Eine Menge Holz für den Agrarausschuss

Landwirtschaft

Agrarausschuss: Verbraucherwunsch und Bauernrealität

Am Donnerstag hat Hans-Michael Goldmann (FDP), Vorsitzender des Bundestagsausschusses Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (ELV), zusammen mit den Obleuten der Parteien einen Einblick und Ausblick auf das Jahr 2013 gegeben. Das Arbeitsprogramm ist mit Arzneimittelgesetz, Baugesetzbuch, Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch, der anstehenden Anhörung zum Jagdgesetz und dem Holzhandelssicherungsgesetz gut ausgelastet. Hinzu kommen Verbraucherthemen wie Lebensmittelsicherheit, Kennzeichnung und die Ausgestaltung der Politik für den ländlichen Raum. Viele Themen werden am Ende in anderen Ressorts entschieden, weswegen Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD) die Ressortchefin sogar in Schutz vor dem Image der „Ankündigungsministerin“ nimmt.

Ressort in Bewegung

Das Agrarressort ist in Bewegung. Mit den Weggängen der Staatssekretärinnen Julia Klöckner nach Rheinland-Pfalz und dem Wechsel von Ursula Heinen-Esser ins Umweltministerium sind Protagonistinnen für verbraucherrelevante Themen verloren gegangen, beklagte Nicole Maisch (Bündnis 90/Die Grünen). Der Schwerpunkt hat sich in Richtung Agrarpolitik zurückverschoben.
Karin Binder (Die Linke) erläuterte, dass gerade die städtische Bevölkerung neue Anforderungen an den ländlichen Raum stellt. Naherholung, Daseinsvorsorge und Infrastruktur sowie Kindertagesstätten haben mindestens die gleich Priorität wie die Landwirtschaft gewonnen. „Verwilderte Räume“ treffen mit ihren Nöten auch die Städte.
Lag das Dorf früher abseits von Stadt und der Welt hat es sich den Namen „globales Dorf“ durch seine Vernetzung verdient, ergänzt Dr. Edmund Peter Geisen (FDP). Vorausgesetzt das Breitband ist da.
Die Landwirtschaft stellt nur noch einen Teil der Wertschöpfung des ländlichen Raumes. Daher sollten nach Priesmeier die verschiedenen Fördertöpfe aus dem Agrarsektor und den Wirtschaftsbereichen zur Vermeidung von Doppelungen zusammengeführt werden, wie die EU das mit der Neugestaltung der zweiten Säule auch vorhabe [1].
Das könnte dazu führen, den Ressortzuschnitt neu zu gestalten, so Priesmeier. Und Dr. Geisen weiß auch schon wie: „Landwirtschaft, Ernährung und ländlicher Raum“, wäre vorstellbar.

Landwirtschaft ist Gesellschaftshema

Nicht nur die zurückliegende Grüne Woche habe gezeigt, dass die Landwirtschaft als Thema in der Gesellschaft „angekommen wie noch nie“ ist, führte Friedrich Ostendorff (Bündnis 90/Die Grünen; stellvertretender Vorsitzender des ELV) aus. Die vollen Regale und die Suche nach dem günstigen Preis bietet für Alois Gerig (CDU/CSU) eine große Chance, die Themen anzusprechen: Die ganze Bandbreite von der bäuerlichen Landwirtschaft bis zu Agrarexporten.
Welche Landwirtschaft ist aber umstritten. Die Konfliktlinien sind tief und verlaufen durch den ELV, erläuterte Maisch, während Goldmann von „einem hohen Maß an Übereinstimmung“ spricht. Heute wird der Bundesrat über das heftig debattierte Tierschutzgesetz entscheiden [2]: Vermittlungsausschuss oder Annahme? Es bestehe ja Übereinstimmung über das Ende von Mastputen, die ihr eigenes Gewicht nicht mehr tragen können, über Sauen, die mehr Ferkel werfen als sie Zitzen für die Aufzucht haben – aber dafür sei eine Wende zu groß geschnitten. Für Goldmann stehen eher Korrekturen der negativer Auswirkungen an. Für Ostendorff ist die Sache klar: „ Am Schenkelbrand entscheidet sich die Zukunft der schwarz-gelben Koalition!“

Verbraucher

Am Ende wird der Verbraucher entscheiden, welche Agrarstruktur, welche Ausgestaltung des ländlichen Raums den Zuschlag enthält. Das Tierschutz-Label des Tierschutzbundes ist für Ostendorff „ein interessantes Experiment“ [3]. Wenn die Kunden für ein Hähnchen nicht mehr als 1,99 Euro bezahlen wollen, dass wird es schwer sein, gegen diesen Markt eine bestehende Agrarstruktur zu bewahren oder gar noch umzubauen.
Vor diesem Hintergrund legt Priesmeier viel Hoffnung in den neuen Verein „Die Lebensmittelwirtschaft“ [4]. Damit präsentiert sich ein singulärer Ansprechpartner, der Informationen aus seiner Branche kommunizieren kann. Die Fleischbranche hat wegen Werkverträge und Niedriglohn ein schlechtes Image. Goldmann vermisst Berichte über Schlachtfirmen, die ihren Mitarbeitern feste Verträge bieten, Gewerkschaften zulassen und Betriebskindergärten eingerichtet haben. Die gibt es nämlich auch.

Der ELV gilt als Ausschuss mit den meisten Tagesordnungen und den längsten Sitzungen. Das wird auch über das Jahr 2013 hinaus so bleiben.

Lesestoff:

[1] Gegenüberstellung der alten und neuen zweiten Säule der Agrarpolitik

[2] Tierschutznovelle testet die Glaubwürdigkeit der Koalition

[3] Start des Tierschutz-Label

[4] Die Lebensmittelwirtschaft stellt sich vor

Roland Krieg

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