Ehrung des Karottenbaums
Landwirtschaft
Kieferntagung in Eberswalde
Für 450 Kiefern-Experten ist die Landesforstanstalt Eberswalde (LFE) derzeit das Mekka ihrer Leidenschaft. Rund 30 Prozent der Bäume sind Kiefern – aber nur im Bundesdurchschnitt. Brandenburg hat mit über 80 Prozent den höchsten Kiefernanteil und bildet zusammen mit Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen-Anhalt die norddeutsche Kiefernregion. Der Pinus Sylvestris L. stellt auch in Polen mit 67,4 Prozent die Hauptbaumart. Deswegen freute sich auch Prof. Dr. Klaus Höppner von der LFE 18 praktizierende Förster aus der Region Warschau und Poznan begrüßen zu dürfen. Zwei Tage lang stehen die Ökologie und Wirtschaft der Kiefer im Vordergrund, bei der vor allem der Baum seinem Schattendasein beraubt werden soll. Die Kiefer sei kein Auslaufmodell, sagte Prof. Höppner und verdiene es nicht ökologisch verteufelt zu werden. Der vor zwei Tagen veröffentlichte Waldzustandsbericht habe gezeigt, dass die Kiefer eine vitale und wirtschaftliche Baumart in Brandenburg sei.
Die Anmut der Kiefer
150 Varietäten gibt es von der Kiefer. So viele Kronenarten gebe es auch, beschreibt Prof. Dr. Andreas Roloff von der TU Dresden die Vielfalt des Baumes. Die Kiefer hat biologisch gesehen nur einen Schwachpunkt: sie ist sehr lichtbedürftig. Das aber kann sie meist dort wo sie wächst ausreichend geniessen, denn oft steht sie an den seltsamsten Orten ganz allein. Wind und Salzwasser lassen sie auf Rügen nur 1,50 Meter groß werden, aber eine Krone bilden, die zehn Meter im Durchschnitt misst. Ein acht Jahre alter Baum wurzelt bereits bis zu drei Meter tief. Mit diesem außergewöhnlichem Wurzelwachstum siedelt sich das Bäumchen auf felsigstem Untergrund an. Eine handvoll Krume reicht ihr, standhaft zu bleiben. Die Nadeln, die eigentlich Kurztriebe sind, nehmen sogar Wasser aus der Luft an. Im Extremfall kann die Kiefer an trockenem Standort angebaut werden, saugt Wasser aus der Luft und transportiert es dem Konzentrationsgradienten entsprechend in den Boden.
Die Ästhetik der Kiefer resultiert aus den grünen Nadeln vor blauem Himmel und roter Rinde. Die Rindenfarbe verleiht ihr in Ungarn auch den Namen „Karottenbaum“.
Nur eines mag die Kiefer eigentlich nicht: In Reinbeständen dicht gedrängt wachsen zu müssen. Das erhöht die Kalamitätengefahr und die trockenen Nadeln auf dem Waldboden birgt ein hohes Waldbrandrisiko.
Aber sie ist sehr widerstandsfähig gegenüber Trockenheit oder kargen Standortbedingungen, weswegen sie in der Vergangenheit oftmals den Vorzug als Wirtschaftsbaum erhalten hat. Selbst einen Nadelverlust von 90 Prozent können die verbliebenen Kurztriebe durch erhöhten Stoffwechsel kompensieren, so dass der Baum in wenigen Jahren wieder zu 60 Prozent Nadeln trägt.
Die Kraft der Kiefern
Sechs Millionen Festmeter (FM) Kiefernholz verließen den Brandenburger Wald in Sägewerkqualität, 2,5 Millionen FM Zellstoff und 8,2 Mio. FM gehen als Holzwerkstoff aus dem Wald. Die Landesforsten haben in der Zeit zwischen 2003 und 2007 ihren Umsatz von 840 Mio. auf 1,3 Milliarden Euro steigern können. Allerdings ist die Brandenburgische Holzindustrie zweigeteilt, führt Karl-Heinrich von Bothmer aus dem Forstministerium aus. Gut 20 Großbetrieben stehen hunderte von Kleinfirmen wie Tischlereien und Zimmereien gegenüber. Trotzdem überwiegen seiner Ansicht nach die Stärken des Rohstoffpotenzials. Vier Millionen FM könnten für energetische Zwecke aus den Forsten geerntet werden und die aktuelle Nutzung liegt noch unter dem möglichen Einschlagspotenzial. Holz wird aus Brandenburg bis in die mittel- und osteuropäischen Länder exportiert, aber Fenster aus der Mark seien noch keine Handelsware. Das Bundesland produziere nur am Anfang der Wertschöpfung.
Skeptisch ist Bothmer über die Zukunft der Kiefern. Der Klimawandel im Szenarium B1 mit einer Erhöhung der Durchschnittstemperatur um zwei Grad wird die Kiefern von einigen Standorten verschwinden lassen. Daher muss der ökologische Waldumbau vorangetrieben werden, damit auch eine ökonomische Zukunft bleibt. Das Risiko müsse auf mehrere Baumarten verteilt werden. Die Kiefer gehört aber auch dazu.
Mehr aus dem Fachprogramm gibt es mit einem zweiten Teil am Montag.
Roland Krieg; Foto: roRo