Die Zukunft der Landwirtschaft

Landwirtschaft

Zukunftskommission Landwirtschaft besetzt

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch der Berufung der Mitglieder der Zukunftskommission Landwirtschaft zugestimmt. Die Einberufung der Kommission wurde auf dem Landwirtschaftsgipfel im Bundeskanzleramt gewünscht, als rund 40 Verbände mit Ministerin Julia Klöckner auf dem Höhepunkt der Bauerndemonstrationen über die Lösungen für die der Landwirtschaft diskutierten.

Lagebericht

Zu dem Zeitpunkt gab es weder die verschärfte Düngeverordung, noch das Ende der Kastenstandhaltung, die vergangenen Woche im Bundesrat für die Sauenhaltung beschlossen wurde. Niedrige Preise, fehlende Liquidität, keine sicheren Vorgaben, wie Ackerbau und Tierhaltung künftig umgesetzt werden sollen, haben die Landwirte verunsichert. Stetiger Reformbedarf durch Umweltverbände und Verbraucherwünsche, die zum Teil auf Unwissen moderner Landbewirtschaftung fußen, haben einen Cocktail an Verwirrung hervorgebracht, ob beispielsweise Nutztier noch gehalten werden dürfen, wenn wie viele und wo? Bürgerinitiativen wehren sich selbst gegen den Bau von Ökoställen.

„Unser Vorschlag soll Dialog, Sachlichkeit und Verbindlichkeit in die öffentliche Debatte über Landwirtschaft und Ernährung bringen, auch und gerade um den landwirtschaftlichen Betrieben eine klare Perspektive für die Zukunft zu geben.“ Das hat Bauernpräsident Joachim Rukwied im März bei der Übergabe des DBV-Papiers gesagt. Über Dirk Andresen hat die Bewegung  Land schafft Verbindung, hat ebenfalls ein Papier eingereicht.

Im Vordergrund steht nicht das „Warum“ einer Veränderung. Die Landwirtschaft verändert sich anhaltend. In der Milchviehhaltung vom Anbindestand, über den Laufstall bis zum aktuellen Trend des Kompoststalls. Moderne Schweineställe sind mittlerweile in verschiedene Funktionsbereiche, wie Liegen, Fressen und Bewegung, zum Teil mit Auslauf, eingeteilt. Viele Nischen, wie Weidemilch und Strohschwein stehen an der Spitze von Veränderungen.

Die Umweltverbände gehen mit konkreten Vorstellungen in die Gesprächsrunde: Wie soll die Landwirtschaft 2040 aussehen, wie sollen Tiere gehalten, die Felder bestellt werden und wie sehen die Märkte aus? Welchen Einfluss hat die Landwirtschaft auf die Umwelt, wie viele Bauernhöfe wird es noch geben und wie können faire Preise für die Bauern erzielt werden?

Mitglieder

Bei der Zukunftskommission geht es eher um das „Wie“ einer Reform. Landwirte, Verbraucher, Politik und Landwirtschaftsreformer müssen zu einem gemeinsamen Weg eines Umbaus gehen. Entsprechend umfangreich ist die Zusammensetzung des Gremiums aus Vertretern der Landwirtschaft (DBV, DLG, AbL und BÖLW), Wirtschaft und Verbrauchern Raiffeisenverband, Industrieverband Agrar, Ernährungsindustrie, Sachverständigenrat für Verbraucherfragen), Umwelt und Tierschutz (BUND, Greenpeace, WWF) und Wissenschaft (SRU und verschiedene Universitäten.

Ziele

Der vielstimmigen Chor soll die Agrarpolitik der Zukunft beleuchten. Das reicht von der Agrarförderung bis zur Bedetung des ländlichen Raumes. In einem zweiten Bereich steht die Wertschöpfung im Vordergrund, die Landwirten ein ausreichendes Einkommen bieten muss.Im dritten Kapitrel stehen Landwirtschaft und Umwelt im Fokus. Weche Bewirtschaftsungsmethoden haben welche Auswirkunegn auf die Umwelt?. Diese Aspekte gehen in das Kapitel Klima über, wie sich die Landwirtschaft im Klimawandel aufstellen muss und welche Beiträge sie zum Klimaschutz beitragen kann. Die Tierhaltung nimmt das fünfte Kapitel ein. Auch hier ist die Palette von Tierwohl über die Kennzeichnung bis zum Stallbau und Baurecht reichhaltig.

