Energiekonzept oder -konzeptchen?
Landwirtschaft
Energie: Politik weiter als die Realität
Der Montag stand ganz im Scheinwerfer des
bundesdeutschen Energiekonzeptes. Die Diskussion um die Atomkraft überstrahlt
alles andere. Doch Hessens Umweltministerin Lucia Puttrich sagte vergangenen
Freitag zu Herd-und-Hof.de auf der Umweltministerkonferenz, dass es keinen
Ausstieg ohne Einstieg gebe. Der Blick auf den Referentenentwurf zur Novelle
des EEG ist aber als Einstiegsszenarium nur wenig vertrauenswürdig. Die Politik
will nachbessern.
Ob das aber reicht, muss sich erst noch beweisen. Die
Energiewende ist mehr als ein Windkraftrad und eine Biogasanlage. Ob die
Energiewende derzeit dezentral oder doch zentral ausgelegt werden muss, ist
ebenso noch umstritten. Ein am Montag in Brüssel vorgestellter Bericht der
Unternehmensberatung PwC, des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK),
des International Institute for Applied System Analysis sowie der Smart Energy
for Europe Platform (SEFEB) zeigt die unterschiedlichen Fortschritte auf den
einzelnen Sektoren auf dem Weg zur Energiewende.
Hohe Investitionen
Nach dem Bericht sind die weltweiten Investitionen in
erneuerbare Energien im letzten Jahr um 30 Prozent auf 243 Milliarden US-Dollar
angestiegen. Ein Rekord, doch nur ein Bruchteil dessen, was für 100 Prozent
erneuerbare Energien bis zum Jahr 2050 notwendig wäre.
Gute Noten bekommt die Politik. Trotz Enttäuschungen
wie dem Kopenhagener Klimagipfel zeige sich die Politik in der EU und
Nordafrika engagiert, ihre Ziele bis 2020 zu erreichen. Demgegenüber bekommt
der Ausbau der Infrastruktur die rote Karte gezeigt. Zwar hat die EU einen
Zehnjahresplan für en Netzausbau vorgelegt, doch die Verbindungen zwischen den
Ländern lassen zu wünschen übrig. „Heute ist es kaum noch möglich, auch nur
eine einzige Stromleitung von einem Land in ein anderes zu führen – die
Rechtsvorschriften sind ineffizient und die öffentlichen Widerstände oft
stark“, kommentiert Antonella Battaglini vom PIK den Leitungszustand. „Wenn wir
nicht heute noch mit dem Aufbau der Infrastruktur für ein SuperSmart Grid in
Europa und Nordafrika beginnen, also für schlaue und länderübergreifende
Stromnetze, können wir den Traum aufgeben, bis 2050 den Strom zu hundert
Prozent aus erneuerbaren Energien zu beziehen.“
„Die Ausweitung der erneuerbaren Energien ist für die
SEFEB von zentraler Bedeutung“, sagte Martin Rocholl. „Dieser Bericht zeigt,
dass wichtige Schritte gemacht wurden – aber auch, dass ohne eine langfristige
Vision, politische Führung und eine auf Dauer angelegte Regulierung die
gesetzten Ziele schwer zu erreichen sein werden.“
Kritik an Desertec
Nordafrika spielt eine wichtige Rolle, da dort ein
Teil des Stroms aus Sonnenenergie der Wüste gewonnen werden sollen. Mitte Mai
wurde auf einem Symposium des Deutschen Elektronen –Synchroton (DESY) Kritik an
diesem Desertec-Plan geübt. Rund 15 Prozent des europäischen Strombedarfes
sollen aus der Wüste mit Höchstspannungsleitungen an verschiedene
Verbrauchsorte in Europa transportiert werden. Nach rund 400 Milliarden US-Dollar
Investitionen soll der Wüstenstrom fließen.
Mico Tatalovic berichtet auf SciDev.net, dass sich die
Kritik an dem Top-Down-Ansatz orientiert. Die Planungen berücksichtigten nicht
die Wünsche der lokalen Bevölkerung. Sie seien nicht nach ihren Energiewünschen
befragt worden und die Anlagen nähmen Nomaden traditionelles Land weg. Der
Ansatz von oben herab folge der geografischen Nord-Süd-Achse und von der
Regierung auf die lokalen Gemeinden vor Ort. Die Technik werde von außen zur
Verfügung gestellt. Die lokale Forschung und Wissenschaft habe daran keinen
Anteil. Odeh Al-Jayyousi aus Jordanien, Direktor der Internationalen Union für
den Umweltschutz forderte eine stärkere Beteiligung der Menschen vor Ort an dem
Projekt. Der Arabische Frühling biete eine ausgezeichnete Gelegenheit für die
Partizipation.
Neues Energiekonzept
Nach dem
neuen Energiekonzept der Bundesregierung will Bundeskanzlerin Dr. Angela
Merkel „unseren verbrauchten Strom
selbst erzeugen“. Gemeint ist damit der Nettobedarf, denn es werde immer
Stromflüsse geben, die zwischen den europäischen Ländern fließen. Die
erneuerbaren Energien sollen dann einen Anteil von 35 Prozent haben. Gerade bei
den erneuerbaren Energien lerne man ständig dazu. „Es wird jetzt immer mehr
Kombinationen geben, also zum Beispiel, dass man Windkraft mit Biomasse und
andern Formen vernetzt und daran dann auch Speichertechnologien anschließt“.
Das EEG soll
nach Umweltminister Dr. Norbert Röttgen „einen ausdrücklichen Beitrag“ liefern.
Das EEG sei ein „elementarer Teil des Einstiegs“. Offen ist ja, ob das EEG beim
Kabinettsbeschluss am 06. Juni als ganzes beschlossen wird, oder zunächst nur
Eckpunkte. Röttgen dazu wörtlich. „Ich habe eben einige Elemente des EEG
erwähnt, das Teil des Kabinettsbeschlusses am 06. Juni sein wird und dann in
die parlamentarische Beratung geht.“
Lesestoff:
Den Bericht über die Engpässe und funktionierenden Ansätze der Energiewende finden Sie unter www.pwc.com/en_GX/gx/eu-institutions-services/assets/renewables-Exec-sum.pdf