Diskussion um Arzneimittelgesetz geht weiter

Landwirtschaft

AMG-Novelle im Vermittlungsausschuss

Das Arzneimittelgesetz wurde vom Bundesrat in den Vermittlungsausschuss verwiesen. Ziel des Gesetzes ist der verantwortungsvolle Umgang mit Antibiotika und die Verbesserung der Tiergesundheit. Der Bundesrat hatte bereits 2012 in einer Stellungnahme darauf hingewiesen, dass das angestrebte Ziel der Antibiotika-Verwendung durch die vorgelegte Novelle nicht erreicht werden kann. Die Bundesregierung hat nachgebessert, aber der Agrarausschuss des Bundesrates empfahl vor der Sitzung, diese Fassung nicht anzunehmen und das Gesetz in den Vermittlungsausschuss zu überweisen.

Was soll noch in das Gesetz?

Zur Quantifizierung des Antibiotikaeinsatzes solle nicht nur die Mast, sondern auch die Aufzucht mit berücksichtigt werden. Ferkel bekommen in den ersten Lebenswochen Antibiotika, auch beim Schleifen von Zähnen und Kürzen der Schwänze. Bei Einbeziehung aller Lebensphasen und aller Produktionsrichtungen, würde die tatsächliche Antibiotikamenge die bisherigen Daten von 1.700 Tonnen im Jahr um „ein Vielfaches“ übersteigen. Aufgenommen werden sollen auch Aquakulturbetriebe, bei denen über das Wasser verabreichte Medikamente in die Umwelt gelangen. Da Tierhalter mehrere Standorte betreiben können, soll dieser zusammen mit der exakten Stallbezeichnung bei der Behördenmeldung mit angegeben werden. Künftig soll zwischen Mastrind und Mastkalb differenziert werden, um die Therapiehäufigkeit genauer zu bestimmen. Dazu zählt auch die Erfassung der täglichen Antibiotika-Dosis. Vergleiche mit Datenbanken in Dänemark und Schweden (VETSTAT und STRAMA) können als Vorbild dienen. Geschlossen werden sollen „Lücken“ wie die die Zahl der Behandlungstage. Anwendungen von Medikamente mit einem Wirkspiegel von 48 Stunden sollen demnach nicht als ein Anwendungstag, sondern auf der Basis von „24 Stunden“ als zwei Anwendungstage gelten.
Die Ländermehrheit kritisierte vor allem die Neufassung der Bundesregierung im Bereich der Minimierungsstrategie. Die Nicht-Berücksichtigung der Bundesrat-Stellungnahme in diesem Bereich führe die 16. AMG-Novelle „hinsichtlich einer wirksamen Antibiotikareduktion und Verhinderung der Ausbreitung von Resistenzen ad absurdum.“ Hier fordert der Bundesrat keine Korrektur, sondern gleich eine Neufassung der entsprechenden Paragrafen. Unter anderem müsse es einer Behörde möglich sein, „bis auf Weiteres die Haltung von Tieren zu untersagen, wenn wiederholt alle Maßnahmen zur Minderung des Einsatzes antibakteriell wirkender Stoffe keinen Erfolg haben.“ Um künftige Auslegungsstreitigkeiten zu vermeiden, weist der Bundesrat die Bundesregierung darauf hin, dass die Datenbank eine Bundeskompetenz sei.

Reaktionen

Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) bedauert, dass nach eineinhalb Jahren Diskussion noch immer kein Ergebnis vorliege. „Es geht um eine der tiefgreifendsten Gesetzesnovellen mit deutlichen Konsequenzen für die Antibiotikaanwendung“, erklärte bpt-Präsident Dr. Hans-Joachim Götz. Die Vorgaben würden für eine wirksame Reduzierung des Medikamenteneinsatzes ausreichen. Das Gesetz wäre ein wirkungsvoller Einstieg für weitere Strategien. Verbesserungen müssten jedoch aus der Praxis heraus entwickelt werden.

Der Deutsche Bauernverband fürchtet, dass das Thema Antibiotika zum Wahlkampfthema wird. „Dies sei unverantwortlich und nicht im Sinne der Verbraucher.“ DBV und bpt hoffen, dass der Vermittlungsausschuss doch die vorliegende Fassung annimmt, um keine Verzögerungen hervorzurufen. Beide plädieren für die wirtschaftseigene Datenbank beim QS-System.

Der agrarpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Wilhelm Priesmeyer, hingegen begrüßt die Anrufung des Vermittlungsausschusses. Priesmeier sieht darin die letzte Chance, „um zu erwartende Vollzugsdefizite zu vermeiden.“ Die Datengrundlage müsse Ross und Reiter klar benennen.

Für Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, hat der Bundesrat die „Reißleine“ gezogen. Die Daten müssen für alle sofort einsehbar sein. Sie müssen die gesamte Lebensspanne des Tieres von der Geburt bis zur Schlachtung umfassen. Ostendorff wünscht sich sogar noch weitergehende Veränderungen, wie das Verbot von Mengenrabatten bei der Verschreibung von Antibiotika.

Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Landwirtschaftsminister in Schleswig-Holstein, hält es für absurd, dass Tierhalter und Tierärzte pauschal feststellen könnten, der Einsatz von Antibiotika sei nicht weiter zu reduzieren. „So können letztlich schlechte Haltungsbedingungen als zwingender Grund für einen hohen Einsatz von Antibiotika herhalten.“ Mit diesem Zusatz verfehle das Gesetz seinen Auftrag zur Minimierungsstrategie.

Den Vermittlungsausschuss will Nordrhein-Westfalens Landwirtschaftsminister Johannes Remmel (Bündnis 90/Die Grünen) nutzen, um einen konkreten Fahrplan für die Reduzierung des Antibiotikaeinsatzes einzuarbeiten.

Das Bundeslandwirtschaftsministerium bedauert die Entscheidung. Aus Sicht des Sprechers Holger Eichele „ist es absolut unverantwortlich, dass SPD- und grün-geführte Länder die Reform des Arzneimittelgesetzes hiermit auf die lange Bank schieben. Das ist Wahlkampf auf Kosten der Verbraucher.“

Lesestoff:

Hohe Tiergesundheit bei wenig Antibiotikaeinsatz. Tagung an der TiHo Hannover

Die anderen Ergebnisse aus dem Bundesrat vom 22. März finden Sie hier

Roland Krieg

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