Prof. Peter Strohschneider
Vorsitzender der Zukunftskommission Landwirtschaft Prof. Peter Strohschneider; DFG/Aussenhofer

Der Vorsitzende

Die Zukunftskommission wird Prof. Dr. Peter Strohschneider leiten. Zuletzt war er bis Ende 2019 sieben Jahre und zwei Amtszeiten lang Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Der FAZ sagte er in einem Interview zum Ende seiner Amtszeit, er wolle ein Essay mit dem Titel „Vorbehaltlichkeit“ schreiben. „Darin soll es um Motive gehen, die mich in den letzten Jahren immer wieder beschäftigt haben – Populismus, Exekutivtechnokratie und Szientokratie.“ Strohschneider erkennt Strukturähnlichkeiten zwischen dem Trio. In der pluralen Gesellschaft müssten Akteure „zu einer gewissen Vorbehaltlichkeit in der Lage sein“. Sie dürfen ihre Positionen vertreten, aber gleichzeitig anerkennen, dass es andere Positionen gibt.

Der Stuttgarter Strohschneider, Jahrgang 1955, hat an der Ludwig-Maximilians-Universität u.a. Germanistik und Geschichte studiert und habilitierte 1991 im Bereich Mediaevistik – Mittelalterforschung. In einem Vortrag zum 200-jährigen Bestehen der Katholisch-Theologischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen hat Strohschneider mit dem Fokus Theologie ausgeführt, was er unter „Vorbehaltlichkeit“ versteht.

Da hat er sich bereits mit der Bipolarität Theologie und Wissenschaft beschäftigt. Der ewigen „Mutter aller Gegensätze“: „Es gibt in der Tat einen derartigen Anspruch, Gott auf seiner Seite zu haben bei der Negierung wissenschaftlicher Erkenntnisverfahren und Erkenntnisse. Und er ist so alt wie eine ihm entgegenstehende Positivierung der Wissenschaften, die sich darauf berufen mag, dass menschliche Erkenntnisfähigkeit eine göttliche Gabe sei.“

Was er damit meint: Alltägliche Kontroversen, wie die bizarre Behauptung, die Welt sei eine Scheibe, bei Impfgegnern, auch die Ablehnung der Evolution oder Streit um den anthropogenen Klimawandel. Letzteres kommt der Landwirtschaft schon ziemlich nahe, wie die Fortführung der Ablehnung grüner Gentechnik auf neue Züchtungsmethoden weitergeführt wird. Das zerreißt aktuell die Partei Bündnis 90/Die Grünen, wo die junge Generation die Denkstrukturen der Altvorderen einzureißen wagt.

Erwähnenswert ist der Vortrag, weil Strohschneider nicht die Kontroversen sachlicher Wissensansprüche beschreibt, sondern den zunehmenden Widerspruch zwischen wissenschaftlicher Erkenntnis und ideologischem, fast eigentlich theologischem, zumindest fundamentalem Ablehungsverhalten. Rettet der Ökolandbau alleine die Welt, oder sind Systemabstufungen genug für einen Kompromiss?

Das Fazit: Die Wissenschaften (Sicherer Einsatz von Pflanzenschutzmitteln) treten“ auf der Ebene normativer Weltdeutung“ in einen Wettbewerb (Jedes Pflanzenschutzmittel ist Gift).

Die Ergebnisse

Für die organisatorische Unterstützung der Zukunftskommission wird eine Geschäftsstelle beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft eingerichtet. Noch in diesem Herbst soll es einen Zwischenbericht und im Sommer 2021 einen Abschlussbericht geben.

Roland Krieg; Foto: DFG / Aussenhofer

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