Endophyt Azoarcus in den Reis bringen

Landwirtschaft

Bakterien statt Stickstoffdünger

Im Kampf gegen den Hunger spielt Reis eine enorme Rolle – 600 Millionen Tonnen werden weltweit von diesem Getreide geerntet. Mit Sorten-Kreuzungen versuchen Pflanzenforscher weltweit, Reis noch gehaltvoller und ertragreicher zu machen. Reisproduzenten setzen vor allem auf die Düngung, um den Ertrag ihres Getreides in die Höhe zu treiben. „Allein in China werden pro Jahr über 20 Millionen Tonnen Stickstoffdünger eingesetzt“, weiß Prof. Dr. Barbara Reinhold-Hurek von der Universität Bremen.

Reis wird oft auch als das „Brot Asiens“ bezeichnet und liefert weltweit rund ein Fünftel der Nahrungsenergie. 2004 hatten die Vereinten Nationen das „Internationale Reis-Jahr“ ausgerufen, um auf die bedeutende Rolle des Getreide aufmerksam zu machen. Um mit dem Bevölkerungswachstum mithalten zu können, müsste die Reisproduktion bis 2025 auf rund 800 Millionen Tonnen gesteigert werden. Doch in den 1990er Jahren beobachtete die FAO zunächst in Thailand und Indien ein langsameres Produktivitätswachstum. Da Reis aber auf sehr vielfältige Weise angebaut wird, konnte keine allgemeine Begründung dafür herausgefunden werden. Manchmal fehlen für den Reisanbau geeignete Böden, manchmal Wasser: Um ein Kilogramm Reis zu erzeugen braucht die Pflanzen etwa 5.000 Liter des kostbaren Nass, was den Grundwasserspiegel in der Ebene um Peking bereits um drei Meter abgesenkt hat. Einer der Empfehlungen der FAO, die Anbauprobleme mit Reis in den Griff zu bekommen, ist eine ausgewogene Düngung.
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Die intensive Düngung hat jedoch erhebliche Nachteile, denn der Energieaufwand bei der synthetischen Herstellung ist enorm hoch. Bei steigenden Preisen für Energien wie Öl und Gas wird auch der Dünger für die Bauern immer teurer. Für die meisten Reisbauern und ihren Familien hängt das Überleben direkt vom Ertrag der Nutzpflanze ab. Zudem wird für jede Tonne Ammoniak als Ausgangsstoff für Stickstoffdünger fast eine Tonne Erdgas benötigt.

Azoarcus aus dem Kallar-Gras
Prof. Dr. Thomas Hurek hatte schon vor Jahren die Entdeckung gemacht, dass im pakistanischen Kallar-Gras das Bakterium Azoarcus Stamm BH72 seinen Wirt mit Nährstoffen versorgt, indem es in den Wurzeln Luftstickstoff in Ammonium umwandelt und damit einen düngenden Effekt bewirkt.

Da Kallar-Gras Leptochloa fusca (L.) Kunth wird mittlerweile seit über 30 Jahren im Punjab als Pionierpflanze auf alkalischen, salzbelasteten und häufig überfluteten Böden angebaut. Die Pflanzen wachsen ohne Stickstoffdüngung und werden als Viehfutter geerntet. Michaela Stommel hatte 1998 in ihrer Doktorarbeit im Fachbereich Biologie an der Universität Marburg geschrieben, dass 1984 erstmals ein gelb pigmentiertes, bewegliches Stäbchen aus der Wurzelzone isoliert und als neue Gattung Azoarcus beschrieben wurde.
Junge Wurzeln werden dabei in den Zonen der Elongation und Differenzierung bevorzugt infiziert und das Bakterium breitet sich dann über das Xylem im ganzen Wurzelbereich aus ohne neue Wurzelzonen besiedeln zu müssen.
Das Bakterium hat die besondere Fähigkeit, in Bereichen der untersten Sauerstoffkonzentration von 1 – 27 Mikromol gelösten Sauerstoffs, die Nitrogenasegene zu dereprimieren: Die Zellen beginnen Liftstickstoff zu fixieren.

Weil das Bakterium in symbiotischen Einklang mit der Nutzpflanze lebt, wird als Endophyt bezeichnet. Und da Azoarcus auch bei Oryza sativa das gleiche Infektions- und Fixierungsverhalten aufweist, könnte es bei der Reisproduktion helfen, Stickstoffdünger einzusparen. „Kern unserer Arbeit ist es, den Reis als weltwirtschaftlich wichtigste Pflanze ohne externe Düngung mit Nährstoffen zu versorgen“, erläutert Thomas Hurek vom Laboratorium der Allgemeinen Mikrobiologie der Uni Bremen.

Genom entschlüsselt
Bakterium und Reispflanze passen aber nicht so einfach zusammen. Um die passenden Partner herauszufinden ist es wichtig, auch das Reis im LaborGenom von Azoarcus zu entschlüsseln. Das ist jetzt dem Bremer Forscherehepaar gelungen und wurde mit einem Artikel in der Fachzeitschrift Nature Biotechnology geehrt.
Es sind aber noch viele weitere Fragen offen: „Wie gelangt das Bakterium in die Pflanze? Was beschränkt eine erfolgreiche Besiedelung? Gibt es je nach Wirt Unterschiede? Warum ist die Bakteriendichte in den Pflanzen so ungewöhnlich hoch und warum erkrankt die Pflanze nicht daran?“ Dr. Barbara Reinhold-Hurek will mit der Entschlüsselung des Bakteriengenoms das „molekulare Zwiegespräch“ zwischen Reis und Azoarcus entschlüsseln. Das Reisgenom ist mittlerweile bekannt.
Jetzt ergeben sich neue Möglichkeiten, denn durch gezieltes an- und abschalten der Gene können Forscher ganz genau hinschauen, was dann passiert.
Das Bakterium hat kaum eigene Enzyme, die normalerweise eine schädigende Wirkung auf Pflanzen haben, und wirkt daher so wie ein „entwaffneter Krankheitserreger“. „Viele Krankheitserreger von Pflanze und Menschen haben normalerweise regelrechte „Giftspritzen“, mit denen sie Eiweiße aus den Bakterien in ihre Wirte injizieren“, erläutert Thomas Hurek – „unser Bakterium nicht.“

Lesestoff:
Der Artikel ist erschienen in Nature Biotechnology Advance Online Publication; doi:10.1038/nbt1243; Krause et al: Complete genome of the mutualistic, N2-fixing grass andophyte Azoarus sp. Strain BH72

VLE, Foto: Dr. Barbara Reinhold-Hurek

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