Energie ist mehr als Mais
Landwirtschaft
Zweites Symposium Energiepflanzen
Als das Benzin teuer wurde, erlebten Energiepflanzen einen Boom. Bald jedoch schienen sie zum „Klotz am Bein“ zu werden: Monokulturen, Intensivlandwirtschaft, Verdrängung von Nahrungspflanzen und Diskussionen über Förderungen füllten die Schlagzeilen. Doch die Branche ist in dieser Form noch gar nicht so alt, auch wenn Biomasse vor dem Erdölzeitalter die primäre Energiequelle gewesen ist. Nur Weniges hat in so kurzer Zeit eine so umfassende Forschungsaktivität hervorgerufen wie die Energie vom Acker. Die Wissenschaft arbeitet oft unbemerkt von der Öffentlichkeit an Lösungen, deren Fragestellungen den meisten Verbrauchern noch gar nicht geläufig ist. Am Dienstag begann das 2. Symposium Energiepflanzen in Berlin, dass einen Überblick über die aktuellen Forschungsaufgaben gibt.
Effizienz in der Produktion
Mit EVA II, dem fortgeschriebenen Verbund „Entwicklung und Vergleich von Anbausystemen für die Produktion von Energiepflanzen“, schärft sich der Blick auf die Realitäten. Denn, so Prof. Dr. Alois Heißenhuber von der Technischen Universität München, letztlich wird die Bioenergielinie den größten Beitrag für eine nachhaltige Energieversorgung erzielen, die den höchsten Flächenertrag aufweist.
Da muss nach Prof. Heißenhuber auch die gegenwärtige Strategie auf den Prüfstand. Gerade unter dem Primat des Klimaschutzes müssten die knappen Ressourcen auf die effizientesten Strategien verteilt werden. Biokraftstoffe und Biogas auf Maisbasis gehören nicht dazu, denn sie weisen mit 150 bis 300 Euro je Tonne vermiedenes CO2 die höchsten monetären Aufwände auf. Heißenhuber empfiehlt die Ausrichtung der Strategie auf die Energielinien, bei denen die Vermeidungskosten bei 50 Euro je Tonne CO2 liegen. Dazu gehöre die Biogasproduktion auf Güllebasis, möglichst zusammen mit einer Kraft-Wärme-Kopplung und eine kombinierte Strom- und Wärmeerzeugung von Hackschnitzeln oder Stroh in Großkraftwerken. Biodiesel und Bioethanol kämen in Deutschalnd nur zum Zuge, wenn die Erzeugungskosten niedrig wären.
Kritik an den hohen Subventionen sieht Heißenhuber positiv. Sie bedeute keine Absage an regenerativen Energien, sondern fordere zur Effizienzorientierung auf. Kurskorrekturen in der Förderpolitik könnten mehr Klimaschutz bei gleichem Aufwand bedeuten, ohne das mehr Agrarfläche beansprucht werden müsste. Der zu Jahresbeginn eingeführte Güllebonus habe die wirtschaftliche Lage der viehhaltenden Betriebe in den Regionen verbessert, in denen die Biogasproduktion die Viehhaltung zu verdrängen drohte.
Grenzen der Energiepflanzen sieht Prof. Heißenhuber in der begrenzten Ackerfläche. Steigende Erdölpreise führten automatisch zu steigenden Preisen im Agrarbereich, während die Solarenergie die steigenden Preise „voll rentabilitätswirksam“ auffangen könnte.
Energiefruchtfolgen
Für Deutschland gibt es zahlreiche Pflanzen, die für die Energieproduktion in Frage kommen und auch Anwendung finden. Abwechslungsreiche Fruchtfolgen erzielen dabei den Vorteil, die Artenzahl auf dem Feld zu erhöhen, die Vegetationszeit mit einer ersten und zweiten Anbaufrucht vollständig auszunutzen, das Ertragsrisiko zu mindern und Vorfruchtwirkungen zu entwickeln, fasst Dr. Armin Vetter von der Thüringischen Landesanstalt für Landwirtschaft zusammen. Prof. Bärbel Gerowitt von der Universität Rostock meint sogar, dass durch die enger werdenden Fruchtfolgen im Nahrungsbereich, die Energiepflanzen die Aufgabe der Erhaltung der Biodiversität sichern.
Den Vorteilen stehen aber auch Nachteile gegenüber. Hinsichtlich Bodenauswahl, Vermarktung der einzelnen Fruchtarten und verschiedener Erntezeitpunkte kommen höhere Investitionskosten und Managementsaufwände auf die Betriebe zu. Werden die Pflanzen als ganzes genutzt, dann sind die Energiepflanzenfruchtfolgen humus- und nährstoffzehrend.
Generell sind aber, so Prof. Vetter für jeden Standort eigene Fruchtfolgen aufzubauen. Mehrjährige Ackerfuttermischungen erzielen auf trockenen Standorten Flächenleistungen bis zu über 200 Dezitonnen Trockenmasse je Hektar. Mit Sonneblumen, Topinambur und Miscanthus stehen interessante Pflanzen zur Verfügung, die aber aus ökonomischer Sicht mit einer niedrigen Methanausbeute hinten anstehen. Entgegen den Erwartungen beinhaltet der dritte und vierte Grasschnitt gute Biogaseigenschaften, so dass viehhaltende Betriebe dazu übergegangen sind, nur noch die beiden ersten Grasschnitte für die Futterproduktion zu verwenden. Für Dauergrünlandgebiete biete die Biogasproduktion eine gute Alternative, so Prof. Vetter.
Anfang Januar 2010 soll ein mehr als 100-seitiges Buch bei der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) detailreich über die Forschungsergebnisse berichten: „Standortgerechte Anbausysteme im Energiepflanzenanbau“.
Morgen: Zuckerhirse oder Mais?
roRo