Die Zukunft der Gewächshäuser

Landwirtschaft

Was Gewächshäuser alles können könnten

Das gute alte Gewächshaus hat grüne Ränder am Fensterkitt. Holzbalken lehnen neben der Tür, das Metallgerüst steht etwas windschief an der Hecke. So könnte das „gute. Alte“ Gewächshaus noch im Film aussehen. Doch schon heute befinden sich Solaranlagen auf den Dächern, Beregnungsanlagen am Boden und bewegliche Abschirmungen an den Seiten gegen zu starke Sonneneinstrahlung. Die Zukunft der Gewächshäuser sieht sogar noch ganz anders aus und beinhaltet eine technische Revolution, die bereits in Gang gekommen ist. Das haben verschiedene Fachvorträge auf der Fruit Logistica gezeigt.

Problem Ökonomie

Gewächshäuser bieten den Kunden regionale Ware mit verlängerter Saison, lassen sich mittlerweile klimaregeln und sind sparsam bei der Nährstoffapplikation für die Pflanzen. Sie bieten mittlerweile dem Ökogärtner eine Einstiegsmöglichkeit gegenüber dem Freilandgemüse und können eine Symbiose mit der wachsenden Verstädterung bilden, listet Prof. Dr. Uwe Schmidt von der TU Berlin auf. Gewächshäuser haben allerdings ein schlechtes Image. Sie verzehren viel Energie für die Klimatisierung des umbauten Raums und sind daher von der Subventionspolitik oder von höheren Erzeugerpreisen abhängig. Also, fasst der Professor zusammen, die Probleme liegen allein im ökonomischen Bereich. Und dem kann geholfen werden.

In Deutschland gibt es lediglich rund 4.000 Hektar Fläche unter Glas. In den USA sind es bereits 7.000 und in den Niederlanden 9.000 ha. Die Gemüseregion Almeria in Spanien weist alleine 30.000 Hektar auf und wird von Japan und Südkorea übertroffen, die jeweile etwa 50.000 ha Gewächshäuser gebaut haben. Einsam an der Spitze steht China mit geschätzt einer Million Hektar Gewächshausfläche. Es gibt also vor allem außerhalb Deutschlands einen Bedarf, ökonomische Probleme zu lösen. In Deutschland haben die hohen Kosten abschreckende Wirkung. Zwischen 1994 und 2014 ist die Freilandfläche von Gemüse von 170.000 auf 200.000 ha angewachsen, die Fläche mit Folien oder Tunnelbedeckung zur Saisonverlängerung von 9.000 auf 22.3600 ha. Nur der Gewächshausbau stagniert. Wenigstens gibt es hier die Technikforschung, von der zunächst einmal die Welt und am Ende auch Deutschland profitieren kann.

Energiewende

Viel Technik ist bereits vorhanden, sagt Prof. Schmidt. Die Optimierung und das Zusammenspiel allerdings fehlen oft. Ein Problem ist die beispielsweise die Abführung von Überschusswärme durch Lüftung. Ein anderes die Beleuchtung mit meist eingesetzten Hochdrucknatriumdampflampen. Diese werden zunehmen durch LED oder Schwefelplasmalampen ersetzt und für das Pflanzenwachstum mit Wellenlängen durch verschiedene Lichtfarben optimiert. Am Ende der Entwicklung steht ein geschlossenes Gewächshaus, das von der Außenwelt abgeschirmt ist und mit definierten Parametern betrieben werden kann.

Die Energiewende ist einer der Treiber für neue Techniken. Der Blick auf die aktuellen Kohlepreise allerdings blockiert das Zusammenspiel zwischen Solarenergie und Treibhaus, weil die Kosten mit einem Cent für eine kWh Kohlenenergie „derzeit unschlagbar“ sind.

In der Vergangenheit waren die Techniker nicht untätig. Natürlicherweise strahlen rund 1.000 kWh Sonnenenergie pro Quadratmeter auf die Erde. Vor 20 Jahren musste rund die Hälfte davon im Gewächshaus eingefangen werden. Heute reichen 250 kWh je Quadratmeter für Tomaten und Co. Die Effizienz bei der Energienutzung hat sich verdoppelt.

Die politischen Rahmenbedingungen für die Energieauswahl sind derzeit aber nicht stabil, klagt Prof. Schmidt. Dabei bietet das Gewächshaus durch seinen jährlichen Energiefluss den neuen Energien klare Hilfestellung. Das Glashaus muss Sommer- und Wintertemperaturen ausgleichen. Die Niederländer nutzen dafür Wasserspeicher unter der Erde, um Wärme abzuleiten und im Winter wieder nutzbar zu machen. Im Rahmen der Zukunftsinitiative Niedrigenergiegewächshaus ZINEG [1] haben die Berliner unter anderem mit oberflächengebundenen Wasserspeichern erfolgreich experimentiert. Der Einsatz von Wärmepumpen hat ihnen dabei geholfen. Für Prof. Schmidt könnten Gewächshäuser damit zu einem Speicher für fluktuierende Sonnenenergie werden.

Da Pflanzen nach Wärmesummen wachsen und nicht abhängig von der Zeit ihrer Belichtung sind, könnte die Beleuchtung nachts gefahren werden, wenn Energie durch den geringen Verbrauch wenig kostet und tagsüber bei Bedarf wieder in das Netz einspeisen. Gewächshäuser ließen sich leichter abschalten als ein Kraftwerk.

Vorteile

Gewächshäuser mit kontrollierter Atmosphäre können zwischen zehn und 20 Prozent mehr Ertrag erzielen. In Berlin wurden während der Projektphase auch schon mal 30 Prozent erreicht. Neben der Anreicherung der Atmosphäre mit Kohlendioxid kann bei einem geschlossenen Gewächshaus die Schnittstelle mit der Außenwelt exakt kontrolliert werden. So halten Netze Insekten fern und die Einhaltung phytosanitärer Bedingungen ist einfacher. Henk van Tayl von der niederländischen Firma Kubo vertreibt solche Gewächshäuser weltweit. Es begann mit einer Testfläche 2006. Von 0,6 Hektar hat sich das patentierte Klimagewächshaus rund um die Welt ausgebreitet. So wurden in Utah in den USA elf Hektar neben einem Kraftwerk unter Glas gestellt. Das Gewächshaus nutzt die Abwärme des Kraftwerkes im Winter und hält im Sommer die Pflanzen in der Wüste kühl. In diesem Jahr sind bereits mehr als fünf Hektar für die Türkei verkauft worden.

Die Atmosphäre im Gewächshaus hat den Stellenwert eines Produktionsmittels eingenommen und die Betreiber können weitgehend auf Pflanzenschutzmittel verzichten. Für den Ort in der Türkei muss das Gewächshaus ein Temperaturgefälle von plus bis minus 20 Grad Celsius ausgleichen, ohne seine Funktion zu verlieren.

Großflächige Anlagen, so erläuterte Henk van Tayl sind neue Investitionsmöglichkeiten für größere Betreiber, die den Wandel im Gartenbau vorantreiben werden.

Lesestoff:

[1] ZINEG ist Ende 2014 als Projekt ausgelaufen: www.zineg.de

Robotertechnik im Obst- und Gemüsebau

Roland Krieg

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