Direktzahlungen-Durchführungsgesetz

Landwirtschaft

Details der GAP sind noch immer offen

Hinter dem offiziellen Kürzel „DirektZahlDurchfG“ verbirgt sich mit dem Direktzahlungen-Durchführungsgesetz ein wesentlicher Teil der europäischen Agrarpolitik. Es geht dabei um die nationale Umsetzung der GAP. In der Förderperiode werden in der Zeit zwischen 2015 und 2019 jetzt 4,5 Prozent der jährlichen Direktzahlungen in die zweite Säule für die Förderung des ländlichen Raums verschoben. Der Zweite Eckpunkt sieht eine Angleichung der Betriebsprämien bis 2019 vor, die derzeit in den Bundesländern verschieden hoch sind. Grünland soll besonders geschützt werden und geklärt werden muss, wie flexibel die Nutzung der Ökologischen Vorrangflächen ist. Für die Verhinderung der Kappung von Zahlungen an große Betriebe setzt die Bundesregierung als Ausgleich auf die Förderung der ersten Hektare.

Veto zu delegierten Rechtsakten

Seit fast vier Jahren heftig umkämpft, sollten die Kernelemente baldigst umgesetzt werden, denn mit Ablauf der aktuellen Förderperiode 2020, die ja noch gar nicht richtig begonnen hat, soll auch das Säulenmodell verschwinden. Doch die Umsetzung „Zwischen-GAP 2014 bis 2020“ erweist sich als äußerst zäh. Nachdem die Kommission den Ländern die letzten delegierten Rechtsakte zugesandt hat [1], legte Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt am 19. März einen „Prüfvorbehalt“ ein. Mit dem Veto ist die Ratszustimmung am 14. April gefährdet. Auch der konservative Teil des Europäischen Parlaments votiert heftig gegen die Rechtsakten.

So müssten für die Anerkennung von Eiweißpflanzen auf den ökologischen Vorrangflächen mehr als die dreifache Fläche bebaut werden, um in den Genuss von Greening-Komponenten zu kommen. Bäume als Landschaftselement sollen nur gelten, wenn die Krone mindestens vier Meter Breite hat. Das erfordere einen riesigen Verwaltungsaufwand, erklärte Albert Dess, bayerischer Europaabgeordneter der EVP-Fraktion, der von seinem französischen Parteikollegen Joseph Daul unterstützt wird.

Die Kommission hat am 02. April nachgegeben und beispielsweise den Anrechnungsfaktor für Eiweißpflanzen von 0,3 auf 0,7 erhöht. Damit können die Leguminosen für die europäische Eiweißstrategie auch auf diesen Flächen angebaut werden. Am kommenden Montag will der EU-Agrarausschuss über die delegierten Rechtsakte abstimmen. Wie die Pflanzen auf den Vorrangflächen bewirtschaftet werden, überlässt die Kommission den einzelnen Mitgliedsländern.

Friedrich Ostendorff hatte als agrarpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen diese Strategie als „Ringelpiez“ des Deutschen Bauernverbandes und der EVP-Fraktion bezeichnet. Weitere Verzögerungen der GAP-Umsetzung gefährdeten betriebssichere Direktzahlungen für das Jahr 2015: „Für uns sind die Regelungen auch nicht das Gelbe vom Ei, aber wir benötigen sie jetzt, damit den Bäuerinnen und Bauern die Unterstützung zukommt, die sie dringend brauchen.“ Hier werde nachgeholt, was die Agrarindustrie in den vergangenen Jahren noch nicht hatte durchsetzen können.

Der Kampf geht weiter

Was die Agrarministerkonferenz heute in Cottbus beschließt, und ob sie dazu überhaupt etwas beschließt, steht noch aus. Der Agrarausschuss des Bundestages führt am nächsten Montag noch eine Anhörung zum Thema Direktzahlungen durch. Und am Donnerstag wurde lebhaft im Parlament über die GAP gestritten: Ostendorff trug erneut und mehrmals vor: „Ändern Sie das!“

Spannungsbogen im „Lebensministerium“

Den Namen, den sich das österreichische Agrarministerium gegeben hat, machte am Donnerstag im Bundestag bei Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt Furore: „Lebensministerium“. Das zeichnet für ihn den Spannungsbogen der GAP am besten wider: Wir gestalten ab 2015 ein System der Anerkennung bäuerlicher Arbeit, von dem Verbraucher über Lebensmittel und die Natur durch Umweltschutz als auch die Landwirte durch unternehmerischen Gewinn profitieren. Die Umschichtung von 4,5 Prozent bringt den Ländern jährlich 229 Millionen Euro mehr Finanzkapital für den ländlichen Raum. Er wiederholte seine Kritik an den Rechtsakten am Beispiel der Baumkrone: „Liebe Leute, lasst bitte mal die Kirche im Dorf.“

Schließlich war es nach Worten von Georg von der Marwitz (CDU/CSU) „eine Sisyphus-Arbeit allen gerecht zu werden“. „Am Ende gehören die Direktzahlungen dem, der die Hand am Pflug hat“, ergänzt Parteikollege Hermann Färber. Schließlich sind 19 Prozent der Landesfläche bereits Landschaftselemente und Bachläufe. Die Vorsitzende des Agrarausschusses im Bundestag, Gitta Connemann (CDU/CSU), bekräftigt, dass sich „am End die Vernunft gegen staatliche Bevormundung durchgesetzt“ habe.

