14:12 +++ Durchwachsene Erntebilanz

Landwirtschaft

Gute Preise nur bei ausreichender Qualität

Erträge Winterweizen. Gesamt: 21,1 Mio. t von 2,9 Mio. ha

Wechselhaftes Wetter sorgt in der Regel für wechselhafte Aussichten auf die Ernteergebnisse. Die Regel, dass eine gute Ernte zu niedrigen Preisen und eine schlechte Ernte zu hohen Preisen führt, gilt auch für 2021. Um aber die Ernte 2021 in vollem Umfang zu verstehen, ist ein Blick auf die Börsenkurse der vergangenen Monate notwendig.

Nervöse Märkte

Die Notierungen haben einen neuen Grad der Nervosität erreicht. Zum Teil hatte das US-Landwirtschaftsministerium die eigene Getreideernte trotz Hitze und Trockenheit überschätzt und zu fallenden Kursen geführt, langfristig aber haben sich die Vegetationsbeobachtungen durchgesetzt und den Trend steigender Getreidekurse aufrechterhalten. Treiber für den Weizenkurs ist Mais. Mais als Futterkomponente in Mischrationen ist erntebedingt knapp, wird von China verstärkt nachgefragt und kommt im Angebot der Nachfrage kaum noch hinterher. Da Mais gleichwertig durch Futterweizen ersetzt werden kann, müssen Getreidelandwirte den Maiskurs fest im Blick haben – denn er läuft den Weizennotierungen voraus.

Hitzeknick und Schmachtkörner

Im Verlauf der vergangenen zwei Wochen haben nahezu alle Landesbauernverbände die gleichen Inhalte vermelden müssen. Die Getreidebestände sind gut durch den Winter gekommen, Folgen einer Frühjahrstrockenheit gab es nur lokal. Erst die Hitze im Juli hat der Kornertragsfüllung den Garaus und Pflanzen zur Notreife gemacht. Der Deutsche Bauernverband (DBV) konnte am Freitag einen leicht unterdurchschnittlichen Ertrag bei den Weizenarten verzeichnen, bei Wintergerste aber ein leichtes Plus bei Ertrag und Menge. Auch Triticale konnte bundesweit im Durchschnittsertrag zulegen.

Insgesamt bleibt die Ernte rund zwei Prozent unter dem Vorjahresergebnis und 4,7 Prozent hinter dem Mittel der Jahre 2015 bis 2020. Rund 42,4 Millionen Tonnen werden eingefahren. Allerdings leidet durch den Hitzejuni die Qualität. Sowohl bei Gerste als auch bei Weizen liegen die Hektolitergewichte deutlich unter den Erwartungen. Von den hohen Preisen (220 Euro je Tonne Brotweizen, 209 Euro je Tonne Futterweizen, Futtergerste 190 Euro je Tonne – Stand 27.08.2021) können nur die Landwirte profitieren, die entsprechende Qualitäten liefern können. Wie viel Weichweizen am Ende im Futtertrog landet ist noch unklar.

Der Niederschlag der vergangenen Wochen hat die Ernte immer wieder unterbrochen. Getreide war überreif, zu feucht zum Dreschen oder muss kostenaufwändig herunter getrocknet werden. Diese betriebsindividuellen Kostenrechnungen sind in der DBV-erntesumme nicht erfasst. Den größten Einbruch gab es beim Sommerweizen. Die Anbaufläche wurde von 420.000 auf 300.000 Hektar reduziert. Der Ertrag fiel auf 5,1 Tonnen pro Hektar, was rund ein Drittel weniger Erntegut im Bundesdurchschnitt erzielt.

Nutzviehalter

Die Viehhaltung steht üblicherweise nicht im Fokus der Ernteberichte. Indirekt leiden sie aber unter den steigenden Futterpreisen. Die Mischfuttererzeuger konkurrieren mit der globalen Nachfrage. Die Chinesen haben kürzlich erst Futtergerste über den französischen Hafen Rouen für 245 Euro je Tonne gekauft. Für gute Qualitäten zahlen die Mischfutterwerke schon Aufschläge. Das aber bringt den Tierhaltern und vor allem den Schweinehaltern zusätzlich Druck in die Buchführung. Die steigenden Futterkosten sind nur ein Teil des Kostenblocks, dem in den vergangenen zehn Wochen ein Abschlag von 27 Cent je Kilogramm Schlachtgewicht gegenüber steht.

Raps und Ölsaaten

Die erfreuliche Meldung des DBV läuft eigentlich ins Leere. Nach einem Flächenrückgang in den Vorjahren wurde Raps wieder auf knapp einer Million Hektar angebaut. Ein Plus von fünf Prozent. Die Ernte 2021 liegt knapp unter Vorjahresniveau, fällt mengenmäßig aber mit 3,4 Millionen Tonnen reichlich aus. Global hingegen sind die Lager leergefegt. In Kanada als größten Rapsexporteur der Welt sind die Bestände in der Hitzewelle auf dem Feld vertrocknet. In Ostdeutschland sind bereits die ersten Lieferkontrakte für die Ernte 2023 gezeichnet. Die Ernte 2021 gilt schon länger als ausverkauft. Preise von mehr als 540 Euro je Tonne sind mangels freier Ware kaum umzusetzen. Die Ernte 2022 wird auch schon mit 420 Euro je Tonne gehandelt.

Einen Rutsch nach unten hat nach Angaben der Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen Rapsschrot gemacht. Dessen Vermarktung hat gerade erst begonnen. Frei Hof haben die Preise gegenüber Juli um 40 Euro auf 318 Euro je Tonne nachgegeben. In einigen Regionen fiel der Preis unter die 300-Euro-Marke. Käufer hoffen auf ein Überangebot bei Ölmühlen und sinkende Preise. Terminkontrakte liegen derzeit rund 30 Prozent über Vorjahr. Dennoch liegt der Preis für Rapsschrot deutlich unter dem von GVO-freiem Soja. Knapp bleibt das Futter dennoch, weil hohe Mengen in die Niederlande verkauft werden. Dort zahlt die Regierung einen Bonus für europäisches Eiweißfutter.

Raps und Rapsschrot sind zwei von drei möglichen Märkten, die der leuchtend gelb blühende Kreuzblütler bedient. Rapsöl für Speise und Tank ist der dritte Markt. Da sind die Perspektiven weniger gut. Indien will zur Erreichung eines höheren Selbstversorgungsgrades bei Speiseöl bis 2030 Ölpalmen auf 1,6 Millionen Hektar pflanzen. Das wird Indonesien treffen, die den größten Teil der jährlich 135 Millionen Tonnen Speiseölimporte bedient. Jakarta wird sich neue Absatzmärkte suchen und Druck auf dem Markt für Ölsaaten ausüben.

Europamarkt

Deutlich günstiger sieht die Erntebilanz für die EU aus. Die Kommission sieht bei Getreide inklusive Mais bei allen Formen ein Plus von sechs Prozent über dem Fünfjahresdurchschnitt. Der aktuelle Vegetationsbericht weist für das Grünland bis auf einige Regionen im Baltikum, Italien und Südosteuropa mindestens durchschnittliche bis sehr gute Wachstumsbedingungen aus. Am Grundfutter wird es den meisten Tierhaltungsbetrieben also nicht fehlen.

Roland Krieg; Foto: DBV

© Herd-und-Hof.de Nutzungswünsche: https://herd-und-hof.de/impressum.html

Zurück