Digitalisierung mit allem, was Namen hat

Landwirtschaft

Ohne digitale Lösungen keine Landwirtschaft mehr

Julia Klöckner

GPS im Trecker, Bewegungssensoren am Hals der Kuh und die Unkrauterkennung auf dem Smartphone. Die Digitalisierung ist vor allem in der Landwirtschaft mit dem Versprechen Ressourcen optimal einzusetzen weit fortgeschritten. Nahezu wöchentlich stellen Firmen, Universitäten und Start-ups neue Lösungen vor [1].

Landwirte sind technikaffin und probieren vieles Neue aus, was auf der kommenden Agritechnica in Hannover auch wieder zu sehen sein wird. Die digitale Landwirtschaft steht trotz allem erst am Beginn ihrer Geschichte. Nach autonomen Robotern und digitalen Atlanten zur Krankheitserkennung ist der Weg bis zur betriebswirtschaftlichen Ressourcenanalyse zur Erfüllung gesellschaftlicher Umweltwünsche noch weit. Die Lösung für eine neue und datenbasierte Landwirtschaft steht aber vor der Tür.

Daher setzt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) auf Digitalisierung. Auf dem Digitalgipfel 2018 hatte Julia Klöckner aber schon mehr angekündigt. „Ländliche Räume sind die Kraftzentren unseres Landes.“ Experimentierfelder auf landwirtschaftlichen Betrieben sollen die Möglichkeiten ausloten, was alles möglich ist [2].

14 förderfähige Skizzen wurden Anfang dieses Jahres vom BMEL als Test- und Experimentierfeld ausgewählt, um die Digitalisierung in die Breite zu bringen. Die Förderbescheide über zusammen 50 Millionen Euro wurden am Donnerstag den Einreichern übergeben. „Sie sind die Pioniere der Pioniere“ sagte Klöckner auf die nach Berlin zusammengekommene Kompetenz im Agrar- und Digitalbereich. Mit Blick auf die Bauernproteste, will sie mit den Ergebnissen der Forschung die Landwirtschaft zukunftsfest machen. „Konsumenten wollen 1A-Qualitäten ohne Pflanzenschutzmittel und neue Aufgaben auf den Betrieben, ohne die Mehrkosten zu bezahlen.“ Die digitale Landwirtschaft könne ihren Beitrag dazu leisten.

Gleich im Anschluss startete sie das Kompetenznetzwerk „Digitalisierung in der Landwirtschaft“, dass die Forschung Experimentierfelder unterstützt und die Koordinierung untereinander und mit der Politik übernimmt.

Der Blick auf die Listen der Experimentierfelder und des Kompetenznetzwerkes lässt kaum Wünsche offen. Die TU Dresden forscht an flächendeckenden Kommunikations- und Cloudnetzen für den ländlichen Raum. Die Wirtschaftsförderung Osnabrück leitet das Verbundprojekt der herstellerübergreifenden Lösungen für den Pflanzenbau, das Julius-Kühn Institut bringt mit der Digitalisierung von der Rebenpflanzung bis zur Traubenanlieferung gleich eine ganze Wertschöpfungskette Wein zusammen, die Universität Bonn, die Landwirtschaftskammer Niedersachsen und die Landesanstalt für Landwirtschaft Bayern kümmern sich in der Tierhaltung um digitale Rinder-, Schweine- und Milchviehhaltung.

Im Kompetenznetzwerk sind beispielsweise die Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft, die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft, das Kuratorium für Technik und Bauwesen in der Landwirtschaft und der Bundesverband Informationswirtschaft Bitkom vertreten.

Ein Teil der Geförderten der digitalen Experimentierfelder

Im Bild mit dem roten Hemd steht Prof. Dr. Cornelia Weltzien von der Technischen Universität Berlin und Abteilungsleiterin am Leibnitz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB). Prof. Weltzien forscht zu Themen, die künftig die Landwirtschaft prägen. Sie sieht ihre „Lebensaufgabe“ darin, die Technik in den Dienst der Natur zu stellen. Als Landmaschinentechnikerin will sie die Bandbreite der Technologien für neue komplexe Systeme nutzen, um den Boden zu schonen und Landwirten die Arbeit zu erleichtern. Digitalisierung soll zum Schutz der Natur eingesetzt werden. Sie hat am 15. Oktober Professor-Niklas-Medaille in Silber erhalten. Die Medaille ist mit den olympischen Farbkategorien die höchste Auszeichnung des BMEL.

Diese Fokussierung des Ministeriums ist auch notwendig, denn die Zeit läuft davon. Die Landwirte brauchen zwar keine Netzwerkverfügbarkeit „an jeder Milchkanne“, wie die Politik eingrenzt, aber ein Netz auf jedem Feld. Sie wollen bei Pflanzenschutz-Apps auch keine Firmenlösungen, sondern eine unabhängige Mittelauswahl inklusive nicht-chemischen Alternativen. Und am Ende steht die Frage, wer die Digitalisierung finanziert?

Lesestoff:

[1] In Richtung Einzelpflanzenbetreuung: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/ein-troepfchen-pro-unkraut.html

[2] Die Sorge um den schnellen Internetanschluss: https://herd-und-hof.de/handel-/kraftlose-kraftzentren.html

Roland Krieg; Fotos: roRo

Zurück