Energiewende in der Praxis
Landwirtschaft
Projekttag Bioenergie 2050
Heute entscheidet der Bundesrat, ob die Gesetze zur
Energiewende schnell umgesetzt werden, oder der Vermittlungsausschuss
einbezogen wird. Zurückliegende Diskussionen über die Validität der dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) zugrunde liegende Daten,
das Vorhandensein von 27 Bürgerinitiativen in Brandenburg gegen Windkraft oder
die Diskussion um das E10-Benzin verdecken zweierlei: Einmal die Notwendigkeit
eines tiefgreifenden Wandels von der fossilen zur erneuerbaren
Energieversorgung, zum anderen die Arbeit zahlloser Forscher an Antworten,
deren Fragen die meisten Konsumenten noch nicht einmal kennen.
Der Projekttag „Bioenergie 2050 – Auf dem Weg zur
Umsetzung des Energiekonzeptes der Bundesregierung“ am Donnerstag in Berlin hat
Einblick auf das Volumen des Wandels gegeben und ein Schlaglicht auf die
aktuelle Forschung über gasförmige, feste und flüssige Bioenergie.
„Königsenergie“ Biomasse
Nach Clemens Neumann, Abteilungsleiter aus dem
Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung (BMELV), bleibt die Biomasse
der bedeutendste Träger der erneuerbaren Energien. Den Anteil erneuerbarer
Energie am Endverbrauch soll von heute elf auf 18 Prozent im Jahr 2020 fast
verdoppelt werden und im Jahr 2050 sollen es sogar 60 Prozent sein. Das sei nur
durch Anstrengungen aller Beteiligten zu erreichen, so Neumann.
Die Biomasse hat das Potenzial, den Wandel hin zu
erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Sie sei die „Königsenergie“, weil sie
Speicherbar und damit jederzeit abrufbar ist. Sie kann gasförmig, flüssig und
fest sein. Im letzten Jahr haben alle großen und kleinen Biogasanlagen zusammen
genauso viel Strom produziert, wie Photovoltaikanlagen, so Neumann.
Wandeln, Sparen und Politik
Dr. Andres Schütte, Geschäftsführer der Fachagentur
Nachwachsende Rohstoffe (FNR), präzisiert den Änderungsbedarf. Im Jahr 2008 hat
Deutschland 14.191 Petajoule (PJ)
Energie verbraucht. Biomasse hatte einen Anteil von 888 PJ. Im Szenario
bis 2050 soll Biomasse 2.154 PJ leisten, der Energiebedarf aber um die Hälfte
auf 7.021 PJ gesunken sein. Schon allein für die Halbierung des Energiebedarfes
in den nächsten 40 Jahren muss einiges getan werden, so Dr. Schütte. Und
Biomasse muss fast die dreifache Energiemenge liefern.
Um ein Petajoule Energie zu erhalten müssen bei einem
Wirkungsgrad von 90 Prozent für Wärmeenergie und einem Ernteertrag von 10
Tonnen Trockenmasse je Hektar rund 5.600 Hektar Ackerfläche genutzt werden.
Derzeit werden die Zahlen für die aktuelle Anbaufläche
von nachwachsenden Rohstoffen zusammengetragen. Nach erster Sichtung ergibt
sich laut Dr. Schütte mit etwa 2,25 Millionen Hektar eine leichte Steigerung
zum Vorjahr mit 2,151 Millionen Hektar. Zwischen drei und vier Millionen Hektar
stünden für den Energiepflanzenanbau zur Verfügung ohne in Konflikt mit dem
Anbau für Nahrungsmittel zu kommen.
Damit das ganze auch funktioniert, müssen die
Rahmenbedingungen stimmen. Die meisten sind nach Dr. Schütte nicht konsistent.
Für den Gesamtbereich der Land- und Forstwirtschaft spielt die Gemeinsame
Agrarreform die bedeutendste Rolle, die bei der EU noch in Abstimmung ist. Auf
der nationalen Ebene dreht eine Vielzahl an Gesetzen an den Stellschrauben der
Umsetzung. So sind im Wärmebereich neben dem Baurecht auch das
Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz wichtig. Im Bereich der Stromerzeugung wird
gerade das EEG novelliert. Auch die Biomasse-Strom-Nachhaltigkeitsverordnung
fördert oder hemmt den Ausbau von Biomasse. Im Bereich der Kraftstoffe üben das
Biokraftstoffquotengesetz und das Energiesteuergesetz ihre Einflüsse aus.
Teil II am Montag (Forschung zur besseren Bereitstellung von Energieträgern (Pflanzenzucht und mehrjährige Kulturen). Forschung im Bereich Konversion der Biomasse zu Energie: Biogas, Lowdust-Feuerung und Bioethanol)
Lesestoff:
Die FNR hat
einen Potenzialwürfel gestaltet, der die verschiedenen Ausgangsmaterialien
quantifiziert.
Roland Krieg