Ein ganzes Jahr in sechs Monaten
Landwirtschaft
Was die Koalition noch vor hat
Auch wenn das Jahr 2021 wie gewohnt 12 Monate hat, bildet der 25. Juni das politisch markanteste Datum. Bis dahin hat der Bundestag noch 12 Sitzungswochen und kommt der Bundesrat noch sechsmal zusammen. Am 25. Juni beginnt nicht nur die übliche Sommerpause der deutschen Politik, sondern endet die 19. Legislaturperiode.
Dann läuft der Wahlkampf mit der Bundestagswahl am 26. September an. Vor vier Jahren fand die Wahl zwei Tage früher statt. Die Koalitionsverhandlungen zogen sich über den Jahreswechsel hinaus und erst im März 2019 hatte die geschäftsführende Übergangsregierung den Staffelstab an die neue Koalition übergeben. Der Bundestag musste mit Sondersitzungen den Fortbestand der Geschäfte über Silvester sicher stellen.
Koalitionssilvester
Ob so etwas wieder droht wird sich zeigen. Aber eines ist klar: Die 19. Bundesregierung hat nur noch bis zum 25. Juni Zeit, Aufgaben aus dem Koalitionsvertrag zu erfüllen. Das gilt ebenfalls für die mögliche Zustimmung von Gesetzen die Länderkammer. Was ab dem 26. Juni offen ist, wird vertagt.
Das droht beispielsweise dem Lieferkettengesetz, das faire Handelsketten aufbauen will, die selbst Unternehmen aus Gründen des Wettbewerbs untereinander einfordern. Stand am 11. Januar 2021: „Die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung ist noch nicht abgeschlossen.“ Regierungssprecher Steffen Seibert konnte noch nicht einmal den Termin für ein geplantes Spitzengespräch nennen, obwohl Entwicklungsminister Gerd Müller und Arbeitsminister Hubertus Heil die Eckpunkte längst auf den Tisch gelegt haben.
Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner ist etwas weiter. Das neue Förderprogramm für umweltgerechte Stallbauten ist gestartet. Beim Aktionsprogramm Insektenschutz zeigte sie sich am Montag vor Journalisten optimistisch, dass es eine Einigung mit dem Bundesumweltministerium im Februar geben wird. Nicht jede Streuobstwiese könne zu einem geschützten Biotop werden. Das würde die Ernte gefährden. Ausgerechnet bei Obst, wo der Selbstversorgungsgrad bei weniger als 30 Prozent liege. Klöckner will das Programm nur zusammen mit der Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung auf den Kabinettstisch legen.
Dafür habe sich der Koalitionspartner ohne weitere Ergänzungen auf das Ende des Kükentötens verständigt. Am übernächsten Kabinettstisch steht das Programm für die Umsetzung auf der Agenda.
Fortschritte sind auch beim Umbau der Tierhaltung zu verzeichnen. Der nächste Schritt ist die Machbarkeitsstudie, die Ende Februar, Anfang März vorliege. Aus den Ergebnissen erhofft sich Klöckner auch einen Fortgang für die Tierhaltungskennzeichnung, die von der deutschen Ratspräsidentschaft im vergangenen Jahr erstmals auf die Brüsseler Tagesordnung gesetzt wurde und von den Portugiesen in den nächsten sechs Monaten weiterverfolgt wird. Solange sind verpflichtende Ansätze nicht Europakonform, weswegen auch die Niederlande und Dänemark nur auf freiwillige Lösungen setzen.
GAP
Die mächtigste Aufgabe für Bund und Länder ist der nationale Strategieplan für die Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Die EU-Länder müssen bis Ende 2021 einen Plan in Brüssel einreichen, der in den Folgemonaten von Brüssel notifiziert und am 01. Januar 2023 in Kraft treten kann. Bis Ende 2021 heißt für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und die 16 Bundesländer bis zum 25. Juni. Die Trilogverhandlungen über das Mindestbudget in der ersten Säule sind derweil noch nicht abgeschlossen, wie Berichterstetter Peter Jahr (CDU) am Montag im Brüsseler Agrarausschuss mitteilte [1].
Die Dringlichkeit ist den Landesagrarministern bekannt. Spätestens mit dem Brief, den Klöckner in der vergangenen Woche an die Landeskollegen geschrieben hat. „Eine Verschiebung der Entscheidung ist keine Option“, heißt es darin. Zudem hat die Kommission Ende des Jahres die Eckpunkte für jedes EU-Mitgliedsland veröffentlicht [2].
Klöckner hat die Länder aufgefordert, sich über wesentliche Details klar zu werden: Dazu gehört der Mindestsatz der Basisprämie, die Frage nach dem Umschichtungssatz in die zweite Säule, Kappung, nicht-produktiver Flächenanteil („Stilllegung“) sowie die Höhe der Umverteilungsprämie für die kleinen Betriebe.
Also keine Vorgaben werden gegeben, sondern Antworten eingefordert, die vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Agrarstruktur in den Bundesländern und verschiedenen Zuständigkeiten, mal sind Umwelt und Agrar in einem Ressort gebündelt, in Rheinland-Pfalz hat das Wirtschaftsministerium den Hut auf, zu managen sind. Deutschland muss alle 16 Wünsche in einen Strategieplan fassen.
Da bei einigen Gesetzen die Zustimmung im Bundesrat notwendig ist, sollte die Zeit für parteipolitische Spielchen vorbei sein. Falls Deutschland nicht in der Lage ist, einen fertigen Strategieplan fristgerecht abzugeben, hat die EU auch nichts zu notifizieren.
Lesestoff:
[1] AGRI am Montag https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/wie-weit-sind-die-gap-triloge.html
[2] Eckpunkte für die GAP-Strategiepläne: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/langsam-kommt-licht-in-die-gap.html
Roland Krieg; Foto: roRo
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