Effiziente Energiepflanzen werden vernachlässigt
Landwirtschaft
Nachholbedarf bei mehrjährigen Gräsern und Gehölzen
Die effizientesten
Energiepflanzen werden bei uns noch immer vernachlässigt. Das ist ein Ergebnis
einer europäischen Expertentagung, die vom Johann Heinrich von Thünen-Institut
ausgerichtet wurde. Die auf der Tagung in Braunschweig präsentierten Daten
bestätigen deutlich, was schon seit langem in der Fachwelt diskutiert wird:
Gehölze und mehrjährige Gräser haben deutliche Vorteile gegenüber Mais und
Raps. Sie benötigen wesentlich weniger Input an Energie und Nährstoffen und
sind deshalb gerade unter Klimaschutzaspekten die wesentlich effizientere
Alternative. Vor allem haben sie einen wesentlich geringeren Bedarf an
Stickstoffdünger - und gerade das hat eine immense Bedeutung. Denn die
Herstellung von Stickstoffdüngern ist ein energieaufwändiger Prozess. Aber es
ist nicht nur die bessere Energiebilanz. Es kommt noch erschwerend hinzu, dass
Ackerböden nach der Düngung Lachgas freisetzen - ein Gas, das etwa 300-mal so
klimaschädlich ist wie Kohlendioxid.
Mehr Dauerkulturen
Dagegen kommen die
Dauerkulturen von Gehölzen und mehrjährigen Graspflanzen mit sehr viel weniger
Dünger aus, denn sie haben einen wichtigen Vorteil: Sie können im Winter
geerntet werden. In dieser Zeit ist ein großer Teil der Nährstoffe der Pflanzen
in den Wurzeln gespeichert und steht auch nach der Ernte der oberirdischen
Pflanzenteile für das erneute Austreiben im nächsten Frühjahr wieder zur
Verfügung.
Pappelplantagen
emittierten dabei 40 bis 99 Prozent weniger Lachgas als Mais- oder Rapsfelder -
bei vergleichbaren Energieerträgen.
Darüber hinaus
registrierten die Forscher unter Weiden und Pappeln einen deutlichen Aufbau von
Humus: Neben der damit verbundenen Bodenverbesserung wird gerade im Humus eine
große Menge an Kohlenstoff festgelegt - ein weiterer Beitrag zum Klimaschutz.
Es zeigte sich
deutlich, dass mehrjährige Energiepflanzen Nährstoffe besser nutzen als „normale“
Ackerpflanzen wie etwa Mais oder Raps. Besonders interessant ist der Anbau von
mehrjährigen Gräsern und Bäumen auf relativ nährstoffarmen und feuchteren
Böden. Die Pflanzen können dabei Nährstoffvorräte des Bodens aus einer
vorhergehenden Ackernutzung für die erste Aufwuchsperiode nutzen. Unter
günstigen Bedingungen benötigen sie deshalb zunächst gar keine Düngerzufuhr.
Auch die Nutzung
früherer Moorböden wird so wesentlich klimafreundlicher: Die Freisetzung der in
den torfreichen Moorböden festgelegten riesigen Kohlenstoffvorräte wird
gebremst, und ein weiteres Problem der landwirtschaftlich genutzten früheren
Moore wird so verringert: Die Emission von Lachgas nimmt gegenüber Mais- oder
Rapsanbau deutlich ab.
Skandinavien führend
Deutschland ist beim
Anbau von mehrjährigen Gehölz- und Graspflanzen gegenüber anderen europäischen
Ländern deutlich im Rückstand. Allein in Großbritannien und Skandinavien werden
aktuell bereits auf etwa 60.000 Hektar Fläche mehrjährige Energiepflanzen
angebaut (Skandinavien: 20.000 ha Rohrglanzgras, 17.000 ha Weiden (+ Pappeln),
Britische Inseln: 16.000 ha Miscanthus, 6.000 ha Weiden) und in Kraftwerken zur
Wärme- und Stromproduktion genutzt.
Dr. Axel Don vom
vTI-Institut für Agrarrelevante Klimaforschung, Koordinator des
GHG-Europe-Projekts, betont: „Während die aus Sicht des Klimaschutzes
effizientesten mehrjährigen Energiepflanzen in Deutschland noch erforscht
werden, sind sie in vielen Nachbarländern längst praxisreif und Nummer eins der
Bioenergieproduktion. Die deutsche Bioenergieförderung hat die effizientesten
Klimaschutzwege bisher vernachlässigt.“
Lesestoff:
Die internationale
Forschungsseite erreichen Sie unter www.ghg-europe.eu
Rainer Schretzmann, www.aid.de