Die Schwierigkeit der GAP-Vereinfachung

Landwirtschaft

GAP-Vereinfachen – aber wie?

Von der Aussaat bis zur Wintergare – Formulare, Formulare. Ohne Aktenordner ist ein landwirtschaftlicher Betrieb nicht mehr zu führen. Natürlich: Die Landwirte erhalten öffentliches Geld, weil der Markterlös oft nicht für die Erhaltung des Betriebes und ein Einkommen ausreicht. Das wachsende Interesse der Steuerzahler an Umwelt- und Tierwohlaspekten erfordert Kontrollen der Praxis. Daher müssen Hecken für Zahlungsansprüche aus Brüssel oder einer Landes- und Bundesschatulle vermessen werden. Aber muss, wie in Österreich, darüber diskutiert werden, ob das Pflanzen eines Baumes auf dem Grünland schon gegen das Umbruchverbot verstößt?

Die Forderung nach „Entbürokratisierung“ gehört in den Sprachschatz von Funktionären und Politikern im Agrarbereich. Auch EU-Kommissar Phil Hogan spricht wie seine Vorgänger davon. Doch wie schwer das ist, zeigte diesen Montag die öffentliche Anhörung zum Thema Entbürokratisierung im EU-Agrarausschuss.

Der Deutsche Bauernverband hat zu Beginn des Jahres einen 14-Punkte-Plan zur Vereinfachung vorgelegt und sich zusammen mit der niederländischen und belgischen Schwesternorganisation Anfang April erneut an die Agrar-Kommission gewandt [1]. Auf der Leipziger agra2015 hat EU-Agrarkommissar Phil Hogan den Wunsch aufgenommen, aber gleichzeitig gewarnt: frühestens zur Halbzeitbilanz der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP), 2016 oder 2017, kann mit einer Umsetzung begonnen werden. Dann steht ja auch eine Evaluierung des Greening auf dem Programm. Bis Ende 2015 sammelt die Kommission die zahlreich eingegangenen Vorschläge.

Zwei-Stufen-Plan

Udo Hemmerling, stellvertretender Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, forderte am Montag einen Zwei-Stufen-Plan. In der ersten Stufe müssten die Umsetzungsregeln vor allem für das Greening vereinfacht werden. Langfristig müssten die Politiker die Basisverordnung der Landwirtschaft vereinfachen.

Dem wurde zwar nicht widersprochen, aber auf die aktuelle GAP gibt es zwei Sichtweisen. Europaparlamentarier Albert Dess (CSU) entschuldigte sich sogar öffentlich, dass er nicht noch mehr Widerstand gegen die GAP hat walten lassen. Es sei absehbar gewesen, dass die Förderperiode bis 2020 die komplizierteste Agrarpolitik der letzten 50 Jahre werde. Er prognostiziert viele Anlastungsverfahren, weil die Länder zahlreiche Formfehler bei der Umsetzung machen werden.

Martin Häusling von den Grünen will das nicht gelten lassen. Das Greening besteht nur aus drei Auflagen. Doch die Länder machten die Politik mit immer neuen Ausnahmenregeln komplizierter. Bei den Agrarzahlungen näherten sich die EU-Länder an und in diesem Jahr werden erstmals auf vielen Feldern wieder Erbsen und Ackerbohnen angebaut. Der Ire Luke Ming Flanagan (Europäische Linke) sieht das ähnlich: Zu Hause berichten die Agrarpolitiker den Bauern über schlechte Nachrichten aus Brüssel, für die sie sich jedoch vorher eingesetzt hätten.

Was geht wirklich?

José Miguel Pacheco Goncalves, Vertreter der Bauernorganisation Via Campesina, bremst die Erwartungen. Mit dem Ruf nach Entbürokratisierung sollten und könnten keine technischen Regelungen verändert werden. Vereinfachungen seien nur in den Bereichen der Rechtsakte, delegierten Rechtsakte und Beschleunigung der Kontrollen möglich. Politische Entscheidungen können nicht aufgehoben werden. Er unterstützt aber Hemmerlings Plan, langfristig die Basisverordnung der Agrarpolitik zu vereinfachen.

In welche Richtung das geht, ist offen. Nur Hemmerling wurde konkret: Vielleicht war es ein Fehler, das Greening in die Agrarpolitik einzubeziehen, weil dieses System die Bimodalität zwischen erster und zweiter Säule durchmischt. Vielmehr sollte es darum gehen, für welche Leistungen die Landwirte bezahlt und nicht für welche Verfehlungen sie bestraft werden. „Greening gehört in die zweite Säule“, unterstrich Dess.

Entbürokratisierung bekommt eine politische Note. Für Hemmerling könnte das die Auskopplung des Greening aus der GAP ab 2020 sein. Robert Posnik, Direktor der polnischen Zahlstelle für die Gelder aus Brüssel, sieht das Thema profaner. Für die neue GAP mussten die seit zehn Jahren bekannte Formulare angepasst werden. Hunderte von Schulungen wurden organisiert und zahlreiches Infomaterial verteilt. Dennoch sind viele Anträge falsch ausgefüllt. Einfacher würde die GAP durch einheitliche Fristen und harmonisierte Datenflüsse.

Agrarpolitik der Verunsicherung?

Wenn Österreich um den Baum auf der Wiese diskutiert und für Hemmerling die Sanktionen in den Vordergrund rücken, ist nach dem schottische Agrarexperten Brian Pack eine „Angstkultur“ entstanden. Seine Studien in Schottland haben gezeigt, dass Landwirte und Zahlstellen Ängste haben, Zahlungsansprüche durch falsche Angaben zu verlieren. Hier sollte eine Vereinfachung ansetzen: Bei Vorgaben, Leitfäden und technischer Unterstützung.

Rudolf Moegele aus der DG Agri belegt das mit Zahlen. Der Europäische Rechnungshof erlaubt in der ersten und zweiten Säule jeweils eine Fehlerquote von zwei Prozent. Tatsächlich liegt sie aber bei 3,6 in der ersten und sogar bei 7,9 Prozent in der zweiten Säule.

Ob allerdings eine Halbzeitbewertung und ein erster Schritt für die Entbürokratisierung der GAP stattfindet ist derzeit offen. Zum Sonderausschuss Landwirtschaft Ende April sprachen sich Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Österreich und Irland gegen ein Zwischenfazit aus. So kurz nach Start der neuen Förderperiode würde damit zu früh gleich eine neue Reform eingeleitet.

Lesestoff:

[1] Gemeinsame Erklärung des deutschen, niederländischen und belgischen Bauernverbandes

Roland Krieg

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