Digitales Werkzeug zur Ermittlung der Erreichbarkeit

Landwirtschaft

Pilotprojekt im Landkreis Calw erfolgreich abgeschlossen

Die Wege zur Schule, zum Arzt und zum nächsten Supermarkt sind in der Stadt kleiner als auf dem Land. Bleibt das Auto im urbanen Raum wegen der Staugefahr besser stehen, ist das Vehikel Lebensgrundlage für die Menschen auf dem Land. Arzt, Rathaus, Supermarkt, Schule und Arbeitsplatz sind weitmaschiger angelegt und dünnen im ländlichen Raum immer weiter aus. Doch wie genau ist die Sicherung der Erreichbarkeit im ländlichen Raum qualitativ zu beschreiben? Wo sind echte Lücken, die geschlossen werden müssen?

Landkreis Calw

Solche Ergebnisse hat ein Pilotprojekt im Landkreis Calw ergeben. Der Landkreis liegt rund 35 Kilometer südwestlich von Stuttgart im Nordschwarzwald. Die A8 und die A81 führen nördlich und östlich in kleinem Abstand am Landkreis vorbei. Daher verbinden nur Kreis-, Land- und Bundesstraßen die Gemeinden. Der Landkreis weist einige Berufsschulen auf. Unter anderem die Fachschule für Nebenerwerbslandwirte in Wildberg. Der Landkreis ist Träger von zwei Krankenhäusern. Volkszählungen weisen seit 2005 sinkende Bevölkerungszahlen auf. Mit 195 Einwohnern je Quadratkilometer ist der Landkreis aber noch recht dicht besiedelt. Geologisch bedingt ist die unbewohnte Fläche im Nordschwarzwald groß.

Für die Standortplanung der öffentlichen Hand zeigt sich das Dilemma, unterausgelastete Einrichtungen zu schließen, aber damit auch Anreize für eine Abwanderung zu geben. Die Zielkonflikte liegen auf der Hand.

Forschungsprojekt

Am Beispiel des Landkreises wurde ein methodischer Ansatz erprobt, mit dem die Erreichbarkeit von Standorten der Daseinsvorsorge kleinräumig abgebildet und bewerten werden kann, heißt es in der Studie zum Forschungsbericht. Mit einem Simulationsmodell wurde der Aufwand für die Erreichbarkeit von Schulen oder Apotheken mit Auto, Rad, zu Fuß oder dem öffentlichen Nahverkehr ermittelt. Das Werkzeug versteht sich als raum- und fachplanerisches Planungs- und Evaluationsinstrument. Darüber hinaus kann mit dem Modell simuliert werden, welche Auswirkungen das Schließen einer öffentlichen Einrichtung mit sich bringt.

Gewappnet sein

„Die ländlichen Regionen in Baden-Württemberg stehen mit Blick auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die Versorgung der Bevölkerung mit Waren und Dienstleistungen auf Augenhöhe mit den Verdichtungsräumen. Allerdings wird der gesellschaftliche Wandel unsere ländlichen Regionen in den nächsten Jahrzehnten spürbar verändern. Unser Handeln zielt darauf ab, den Menschen im Ländlichen Raum auch in Zukunft Perspektiven zu bieten und das Leben auf dem Land attraktiv zu halten“, sagte Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk, bei der Vorstellung des Endberichtes.

„Mit den Erkenntnissen dieser Studie schaffen wir es, das Versorgungs- und Mobilitätsangebot im Landkreis Calw gezielt zu verbessern und somit die Attraktivität unserer Städte und Gemeinden zu erhalten“, sagte Landrat Helmut Riegger.

Landkreis Calw gut aufgestellt

Das Projekt wurde vom Ministerium gefördert und vom ILS – Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung GmbH durchgeführt. Auftragnehmer ist das Institut für Straßen- und Verkehrswesen (ISV) an der Universität Stuttgart.

Bundesweit neu ist das Verschneiden der einzelnen Module Bevölkerung, Standort und Verkehr. Als Ergebnis können Standorte identifiziert werden, wo tatsächlich reduziert werden kann, aber auch wo neue Angebote eingesetzt werden müssen. Die Raumplaner haben damit einen Ansatz im Landkreis Calw erprobt, der mit „moderatem Aufwand“ auf andere Landkreise übertragen werden kann.

Neben der Forschung über die Methodik hat die Arbeit für den Landkreis natürlich auch ein Ergebnis erzielt: Es zeichnet sich ein insgesamt positives Ergebnis ab. Nicht nur mit dem Auto lassen sich die Daseinsstandorte gut erreichen. Schüler brauchen für den Weg zur nächstgelegenen weiterführenden Schule mit dem ÖPNV auch nur 10 Minuten.

Allerdings sind in einigen Teilgebeiten des Landkreises die Erreichbarkeiten mit dem ÖPNV bereits stark eingeschränkt, was vor allem außerhalb der Hauptverkehrszeiten gilt. In einigen Gemeinden sind Versorgungsleistungen nur noch einzeln vorhanden. Sollte dieser Standort geschlossen werden, mache sich das „im hohem Maße negativ bemerkbar“.

„Wir haben ein Instrument gefunden, dass die Kreise fit für die Zukunft macht. Ich kann nur an alle Landräte appellieren, sich dem Projekt anzuschließen und die Chance nicht zu verpassen. Wir verschließen uns dabei nicht, die Kreise bei der Umsetzung zu unterstützen“, betonte Hauk.

Lesestoff:

http://mlr.baden-wuerttemberg.de

Roland Krieg

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