E10-"Niebelkerze" aus dem BMZ

Landwirtschaft

Niebel entfacht neue E10-Diskussion

Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel hat am Mittwoch die Diskussion um den Biotreibstoff, voran das E10 mit einem Anteil von zehn Prozent Bioethanol, erneut in den Blätterwald getragen. Dem Fernsehsender n-tv sagte er, wegen steigender Lebensmittelpreise verschärfe E10 die Tank-Teller-Diskussion. Niebel forderte einen sofortigen Verkaufsstopp für E10 in Deutschland.

Was die FAO sagte

Der Gedanke ist nicht neu. Hat doch Graciano da Silva, Generaldirektor der FAO, letzte Woche in einem Artikel in der Financial Times vergleichbares gefordert. da Silva führt die Jahrhundertdürre in den USA an, die Maisfelder verdorren und Preise steigen lässt. da Silva fürchtet zwar, dass die Maispreise in diesem Jahr über den Rekordwerten von 2008 und 2010 liegen könnten, doch welchen Schaden die Dürre tatsächlich anrichten wird, steht noch immer nicht fest.
Der Generaldirektor hat die Situation aber auch differenziert dargestellt. Hohe Preise sind als Anreiz für die südliche Hemisphäre zur Ausweitung der Produktion nicht von Nachteil. Und für eine Prognose, ob die Dürre zu einer Hungersnot führt, wie schon mancherorts kolportiert, fehle das ganze Bild. So hat die FAO erst kürzlich ausgeführt, dass genug Reis auf der Welt vorhanden ist [1].
Dennoch sind die guten Nachrichten kein Grund zur Entwarnung und da Silva stellte ein Aussetzen des „Mandats für Biotreibstoffe“ in Aussicht. Das landwirtschaftliche Marktinformationssystem der Länder ließe aber gegenüber 2008 hohe Preise, die zu Hungerrevolten führten nicht zu, führte da Silva weiter aus [2].

Warum es mehr Mais in den USA gibt

Die USA hat den Maisanbau in diesem Jahr auf Rekordhöhen gebracht. Doch schon zur Aussaat war klar, dass die Ausweitung nicht auf die Bioethanol-Nutzung ausgerichtet ist, sondern den Verlockungen der internationalen Absatzmärkte von Mais als Lebens- und Futtermittel folgt [3]. Die Ethanolnachfrage in den USA stagniert nach Aussage des U.S. Grains Council seit acht Jahren.
Nach aktuellen Zahlen des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums wird die Maisernte rund 40 Millionen Tonnen geringer als im Vorjahr ausfallen. Und seit 2006 die niedrigste sein. Weltweit wurde die Maisernte um 27 Millionen Tonnen nach unten korrigiert. Mit 849 Millionen Tonnen bleibt sie aber 19 Millionen Tonnen über der Vorjahresernte. Weil China, Brasilien und Argentinien mehr Mais ernten werden. Das ist derzeit das ganze Bild.

„Hunger ist kein Biospritproblem“

Die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) hat in der Vorwoche schon darauf hingewiesen, dass Hunger kein „Biospritproblem“ ist. „Hunger ist ein Armuts- und Verteilungsproblem“, zumal nach Auskunft des Weltgetreiderates mit 142 Millionen Tonnen gerade einmal sechs Prozent der Ernte für Bioethanol verwendet werden.

Kein US-Mais für deutsches E10

Dirk Niebel ist auch bei den Märkten durcheinander geraten. Das E10 an deutschen Tankstellen wird aus heimischem Getreide hergestellt, das kaum noch einen Futterwert hat und aus Zuckerrüben, die abseits der Quote produziert werden. Der Entwicklungsminister trifft mit seiner Aussage daher nicht die Ängste der Verbraucher, sie tankten Sprit auf Kosten der Armen, sonder unterstreicht die wirkliche Sorge der Deutschen: „E10 macht mein Auto kaputt!“ [4]

Die anderen Ressorts schweigen

E10 fällt nicht nur in den Bereich des Entwicklungsministeriums, sondern betrifft auch Umwelt- und Verkehrsministerium. Die Sprecher dieser beiden Ressorts schwiegen am Mittwoch zu den Äußerungen Niebels und wollten die Äußerungen nicht weiter kommentieren.

Lesestoff:

[1] Reis ist genug da

[2] G20 beschließen ein Agrar-Markt-Informations-System

[3] Maisanbau auf Rekordniveau

[4] Bioethanol wird sich durchsetzen

Roland Krieg

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