Energiewende

Landwirtschaft

Deutschland forciert den Aus- und Einstieg

Der Zeitplan bleibt knapp. Alle Gesetzentwürfe für die Energiewende werden heute im Kabinett gemacht. Am 17. Juni soll die erste Beratung im Bundestag stattfinden, die zweite und dritte Lesung soll am 30. Juni durchgeführt werden und die Beratung im Bundestag ist auf den 08. Juli terminiert. Nach Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen soll der fraktionsübergreifende Beschluss die „Unumkehrbarkeit“ der Energiewende verdeutlichen.
Dann soll im Rahmen der Energiewende der Ausstieg aus der Atomenergie, der Einstieg in die erneuerbaren Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz unter Dach und Fach sein. Das ehrgeizige Programm dringt bis nach Washington vor. In einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel von heute bezeichnete US-Präsident Barack Obama den Weg als „vorbildlich“. „Von Deutschland können wir manches darüber lernen, wie mehr Umweltfreundlichkeit zugleich zu mehr Wachstum führen kann.“
Dr. Reiner Haseloff, Ministerpräsident aus Sachsen-Anhalt betont, dass der Einstieg in die erneuerbaren Energien zeitgleich bis zum Ausstieg aus der Atomenergie 2022 abgeschlossen sein werde. Gas und Kohle sind die Brückentechnologien für den Übergang.
Auf der Agenda stehen Atomgesetz, Netzausbaubeschleunigungsgesetz, Energiewirtschaftsgesetz, ein Teil des Baugesetzbuches, das Gesetz über den Energie- und Klimafonds, das Kraftwärmekoppelungsgesetz sowie die EEG-Novelle.

Bund-Länderaufgabe

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in der am Freitag vorangegangenen Ministerpräsidentenkonferenz vorgeschlagen, beim Netzausbau die Raumordnung und Planfeststellung beim Bund zu belassen, während die Länder die Planfeststellung gerne bei sich behalten würden. Merkel versprach „dass wir nicht gegen die versammelte Meinung der Länder agieren, sondern eine vernünftige Lösung finden wollen.“ Nach Dr. Haseloff sei der Bund die richtige Stelle, da die Netze länderübergreifend aus- und neugebaut werden müssen.
Im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) werde es keine Privilegierung der Offshore-Windenergie gegenüber der Onshore-Windenergie geben.
Mehr als 1,5 Milliarden Euro werden in die Gebäudesanierung gesteckt. Für die SPD noch zu wenig, weil vor allem in diesem Bereich ein großes Arbeitskräftepotenzial liegt.
Der Umstieg auf erneuerbare Energien stellt die Industrialisierung Deutschlands nicht in Frage. Derzeit stellen sie bereits 17 Prozent des Stroms, haben Deutschland nicht deindustrialisiert und schaffe neue Arbeitsplätze.
Für die Finanzierung sollen die Gelder des Emissionshandels in den energie- und Klimafonds gehen. Nach Kraft sollen die Länder ein Mitspracherecht über die Zuschneidung der Förderprogramme erhalten. Es könne nicht sein, so Kraft, dass Länder, in denen die Erlöse entstehen, nicht an der Förderung beteiligt sind, weil sie die Zertifikate kaufen müssen.

Den Teufel im Detail suchen

Die nächsten Wochen bleiben spannend. Denn wer schnell handelt, kann Fehler machen. Kritik an der Energiewende kommt von Eurosolar. Werde das Gesetzespaket im Hauruck-Verfahren beschossen, „wird Umweltminister Dr. Röttgen als Totengräber der erneuerbaren Energien in die Geschichte eingehen“, kommentiert Eurosolar-Vizepräsident Dr. Fabio Longo. Es werde sich zeigen müsse, wie dezentral die Energiewende sein werde, so Dr. Longo. Die vorliegende Fassung des EEG werde das Tempo der Energiewende „massiv drosseln“ und schon in wenigen Jahren zum Erliegen bringen. Die Wachstumsraten für Onshore-Wind, Photovoltaik und Biogas würden einbrechen.
„Ohne ausgewogene Diskussion wird das Energiekonzept im Eiltempo durchgezogen“, fürchtet Hans Müller, Generalsekretär des Bayerischen Bauernverbandes. Das Konzept der erneuerbaren Energie müsse so gestaltet werden, dass die Ziele der Nachhaltigkeit auch in Bezug auf den Klimaschutz, der Entwicklung der ländlichen Räume und der Wahrung des Grundeigentums zum Tragen komme. Die Förderung großer Anlagen entziehe vielen bäuerlichen Betrieben die Rohstoffsicherheit in ganzen Regionen. Damit würden die „Chancen auf dezentrale Energieversorgung durch hofnahe, standortangepasste Biogasanlagen vertan“, sagte Müller am Freitag.
Unzufrieden ist er auch mit der Möglichkeit, dass Kommunen für neue Leitungstrassen innerhalb der Gemeinden ein Entgelt bezahlen müssten.

35, 40, 100… Prozent

Die Eile hat schon im Vorfeld zu verschiedene angaben über deb Anteil der erneuerbaren Energien im Jahr 2020 geführt. Die Bundeskanzlerin sprach immer von 35 Prozent, die Umweltministerkonferenz unter Leitung von Umweltminister Dr. Norbert Röttgen zuletzt von 40 Prozent. Offenbar behält die Kanzlerin recht. Die 35 Prozent Anteil sind Bestandteil des alten Energiekonzeptes und werden beibehalten, hieß es am Freitag aus dem Umweltministerium. Das wäre immerhin eine Verdoppelung innerhalb von zehn Jahren.

Vor Durban

In den beiden letzten Monaten des Jahres 2011 wird es in Durban neue Klimaverhandlungen für das Nachfolgeabkommen nach Kyoto geben. In Bonn treffen sich parallel zur deutschen Energiewende bis zum 17. Juni Delegierte aus mehr als 190 Staaten, um an verbindlichen Lösungen zu arbeiten. Das Thema wird immer drängender, betont Barbara Lueg, WWF-Referentin für internationale Klimapolitik: "Die Treibhausgasemissionen, die für den weltweiten Klimawandel verantwortlich sind, haben 2010 neuen Rekordwerte erreicht. Wir brauchen rasche Erfolge im Kampf gegen den Klimawandel, wir haben keine Zeit für diplomatische Ränkespiele.“
Die Bonner Vorarbeiten sollen sich nach dem WWF auf die Themenblöcke Emissionsvermeidung und Finanzmittel für den Klimaschutz fokussieren. Bei der Emissionsminderung drohe eine Verwässerung des Zieles, den Temperaturanstieg auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. Die Ankündigungen ließen einen Anstieg von drei bis vier Grad zu. Beim Klimafonds stehe immer noch nicht fest, wer welche Mittel einzahlen wird. In Bonn könnten innovative Finanzquellen ausgearbeitet werden.

Roland Krieg

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