Erdbeeren werden vom Roboter gepflückt

Landwirtschaft

Weltpremiere Pflückroboter für Erdbeeren auf der Fruit Logistica

Octinion pflückt Erdbeeren

Erdbeeren für die Selbsternte wird es immer geben. Ganze Familien ziehen mit Eimerchen los und naschen ohne Ende zwischen den Reihen der Erdbeersträucher, während die Sonne brennt. Beruflich allerdings vergeht den meisten der Spaß nach einem halben Tag. Die Ernte von Obst und Gemüse ist sehr aufwendig und braucht eine hohe Zahl an Saisonarbeitskräften. Die allerdings sind immer schwieriger zu bekommen. Zum einen sorgt der demografische Wandel für Lücken bei der jungen Wanderbevölkerung, zum anderen macht der Mindestlohn die menschliche Arbeit immer teurer. Nach Dr. Tom Coen von der Firma Octinion sind das weltweite Trends. Coen hat auf der Fruit Logistica nach drei Jahren Entwicklungsarbeit   in einer Weltpremiere den Pflückroboter für Erdbeeren Octinion vorgestellt.

Die Firma aus dem belgischen Leuven ist nicht die einzige, die an Vollerntemaschinen arbeitet. Entwicklungen für die Erdbeerernte werden an verschiedenen Orten vorangetrieben. Octinion allerdings ist ein ganzes Pflege- und Erntesystem.

Verbraucher werden sich von den herkömmlichen Erdbeerfeldern verabschieden müssen. Ressourcenschonender werden sie in Gewächshäusern auf Tischen angebaut. So entfällt schon bei der Handernte das lästige Bücken. Der Greifarm des Octionion  kann hier auch die Erdbeere von unten greifen und seitwärts mit einer 90-Grad-Umdrehung vom Strauch abpflücken – so wie die menschliche Hand es auch macht. Systeme, die Erdbeeren vom Stiel abschneiden, müssen diesen erst finden.

Kameras identifizieren reife, rote und gesunde Erdbeeren und der Greifarm kann sie sortenrein nach Gewichtsklasse in verschiedene Körbchen ablegen. Der Greifarm mit leeren Kisten wird auf ein Modul gesetzt, das autonom oder auf Gleisen zwischen den Reihen fahren kann und wie ein autonomer Rasenmäher selbstständig zur Ladestation fährt.

Octinion am Erdbeertisch

Das Modul kann auch Pflegearbeiten ersetzen. Während Menschen meist nur einen Teil des Gewächshauses betrachten, hat die digitale Kamera die ganze Fläche im Blick und kann den erntereifen Teil identifizieren. Mehr als ein Steuerungsraum für den Betriebsinhaber ist nicht notwendig, erklärte Coen. Kurzwelliges UV-C-Licht zerstört Pilze. Die Erkenntnis ist nicht neu, wird in Gewächshäusern allerdings nur selten angewandt. Es ist zu teuer, entsprechende Strahler während der Vegetationsperiode mehrmals durch die Gänge zu schieben. Mit einem entsprechenden Aufsatz kann die mobile Plattform Lichtmodule durch die Gänge fahren, wenn sie nicht gerade den Erntearm trägt. Die Fungizidanwendung in den Gewächshäusern konnte mehr als halbiert werden.

Erdbeeren sind druckempfindlich, doch überraschenderweise sind Druckschäden nicht das Problem der Ernteroboter. Sie pflücken die sensiblen Früchtchen sorgsamer als Menschen und auch nach der Ernte sind die Anteile an Ernteschäden geringer. Problematischer sind die Erdbeerpflanzen selbst. Daher führt die Automatisierung zu neuen Sorten, die weniger verzweigt sind und dem Greifarm freie Bahn zur reifen Frucht bieten. Das allerdings ist bei Vollerntern wie bei Heidelbeeren, Gurken oder Rosenkohl nicht anders.

Nach dem Sortieren können die Kisten über Logistikfahrzeuge aus dem Gewächshaus in die Vertriebskette gebracht werden. Über die Kosten für den Roboter schweigt Coen sich aus. Pilotprojekte für die erste Vollautomatische Ernte starten in diesem Frühjahr in Großbritannien und den Niederlanden. Ab 2020 sollen die Maschinen in den Verkauf gehen. Mit fünf Sekunde pro Erdbeere Pflückzeit, drei sollen noch möglich sein, seien die Kosten mit der Handernte vergleichbar.

Roland Krieg; Foto: roRo

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