Drei Schritte zum reinen Biogas
Landwirtschaft
Uni Hohenheim mit neuer Biogasanlage
Höherer Methangehalt, kürzere Verfahrenszeiten, flexiblere Produkte: Forscher der Universität Hohenheim wollen in den kommenden drei Jahren eine drei-stufige Versuchsanlage aufbauen, die all das kann.
Langfristig tragen sie damit dazu bei, dass Biogas mit einem deutlich geringeren Energieaufwand als heute zu Erdgasqualität aufbereitet und ins Erdgasnetz eingespeist werden kann. Damit kann die Erzeugung des Biogases von dem Ort der Nutzung entkoppelt werden. Auch bezüglich der eingesetzten Substrate und der nutzbaren Produkte soll die Anlage wesentlich flexibler als heutige Biogasanlagen sein.
Mini-Biogasanlage zur Forschung
Die neue Mini-Biogasanlage soll auf dem Campus der Universität am Institut für Agrartechnik stehen. In vier je 100-Liter-Fermentern wird pro Tag ein Kilogramm Trockenmasse des Modellsubstrats aus Gras und Mais sowie Stroh und Heu gären. In einem getrennten Methan-Reaktor von 50 Liter Nutzvolumen werden 410 l Biogas mit einem Methananteil von bis zu 85 Prozent gewonnen. Mit dieser kleinen Menge haben die Hohenheimer Großes vor.
2 + 1 = komplett neuer Anlagentyp
Bisher wurde Biogas in Hohenheim in Biogasanlagen aus einem Behälter produziert: In diesem Behälter läuft sowohl die Säurebildung als auch deren Abbau zu Methan ab. Damit sind die Milieubedingungen für alle am Prozess beteiligten Mikroorganismen suboptimal. Erste Versuche zu einer zweiphasigen Vergärung zeigten, dass durch die Trennung der eigentlichen Gärung von der Methanogenese der Prozess beschleunigt werden kann. Allerdings wies diese zweiphasige Anlage erhebliche steuerungstechnische Nachteile auf.
Aus drei, statt aus ein bis zwei, Behältern wird der neue Anlagentyp zusammengesetzt sein. Und das hat eine Funktion: Die Forscher wollen die Gärung und die Methonogenese verfahrenstechnisch trennen. „Im ersten Gärkessel findet die Hydrolyse statt. Bei diesem Vorgang wird das Substrat durch Enzyme in so genannte Monomere und Säuren abgebaut. Bei lignifizierten Substraten bleiben dabei Gerüstsubstanzen, das sind die unlöslichen Reste, übrig. Leicht abbaubare Stoffe werden dagegen vollständig in lösliche Substanzen überführt“, erklärt Dr. Andreas Lemmer von der Landesanstalt für Agrartechnik und Bioenergie. Im zweiten Behälter findet das so genannte Bio-Leaching statt. Dabei werden die löslichen Stoffe, das heißt, die Säuren und löslichen Zucker aus den nicht abgebauten Gerüstsubstanzen „ausgewaschen“ Ausschließlich diese gelösten Zwischenprodukte werden in den dritten Behälter überführt. Dieser gleicht einem Filter, in dem die organischen Säuren zu Methan abgebaut werden. Der Methangehalt des Biogas aus dem neuen Anlagentyp kann dabei bis zu 40 % höher sein als in bisherigen einphasigen Anlagen.
Flexibler, schneller, reiner
Diese Auftrennung ermöglicht größere Flexibilität in der Praxis der neuen Biogasanlage. „Die mögliche Bandbreite der Einsatzstoffe zu erhöhen und damit das deutschlandweite Methanertragspotenzial zu steigern ohne die Flächenkonkurrenz zu erhöhen ist wohl das naheliegendste Ziel“, schätzt Andreas Lemmer. Daneben kann die Anlage zur Gewinnung von Brennstoff aus den Gerüstsubstanzen verwendet werden. Organische Säuren herzustellen könnte ein weiteres mögliches Ziel der neuen Anlage sein. Fazit des Agrartechnikers: „Wir erreichen mit dem neuen Anlagentyp ein flexibel zu steuerndes Modul, das anpassungsfähig in den Einsatzstoffen, sowohl als auch in den Endprodukten ist.“
Ein weiterer Vorteil der neuen Anlage sind kürzere Verfahrenszeiten. Während beispielsweise der Abbau von Gras im einphasigen Anlagentyp mindestens 70 bis 100 Tage dauerte, wird er in Zukunft nur 18 bis 25 Tage benötigen. Ermöglicht wird der schnellere Abbau, so Andreas Lemmer, durch eine verbesserte Anpassung des ph-Werts in den getrennten Behältern: „Während der optimale ph-Wert für die Gärung bei 5,5 liegt, braucht die Methanbildung ein Milieu von 7 bis 8. Auch die Temperatur kann individuell für die einzelnen Gruppen der Mikroorganismen angepasst werden“. Der neue dritte Behälter, das Bio-leaching, dient dazu, die beiden biologischen Vorgänge strikt voneinander zu trennen, damit im Methanreaktor ein möglichst reines Methan entsteht.
Konstantinidis (Universität Hohenheim) / roRo