Viele Landwirtschaften

Doch so einfach ist es nicht. Der öffentliche Diskurs, seit die Landwirtschaft in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist, fördert Brüche hervor. Dr. Kirsten Tackmann (Die Linke) unterstreicht, dass die Mehrheit der Bevölkerung die Landwirtschaft anerkennt. Aber es gibt Motivation für Veränderungen: Eben auch Kritik an den Schlachtbetrieben und der Billigpreispolitik im Lebensmittelhandel. Es geht um das Pflügen bis an den Gewässerrand, verschwundene Feldwege, zu viel Dünger und Pflanzenschutzmittel auf den Äckern und um „totgespritzte Äcker nach der Ernte“. Diese Fragen verschwinden nicht, wenn die Verbraucher auch mehr über die Landwirtschaft erfahren. Die Weltagrarpolitik verursacht große Schlachthöfe und steigende Bodenpreise, die falsche Förderpolitik macht Schäfer zu den Verlierern der GAP [2].

Selbst die SPD sieht noch Nachholbedarf. Nach Ute Vogt bleibt die GAP hinter den ursprünglichen Nachhaltigkeitsanforderungen zurück. Die jährlichen 229 Millionen Euro Umschichtungsmittel müssten zudem auf Länder und Betriebe verteilt werden. Die EU hat als maximalen Rahmen ein Umschichtungsvolumen von 15 Prozent erlaubt, der ausgenutzt werden sollte. Den gefundenen Kompromiss empfindet auch Ulrike Höfken (Bündnis 90/Die Grünen) als „verwässert“. Vor allem kritisiert sie das gebrochene Versprechen, die Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK) um 200 Millionen Euro aufzustocken. In der nächsten Woche will der Agrarausschuss im Bundesrat einen neuen Vorstoß wagen, das Geld zu bekommen. Höfken sieht auch in der Nutzungsmöglichkeit von Dünger und Pflanzenschutzmitteln auf den ökologischen Vorrangflächen eine Verwässerung. Sie müssen sich von der Guten Fachlichen Praxis der anderen Flächen unterscheiden, sonst hätten sie ihren Status nicht verdient.

Und schließlich hat Friedrich Ostendorff mit dem Imperativ „Ändern Sie das!“ aufgezählt, wo die Bundesregierung noch Nachholbedarf hat: Pflanzenschutz und Dünger auf den Vorrangflächen, Umschichtung mehr als 4,5 Prozent und 200 Millionen Euro in die GAK. Ostendorff prognostiziert für den nächsten GAP-Rahmen ab 2020 fehlende Legitimation bei den Wählern, wenn öffentliches Geld nicht für öffentliche Leistungen ausgegeben wird.

Bei den ökologischen Vorrangflächen gibt es noch ein weiteres Problem. Dirk Wiese (SPD) berichtete, wie Landwirte aus dem Münsterland vor Jahrzehnten Flächen im Sauerland gepachtet haben, um ihre Stilllegungsverpflichtungen nachzukommen. Ähnliches könnte heute mit den ökologischen Vorrangflächen geschehen: Große Betriebe schützen ihr gutes Ackerland und verlegen die fünf Prozent Öko-Fläche auf ertragsschwache Standorte. Eventuell auch in anderen Regionen. Daher sollte die Fläche möglichst nahe an der Betriebsstätte liegen. Eine Verdrängung erhöhe den Druck auf die Bodenpreise auch in den ertragsschwachen Regionen.

Weg vom Hektarschlüssel?

In Brandenburg gibt es längst Betriebe, die mit 0,3 Arbeitskräften 100 Hektar Land bewirtschaften. In der Nachbarschaft des Bundestagsabgeordneten und Landwirts Hans-Georg von der Marwitz (CDU) betreibt ein Gesellschaftsverbund einen Betrieb mit 18.000 Hektar, der rund 20 Gemeindegemarkungen umfasst. Unter diesem Gesichtspunkt sei der Hektar als Verteilungsschlüssel für die Prämien der falsche, weil er flächenarme Betriebe benachteiligt. Der Landesbauernverband Brandenburg habe aber mit dem „Slogan: Ein Hektar ist ein Hektar“ diese Ungleichheit in die Agrarpolitik geführt. Umso wichtiger sind die Signale für eine Umschichtung der Mittel, wobei sich auch Marwitz für den vollen Satz von 15 Prozent ausspricht. Er blickt ebenfalls auf das Jahr 2020, dem Zeitpunkt für die nächste Förderperiode: „Das System mit der pauschalen Flächenförderung hat sich offenbar überlebt.“

Das DirektZahlDurchfG wurde in die Ausschüsse verwiesen.

Lesestoff:

[1] Kommission verabschiedet delegierte Rechtsakte

[2] Schäfer wollen die Mutterschafprämie wiederhaben

Das IAMO kritisiert die vielgelobten Prämien für die ersten Hektar als Museumsprämien

Roland Krieg

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