Die Waldbirkenmaus in Schleswig-Holstein
Landwirtschaft
Artenhilfsprogramm in SH: Die Waldbirkenmaus
Die Anstrengungen zum Erhalt und zur Verbesserung der Biodiversität in Schleswig-Holstein, also der Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten und Lebensräumen, sollen auch 2012 fortgesetzt werden. Das hat das Umweltministerium Dr. Juliane Rumpf am Donnerstag angekündet. Das Instrument hierfür ist das Artenhilfsprogramm des Landes von 2008.
Beispiel Waldbirkenmaus
Eine
beispielhafte Facette ist die Erforschung der Waldbirkenmaus in
Schleswig-Holstein, die 2012 wieder aufgenommen werden soll. Das Nagetier kommt
in Nord- und Mitteleuropa vereinzelt und erst wieder in Ostpolen flächenhaft
vor. Die isolierten Vorkommen in Mittel- und Westeuropa stellen vermutlich
Eiszeitrelikte dar. Demnach wäre die Maus von den eiszeitlichen Gletschern hier
„vergessen“ worden. In Deutschland findet sie sich nur im Bayerischen Wald
sowie in Schleswig-Holstein und ist somit die vermutlich seltenste Säugetierart
zwischen Nord- und Ostsee.
Die winzige Waldbirkenmaus ist etwa so groß wie die heimische Zwergmaus und
damit zusammen mit dieser auch das kleinste heimische Nagetier. Sie erreicht
eine Kopf-Rumpf-Länge von 50 bis 72 mm, eine Schwanzlänge von 140 bis 150
Prozent der Kopf-Rumpf-Länge und ein Gewicht von fünf bis elf Gramm. Die
Oberseite des Körpers ist gelbgrau mit schwärzlicher Strichelung und einem
dunklen Streifen auf dem Rücken, dem so genannten Aalstrich. Die Unterseite ist
hellgrau.
Lückenhafter Nachweis
Die Verbreitung in Schleswig-Holstein ist nach wie vor nicht vollständig geklärt, die Art selbst ist fast ein Phantom. Erstmals nachgewiesen wurde die Waldbirkenmaus 1936 im Tolker Moor bei Schleswig durch den Fang eines männlichen Tiers. Danach tauchte sie erst im Jahr 1963 wieder auf: Ein Landwirt aus Flarupgaard im Kreis Schleswig-Flensburg berichtete über den Fang eines Exemplars. 1970 und 1975 konnte er erneut Tiere beobachten und im Jahr 1997 wiederum eine Maus fangen, die er fotografierte und wieder frei ließ. Zuletzt wurden 2002 in Schleiereulengewöllen im Kreis Schleswig-Flensburg Schädel- und Skelettfragmente gefunden. Weitere Bestandshinweise aus dem Südosten Schleswig-Holsteins konnten bislang nicht durch entsprechende Nachweise abgesichert werden.
Auf Spurensuche
In den Jahren 2008 und 2010 versuchte das Umweltministerium mit der Stiftung Naturschutz das Geheimnis um die Waldbirkenmaus zu lüften. In zwei Gebieten Angelns, in denen die oben beschriebenen Nachweise gelungen waren, wurden gezielte Untersuchungen durchgeführt. Flankiert wurden diese Bemühungen durch eine Öffentlichkeitskampagne. Damals konnten keine weiteren Nachweise für das Vorkommen der Art in Schleswig-Holstein erbracht werden. Daher soll ein neuer Anlauf erfolgen, um den Schutz dieser seltenen Art weiter zu verbessern. Einzelheiten stehen noch nicht fest, derzeit hält die Maus allerdings ohnehin Winterschlaf.
Artenreiches Bundesland
Schleswig-Holstein
beherbergt aufgrund seiner besonderen geografischen Lage eine Vielzahl von
Tier- und Pflanzenarten. Hier grenzen verschiedene Großlebensräume mit ihrem
typischen Arteninventar aneinander. Arten der kontinentalen Festlandsräume
finden sich ebenso wie diejenigen der durch das Meeresklima beeinflussten atlantischen
Gebiete und nicht zuletzt der Lebensräume Nordeuropas.
Das
Artenhilfsprogramm 2008 trägt den Ansprüchen aller Arten Rechnung und soll
helfen, die im Vergleich zu anderen Bundesländern überdurchschnittlich hohen
Biodiversitätswerte in Schleswig-Holstein zu bewahren. Besondere Aufmerksamkeit
widmet es den so genannten europäischen Arten, also den entweder in der
EU-Vogelschutzrichtlinie oder der FFH-Richtlinie besonders erwähnten. Darunter
sind besonders attraktive Arten, wie Seeadler und Kranich, Fischotter, Wolf und
Laubfrosch, es finden sich aber auch Arten, die in der Öffentlichkeit
weitgehend unbekannt sind. Eine davon ist die Waldbirkenmaus.
Die Waldbirkenmaus wird in der Liste der vom Aussterben bedrohten Säugetiere
des Landes Schleswig-Holstein in der Kategorie 1 „Vom Aussterben bedroht“
gelistet. Sie wird darüber hinaus im Anhang IV der FFH-Richtlinie geführt und
genießt damit als streng geschützte Art den höchst möglichen gesetzlichen
Schutzstatus.
MLUR / roRo; Foto: Björn Schulz (Stiftung Naturschutz)