Ende der Weidehaltung?

Landwirtschaft

Vorsorge ist die beste Tiermedizin

Die großen Seuchenzüge in Europa zwischen 1995 und 2005 haben einen immensen Schaden angerichtet. Angesichts von Maul- und Klauenseuche, (MKS), der Aujeszkyschen Krankheit beim Schwein (AK) oder auch die vor kurzem eingeschleppte Blauzungenkrankheit forcieren den Bedarf an einer europäischen Gesundheitsstrategie. Die folgt dem Prinzip, dass Vorbeugen die beste Medizin ist und stellt hält Konzept für eine öffentlichen Diskussion bereit. Nach Werner Schwarz, Bauernpräsident in Schleswig-Holstein, kann der Tierhalter das Konzept nicht alleine tragen. Im Kampf gegen Salmonellen und Influenza muss sich die öffentliche Hand beteiligen, forderte er auf der Grünen Woche in Berlin. Dabei geht es nicht nur um die Frage, ob Rinder und Milchkühe demnächst noch auf die weide dürfen, sondern auch um die wirtschaftliche Frage: ohne gesunde Tiere kein Export, keine Einnahmen.

Gründe für die Strategie

Dr. Alf-Eckbert Füssel aus der EU-Generaldirektion Gesundheit benannte die Gründe für eine gemeinsame Tiergesundheitsstrategie. Zoonosen sind Krankheiten, die wie die Influenza auch eine öffentliche Gesundheitsgefahr darstellen, nur das Prinzip „One Health, one World“ garantiere ein Wirtschaftswachstum, erhalte den Tierschutz und sorge für eine nachhaltige Produktion.
Der Kernbereich der Strategie ist die Biosicherheit auf den Höfen, der Schutz an den Außengrenzen, ein Tiergesundheits-Informationssystem und eine Impfstoffdatenbank.
Für die Seuchenbekämpfung ist en funktionierendes Veterinärwesen grundlegend, weil die Überwachung der Tierbestände mögliche Gefahrenquellen im Vorfeld entdeckt. Beispiel MKS: Die Infektionen in Bulgarien stammen möglicherweise aus der Türkei, in der die Krankheit endemisch ist. Die Betriebe müssen horizontal und vertikal für eine Tiergesundheit zusammenarbeiten.

Neue Gefahren

Nach Dr. Hans-Joachim Bätza, Veterinär aus dem Bundeslandwirtschaftsministerium geht es dabei nicht nur im die klassischen Krankheiten, wie AK und MKS. Im Bereich der Tuberkulose, Brucellose und Leukose hat Deutschland den Status krankheitsfrei erhalten. Es drohen durch Reisetätigkeiten und Klimawandel sowie internationaler Warenströme neue Krankheiten, die sich rasant ausbreiten können.das West-Nil-Virus beispielsweise befällt Pferde, Vögel, Hunde und Menschen. 1999 wurde es auf dem nordamerikanischen Kontinent erstmals in New York ermittelt. Sieben Jahre später ist es in den ganzen USA verbreitet und hat mit 1.100 Todesfällen bei Menschen fünf Prozent der Infizierten getötet. Solche Krankheiten zeigen, dass Tiergesundheit und Seuchenbekämpfung ein Dauerthema sind.

Praxis

Eine Handvoll Schweine hinter der Scheune in der Suhle gehören möglicherweise zu einem Landwirtschaftsidyll, doch ob die durchaus robusteren Tiere den globalisierten Seuchenbedrohungen standhalten können, wird von den meisten Veterinären bezweifelt. Norbert Meyer, Schweinehalter aus Niedersachsen führte auf, welche Maßnahmen in der Praxis getroffen werden, um den Biosicherheitsrichtlinien zu genügen.
Die 4.500 Schweine werden an zwei Produktionsstätten gehalten, Ferkel, Sauen und Masttiere streng getrennt. Ein 1,5 Meter hoher Zaun hält Wild fern, Futtersilos sind außerhalb der Ställe aufgestellt. Wegen Umweltauflagen sind die Ställe mit einem breiten Streifen Grün umgeben, werden aber die letzten fünf Meter vor der Stallwand durch einen Kieselstreifen ersetzt. Sollten Schadnager, die sowieso regelmäßig bekämpft werden, sich Richtung Stall graben, schüttet der Kiesel die Gänge durch die Schwerkraft alleine zu.
Zu den Ställen haben nur Befugte Personen Zutritt, es gibt Hygieneschleusen für Geräte, die ausschließlich für einen einzelnen Stall genutzt werden und die Masttiere werden alle gleichzeitig nach der Rein-Raus-Methode vermarktet, damit Zeit bleibt, die Buchten vor Neubelegung zu desinfizieren.
Meyer hat einen Vertrag mit einem Tierarzt, der die Bestandsbetreuung übernommen hat, Dokumente belegen den Tierbestand und den Arzneimitteleinsatz. Verendete Tiere verlassen den Betrieb auf getrennten Wegen.
Wichtig und nicht zuletzt folgt Meyer der Bauernweisheit: „Das Auge des Herrn, mästet das Tier.“ Damit ist die tägliche und genaue Tierbeobachtung durch den Halter und Mitarbeiter gemeint, der erste Anzeichen erkennen kann, wenn ein Tier krank wird.

Kompromisse

Verbraucher möchten Tiere wieder auf der Weide sehen und verlangen Zutritt zu den Ställen, um sich die moderne Produktion anzusehen. Das wird auch so bleiben. Meyer und Milchviehalter Albert Schulte to Brinke laden dennoch Schulklassen zur Stallbesichtigung ein. Auf das Vertrauen, dass Verbraucher in die Produktion gewinnen können, wollen die Bauern nicht verzichten. Daher wird es, so Schulte to Brinke auch weiterhin eine Weidehaltung geben.

Lesestoff:
Die Tiergesundheitsstrategie der EU finden Sie auf der folgenden Seite: http://ec.europa.eu/food/animal/diseases/strategy/index_en.htm

roRo

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