – II
Die Summen für den ländlichen Raum sind gewaltig, wenn auch der Anteil des Agrarhaushalts in der EU in der Vergangenheit immer weniger wurde. In Zeiten knapper Kassen der Privathaushalte und weil einige Bundesländer ausgerechnet den Ökolandbau nicht mehr fördern, gibt es vermehrt Kritik an den Subventionen, die allerdings so lange nur in das Ungefähre trifft, solange der Geldfluss nicht transparent offen gelegt wird.
Zudem orientiert sich die Agrarpolitik im Rahmen der Welthandelsgespräche vermehrt am Weltmarkt, der im Idealfall gar keine Beihilfen mehr an wettbewerbsfähige Betriebe vergibt.
Landwirtschaft ohne Beihilfen?
Was allerdings alles Beihilfen sind und warum man sich trefflich darüber streiten kann, beschrieb Udo Hemmerling vom Deutschen Bauernverband (DBV). Neben Direktzahlungen für Erzeugerpreise, die am Markt nicht mehr ihre Herstellungskosten decken, oder Subventionen für Betriebsmittel, gibt es auch zahlreiche Hilfen im sozialen Bereich: die Unfallversicherung oder die landwirtschaftlichen Altersversorgung. Jeder Betrachter würde sich die Subventionen heraussuchen, über die er am meisten streiten möchte.
Die OECD veröffentlicht einen Subventionsindex, der ausgezahlte Gelder als Prozentsatz des Produktionswertes berechnet. Demnach liegt Europa mit einer Quote von 33 Prozent gar nicht so schlecht gegenüber den Norwegern oder den Schweizern, die auf 68 Prozent kommen. Australien und Neuseeland begnügen sich mit rund drei Prozent des Produktionswertes. Bis diese beiden Länder allerdings soweit waren hatten sie eine harte Übergangszeit zu bewältigen, so Hemmerling. Denn zusammen mit den sozialen Beihilfen, ist ein Subventionsabbau eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Man könne nicht den globalen Wettbewerb annehmen und gleichzeitig hohe soziale und Qualitätsstandards halten wollen.
Die Gelder haben alle einen Schutzfaktor. Fielen sie weg, wären die Unterschiede zwischen den Mitgliedsländern viel deutlicher. Das die Osterweiterung „so geräuschlos“ abgelaufen ist, sei ebenfalls ein Verdienst der Beihilfen.
Hemmerling machte allerdings auch eines klar: Die „Rallye der Rohstoffe“ wird demnächst auch die Landwirtschaft treffen. Weltweit steigen die Rohstoffpreise stetig an. Im Bereich der Bioenergie zeigen sich bereits heute Preistendenzen, die sich auch auf den Nahrungsmittelsektor auswirken. So klagte die Margarineindustrie im letzten Jahr über hohe Preise, weil der Pflanzenölpreis durch die hohe Biodieselnachfrage nach oben ging.
Darauf müssen sich allerdings die Verbraucher langfristig einstellen. „Die Landwirte kommen jetzt an den Punkt, an dem sie aus der Tretmühle herauskommen werden“, prophezeit Hemmerling: Hundert Jahre lang haben die Bauern einen immer höheren Output erzeugt, aber jeden neuen Gewinn durch steigende Betriebsmittelkosten wieder ausgeben müssen. Der Boom erneuerbarer Energien und die Nachfrage in Asien wird die Erzeugerpreise nach oben ziehen.
„Hat der Bauer Geld, hat´s die ganze Welt“
Den Bauern wird viel zugemutet, wenn neue Einkommensmöglichkeiten geschaffen werden sollen. Das allerdings ist kein Selbstläufer. Zwischen den Bauern als Anbieter erneuerbarer Energien und den Energieversorgungsunternehmen als Abnehmer beispielsweise, musste der Staat mit der Einspeisevergütung ein Bindeglied schaffen, damit beide Seiten auch tatsächlich zusammen kommen. Christoph Kruse, Leiter der Agrargesellschaft Hohen Wangelin stellte damit die Bedeutung von Rahmenbedingungen heraus. Die Bauern bleiben im wirtschaftlichen Sinne aber trotzdem „Mengenanpasser“: Die Vergütung ist festgeschrieben, steigt nicht und es gibt auch keinen Inflationsausgleich. Die Bauern verdienen nur mehr, wenn sie mehr liefern. Eher profitieren dabei andere Betriebszweige, wie der Elektriker, der sich über ein Auftragsvolumen der Agrargenossenschaft in Höhe von 50.000 Euro gefreut habe. Hersteller von Transformatoren, Blechverkleidungen oder Stahlrohren profitieren ebenfalls vom Bau einer Biogasanlage.
