E. coli im heimischen Kühlschrank

Landwirtschaft

Bakterien im GV-Farbenrausch

Victoria beschwerte sich, dass sie den Hinweis, den Biologie-Kasten im Kühlschrank aufzubewahren erst nach zwei Wochen entdeckte und fürchtete, dass die Reagenzien, wie beispielsweise E.coli-Bakterien, nicht mehr frisch waren. Die Experten von Amino Labhaben sich bei ihr entschuldigt und sie gefragt, wo sie den Hinweis besser für die Kunden platzieren sollten. Die Reagenzien hielten aber auch zwei Monate Raumtemperatur stand, ohne die Experimentierfreudigkeit zu schmälern.

Für 33 US-Dollar hat Victoria einen Biologiebaukasten bei Amino Lab gekauft, mit dem sie gentechnische Experimente mit E. Coli-Bakterien durchführen kann. Amino Lab wurde 2015 von Julie Legault gegründet, die am Massachusetts Institute of Technology (MIT) Synthetische Biologie an der Fakultät des MIT Media Laboratory erlernte. Zusammen mit anderen Wissenschaftlern aus Kanada konnte sie auf Grund eines Crowdfunding-Projektes mit „Amino One“ erstmals in die heimische Biotechnologie einsteigen und bietet heute über Kanada zahlreiche Experimentierkästen an. Der teuerste derzeit kostet 382 US-Dollar und bringt Bakterien in den verschiedensten Farben zum Leuchten.

Die E. coli-Bakterien gehören zum Stamm K12 und seien nicht pathogen. Vom sterilen Wasser über Pipetten und verschiedenen Reagenzien ist der Baukasten reichhaltig bestückt. Es fehlt auch nicht der Hinweis auf den Biosicherheitsstandard S1, der für Nordamerika die Erlaubnis gibt, damit zu Hause in der Garage zu experimentieren. Und: Das in anderen Ländern möglicherweise andere Sicherheitsregeln gelten.

Die neuen Züchtungstechniken des Genom Editing haben Gentechnik einfacher gemacht. Baukästen wie der von Amino Lab sind mittlerweile über das Internet leicht zu bekommen.

Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hat über seine Zentrale Kommission für Biologische Sicherheit (ZKBS) im März 2017 eine erste Risikoanalyse für die Gentecchnik im Do-it-Yourself-Verfahren erstellt. Grundlegend werden die Bakterien, bei anderen Anbietern Hefezellen, vermehrt und dann durch ein mitgeliefertes Plasmid transformiert. Das Plasmid trägt ein Antibiotikaresistenz-Gen und ein frei wählbares Gen für verschiedene Farbeffekte. Die Gefährlichkeit des E. Coli K12 wird nicht erhöht. Gleichwohl fällt das Bakterium in die Risikogruppe 1 im Gentechnikgesetz. „Damit dürfen die Organismen nur in Sicherheitslaboren der Stufe 1 verwendet werden, also zum Beispiel nicht in einem Wohnzimmer oder einer Garage, wohl aber zum Beispiel in Schulen oder anderen Bildungseinrichtungen, soweit sie S1-Labore haben“, teilt das Bundeslandwirtschaftsministerium in einer Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen mit.

Wer außerhalb der Labore experimentiert riskiere nach dem Gentechnikgesetz eine Strafe von bis zu 50.000 Euro. Wer gar die veränderten Organismen frei setzt, kann mit einer Haftstrafe bis zu drei Jahren bestraft werden. Der Besitz hingegen ist straffrei.

Die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Gentechnik hat das BVL aufgefordert, zunächst einmal den Ist-Zustand durch eine „systematisch durchgeführte Internetsuche“ zu erstellen. Die Auswertung soll als Grundlage für weitere Schritte im November 2017 vorliegen.

Derweil hat Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel in einem Brief an das Bundesumweltministerium für ein Verbot des Handels an private Endverbraucher ausgesprochen. „Diese Kästen müssen vom Markt genommen werden, um die Gefahr einer Ansteckung, Vermehrung oder Freisetzung von Krankheitserregern oder gentechnisch veränderten Krankheitserregern zu verhindern", so Wenzel.

Roland Krieg

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