Dienstags-Plenum des EU-Parlaments

Landwirtschaft

Abstimmungen im EU-Parlament

Am Dienstag fielen in Straßburg einige Abstimmungen des EU-Parlaments auf den Agrar- und Umweltbereich.

Fischerei

Seit Anfang 2015 müssen europäische Fischer alle Fänge anlanden und dürfen zu kleine oder Nicht-Zielarten nicht zurück ins Meer werfen. Durch die Anrechnung auf die Fangquote soll dadurch die Fischerei deutlich nachhaltiger ausgerichtet werden.

Dem Umweltschutz stehen ökonomische Bedenken gegenüber, wie der französische Berichterstatter Alan Cadec (EVP) ausführte. „Die neuen Regeln der Anlandung sind speziell für die kleine Handwerksfischerei umzusetzen“, sagte Cadec. Um den Fischern mehr Zeit für eine Anpassung an die neuen Regeln zu geben, werden erst in zwei Jahren die ersten Sanktionen verhängt.

Mit 573 zu 96 Stimmen bei 21 Enthaltungen haben die Parlamentarier in zweiter Lesung einige Änderungen zur neuen Anlandeverpflichtung vorgeschlagen: Die EU-Kommission muss einen Vorschlag für die Umsetzung der Anlandeverpflichtung erarbeiten, die Sanktionen sind um zwei Jahre verschoben, für einige Fischarten wird die Anlandeverpflichtung für zu kleinen Fisch gestrichen und die Handwerksfischerei muss Beifang im Logbuch erst ab 50 Kilogramm verzeichnen. Die Änderungen sollen die Bildung eines Parallelmarktes für Beifang unterbinden.

Der Ministerrat muss den Änderungen jetzt noch zustimmen. Die EU-Fischereiminister trafen sich unabhängig davon im lettischen Jurmala. Dort ging es um die Fischereikontrollen, die der neuen EU-Fischereipolitik angepasst werden müssen. Der Abteilungsleiter für Fischerei im lettischen Landwirtschaftsministerium Normunds Riekstins sagte: „Die Fischereikontrolle ist fundamental für die Umsetzung der neuen Fischereipolitik. In Bezug auf Kosten und austarierter Umsetzung werden die Kontrollen über die vereinbarten Ziele der Politik entscheiden.“ Vor allem für die kleinen Fischer müssen die Aufwendungen und Kosten überschaubar bleiben.

Artenübergreifender Mehrjahresplan

In der Ostsee hat das Parlament dem lange diskutierten ersten artenübergreifenden Mehrjahresplan für Dorsch, Sprotte und Hering zugestimmt [1]. Diese Pionierarbeit würdigt der polnische Berichterstatter Jaroslaw Walesa (EVP): „Der Mehrartenansatz kann weit mehr erreichen, als die Bewirtschaftung der einzelnen Arten.“ Das komme nicht nur den Fischen, sondern auch den Fischern zugute. Das Zauberwort der neuen Fischereipolitik heißt „Maximaler Höchstertrag“. Es dürfen nur so viele Fische gefangen werden, dass die restliche Biomasse für die Bestandserholung ausreicht. Die Fangmenge soll sich nach wissenschaftlichen Erkenntnissen an der Reproduktionsleistung des Bestandes, oder hier der Bestände orientieren. Der neue Bewirtschaftungsplan für drei Arten ersetzt den seit 2008 bestehenden Plan für den Ostseedorsch.

Neue Biokraftstoffe

Nachdem der EU-Umweltausschuss der neuen EU-Biokraftstoffpolitik seinen Segen gegeben hat [2], folgte als vorletzte Hürde das Europaparlament. Jetzt haben die EU-Mitgliedsländer bis 2017 Zeit, die Vorgaben umzusetzen. Der finnische Berichterstatter Nils Torvalds (ALDE) ist zufrieden: „ Wir haben eine sehr technischen, technologischen und ideologischen Verordnung auf den Weg geschickt.“ Doch ganz zufrieden ist er nicht: „wir hatten höhere Ziele.“ Wenn Europa im Kampf gegen den Klimawandel nicht zurückfallen will, müsse es bei der Reduzierung von Treibhausgasen weitere Fortschritte unternehmen. Dazu gebe es eine Sperrminorität im Rat, die Angst vor der Zukunft schüre.

EU-Forststrategie

Etwa 40 Prozent der europäischen Landfläche sind bewaldet. Die Wälder nehmen rund zehn Prozent der EU-Emissionen auf. 60 Prozent der Forsten sind Privatbesitz und der Forstsektor beschäftigt rund drei Millionen Menschen.

Die bestehende Forststrategie geht auf das Jahr 1998 zurück und ist nicht mehr zeitgemäß. Der Sektor unterliegt sozialem und politischen Wandel sowie einer steigenden ökonomischen Bedeutung, begründet die österreichische Berichterstatterin Elisabeth Köstinger (EVP) den Ansatz für eine neue EU-Forststrategie. Die Wälder sollen nachhaltig und ohne zusätzliche Bürokratie genutzt werden.

Die Wälder sind vermehrt Bränden, dem Klimawandel, invasiven Pflanzen- und Tierarten ausgesetzt und sollen die Bioökonomie unterstützen. Den Sorgen der einzelnen Mitgliedsländern tritt Köstinger entgegen: Die EU werde nicht die Bewirtschaftung der Wälder übernehmen. Spezifische Maßnahmen sollen in den Händen der Regierungen bleiben. Die EU solle sich aber mit Akteuren aus der gesamten Wertschöpfungskette auf gemeinsame Ziele für eine nachhaltige Bewirtschaftung verständigen. Das Parlament fordert die EU-Kommission daher auf, die Länder für mehr Forschungsprogramme für die Holzwirtschaft zu begeistern und die Daten aus dem europäischen Forst-Informationssystem zu nutzen. Die Resolution für die neue Forststrategie wurde mit 566 zu 66 Stimmen bei 45 Enthaltungen angenommen

Dünne Plastiktüten

Das EU-Parlament greift bei den dünnen Plastiktüten mit weniger als 50 Mikrometer Dicke hart durch und unterstützt in zweiter Lesung die Vereinbarung mit dem EU-Ministerrat aus dem November 2014. Gerade die dünnen Tüten landen direkt in der Umwelt und brauchen längere Zeit für die Verwitterung. „Sie schädigen die Natur, Fische und Vögel“, beklagt die dänische Berichterstatterin Margrete Auken (Grüne). Sie kritisiert die EU-Kommission, die den einzelnen Ländern die Entscheidung überlassen wolle. Ohne diese Tüten sparten die Mitgliedsländer rund 740 Millionen Euro Kosten.

Die Länder können zwischen zwei Optionen wählen: Feste Reduzierungsquote auf maximal 90 dünne Plastiktüten pro Kopf bis Ende 2019 und eine weitere Reduzierung auf 40 Tüten bis Ende 2025. Oder sie beenden die kostenfreie Abgabe dieser Tüten bis Ende 2018. Im Jahr 2010 haben die Europäer pro Kopf 198 Plastiktüten gebraucht, von denen rund 90 Prozent diese dünnen Plastiktüten waren. Rund acht Milliarden Plastiktüten insgesamt wandern pro Jahr in den Müll.

Lesestoff:

[1] Artenübergreifender Mehrjahresplan

[2] Einigung bei Biokraftstoffen bis 2020

Roland Krieg

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