Für den Bauern muss sie rentabler sein, als die normalen Produktionszweige des Marktfruchtanbaus, der Milch- oder Schweineproduktion. Christoph Kruse zeigte Respekt vor Betreibern mancher Biogasanlagen, die für 500 kW Leistung 1,5 Millionen Euro investieren. Soviel haben die drei Generationen vorher zusammen nicht ausgegeben.
Hohen Wangelin versucht noch etwas ganz anderes: Bis zu 130 Tonnen Forellen im Jahr durch eine Brunnenwasseraufzucht. Angesichts der Überfischung der Weltmeere ist Speisefisch ein Markt.
In allen Fällen sei aber die positive Auswirkung auf die ländliche Arbeitskraft nur sehr gering. Die Forellenzucht beschäftigt nicht ganz eine AK im Jahr. Meist werden die neuen Lasten nur auf vorhandene Schultern verteilt. Viel mehr gehe es um die Sicherung bestehender Arbeitsverhältnisse – die Schaffung neuer Arbeit müsse von der verarbeitenden Industrie geleistet werden.
Eines der wesentlichsten Elemente der Betriebsorganisation ist dabei die Flurneuordnung. Das gilt nicht nur für Ostdeutschland, sondern auch für die Gebiete mit Realteilungen wie in Hessen oder Franken. Dort wurden die Ländereien bis auf „Handtuchgröße“ zwischen den
Geschwistern aufgeteilt.
Der Milchhof Alt-Sührkow in Teterow bewirtschaftet rund 2.300 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Auf 850 ha Grünland stehen 1.400 Rinder und 400 Milchkühe. Der Betrieb bildet acht Lehrlinge aus und musste zuletzt 110 ha Land komplett neu ordnen, weil ein nahe liegendes Hotel die Fläche für einen Golfplatz beanspruchte. Mehrere Flurneuordnungsverfahren haben sich angeschlossen, wobei gerade die Verwaltung äußerst schwierig ist, beschreibt Matthias Mantel. Entweder sind Eigentumsverhältnisse gar nicht geregelt oder Gemeinschaftsbesitz ist so aufgeteilt, dass auf 1/55-tel der Fläche jeweils ein Eigentümer kommt, mit dem man sich einigen muss.
Allerdings erfreuen sich nicht nur die Besitzer über eine Wertsteigerung ihrer Flächen, wenn neue Wege hinzukommen. Das Hotel und Wanderer profitieren von den Wegen, ohne dass sie dafür etwas bezahlen mussten. So wurde ein Weg befestigt, der in den Wanderkarten der Reiseführer als empfehlenswert eingezeichnet ist. Andere Wege werden mittlerweile von den Buslinien der Gemeinden als Abkürzung genutzt.
Die Zukunft in MV
Agrarminister Dr. Till Backhaus nutzte den Kongress erneut, um darauf hinzuweisen, dass trotz aller zur Zeit verfügbaren Fördermittel der Countdown läuft. Keiner weiß was nach 2013 mit der EU-Förderung passiert und MV ist dann auch kein Zielgebiet1 mehr für die deutsche Förderung. Bis dahin müssen die Gemeinden den Anschluss an den gesamtdeutschen Wettbewerb geschafft haben. MV solle sich nicht scheuen, sich an den Wachstumsregionen Stettin und Berlin zu orientieren. Es gelte das Wertschöpfungspotenzial des ländlichen Raumes auszunutzen.
Ein Drittel der in MV verarbeiteten Milch kommt bereits aus anderen Bundesländern. Trotzdem: „Die Veredelungstiefe sei noch nicht ausreichend und wir wollen das als neue Fördertatbestände im nächsten Jahr aufnehmen“, sagte Dr. Backhaus zu Herd-und-Hof.de. Die MeLa wolle er nutzen, um Bauern zum investieren zu ermutigen. Das neue Molkewerk in Altentreptow oder noch zu tätigende Investitionen im Bereich der Kartoffelverarbeitung sollen Investitionen von außen anlocken. So werden demnächst in der Zuckerfabrik Anklam durch das Engagement von Danisco wieder Rüben neu verwertet: Für Bioethanol.
Das soziale und aktive Dorf:
Der Abschlussbericht der Studie kann im Internet herunter geladen werden: www.mv-regierung.de Publikationen /Aktuelles
Roland Krieg
[Der erste Teil des Berichtes über den MeLa-Kongress ging hauptsächlich dem menschlichen Faktor der Entwicklung des ländlichen Raumes in MV nach.