Erfolg in Nagoya

Landwirtschaft

Biodiversitätskonferenz gilt als gelungen

Die Vertragsstaatenkonferenz zur Biodiversität in Nagoya stand 11 Tage lang im Fokus, dass der Verlust an Biodiversität im Jahr 2010 nicht aufgehalten werden konnte. Im Gegenteil, die Verlustrate erhöhte sich. Vertreter aus 177 Ländern wollten in Japan darüber beraten, was gegen den Verlust der Artenvielfalt getan werden konnte.
Drei Aufgaben wurden in Japan verfolgt, die nach Ryu Matsumoto, dem japanischen Umweltminister unzertrennlich zusammengehören: Neue Ziele gegen das Artensterben definieren, nach Ressourcen suchen, den Verlust zu stoppen und die genetischen Reserven der Welt gemeinsam zur Verfügung zu stellen. Melchiade Nukuru vom Desertification Convention Secretariat verdeutlichte die Zusammenhänge mit einem traditionellen Bild: „Meine Mutter hat den Kochtopf immer auf drei Steine gestellt. Sie sagte: Wenn wir einen Stein wegnehmen, dann gehen wir hungrig ins Bett!“.

Schutzgebiete zahlen sich aus
Die Aufforstung des Regenwaldes in Madagaskar kostet nach Aussage von Leon Rajaobelina von Conservation International rund 700 US-Dollar je Hektar. Die Abholzung zu vermeiden lediglich sieben. Die Ökonomie der Umweltressourcen (TEEB) machen die Werte sichtbar. Das ist notwendig, denn Kollege Carlos Rodriguez führte an, dass Kaffee und Bananen immer noch vor dem Regenwald als wichtigere Wirtschaftsfaktoren angesehen werden. Die Dinge ändern sich. Gerade Costa Rica lernt, dass der Nationalpark den Kommunen etwa 1,3 Milliarden US-Dollar erzielt.
Der Wert ist mehr als die Bruttosozialproduktion, heißt es in Nagoya. Rosimeiry Portela von Conservation International berechnet dem Amazonas auf Grund seiner Photosytheseaktivität und Biodiversität einen jährlichen Wert von bis zu 3 Milliarden US-Doller zu. Den gleichen Wert erreicht der Fluss durch seine Anteil am Wasserkreislauf. Die Nahrungsmittel, die der Regenwald um den Amazonas den Menschen bereit hält beziffert Portela auf 5 Milliarden US-Dollar, so dass jährlich rund 11 Milliarden US-Dollar Wertschöpfung erzielt werden.

Bauern reden anders
Während die Staatenvertreter in Nagoya den Zusammenhang in kleine Boxen und Aufgaben packen, sprechen die Bauern vor Ort eine andere Sprache, sagte Sem Shikongo aus Namibia. „Wir hören die Kleinbauern nicht separat über Klimawandel, Biodiversität und Desertifikation sprechen. Für sie ist das alles das gleiche Thema.“ Der Schlüssel zum Thema ist die Brücke zwischen hoher Politik und „Anwender“ vor Ort zu bilden. Wenn dieses Zusammenspiel nicht funktioniert, seine Tagungen wie in Nagoya Verschwendung. Letztlich ernähren rund 500 Millionen Kleinbauern in den trockenen Ländern mehr als zwei Milliarden Menschen, ergänzt Ukiko Omura vom International Fund for Developement. Ihnen bleiben jedoch die Zugänge zu Krediten, Land und Betriebsmittel oft versperrt.

Wasser ist dringlich
Was die Menschen zuerst trifft, ist die Wasserkrise, befürchtet Peter Bridgewater vom englischen Joint Nature Conservation Committee: „Trotz der dunklen Wolken des Klimawandels, sind Verfügbarkeit und Sauberkeit des Wassers die ernsthafteste Herausforderung der Welt:“ Eine höhere Biodiversität sei der Schlüssel zu sauberem Wasser. Seit 1900 ist aber die Hälfte der weltweiten Feuchtgebiete verloren gegangen. Hauptsächlich wurden die Flächen für die landwirtschaftliche Nutzung trocken gelegt. Nach Prof. Jim Harris von der Crainfield Universität in England stellte fest, dass das Zusammenspiel zwischen Wasser, Boden, Topographie, Mikroorganismen, Pflanzen und Tieren das effektivste Ökosystem der Welt sind – aber immer noch nur unvollständig verstanden. Die Menschen ziehen zahlreiche direkte und indirekte Nutzen aus den Feuchtgebieten und führt die Region Hadejia-Nguru im Norden Nigerias als Beispiel an. Erst die saisonalen Überschwemmungen sichern den Menschen, Pflanzen und Tieren das Überleben in der Region.

Kurzergebnis:
Die Vertragsstaatenkonferenz im japanischen Nagoya hat am Freitag eine neue Strategie für die Jahre 2011 bis 2020 verabschiedet, verbindliche Finanzierungsziele aufgestellt und international verbindliche Regel für den Zugang zu genetischen Ressourcen vereinbart. Die nächste Konferenz findet 2012 in Indien statt. Bis dahin müsse ein konkreter Fahrplan ausgearbeitet sein, um ihn dann mit finanziellen Mitteln zu realisieren.

Röttgen erkennt ein Aufbruchsignal
Die Abschlüsse in Nagoya wertet Bundesumweltminister Norbert Röttgen als Aufbruchsignal. !in Japan hat die internationale Staatengemeinschaft die überfällige Trendwende eingeleitet, um den anhaltenden Raubbau an der Natur zu stoppen.“
Als Durchbruch bezeichnete der Minister die Vereinbarungen über die Nutzung der genetischen Ressourcen. Nagoya würde der Biopiraterie ein Ende setzen und einen Nutzen für alle herstellen. Ein Fonds soll das regeln, was nicht eindeutig zu klären sei.
Zufrieden zeigte sich Röttgen auch mit der Verknüpfung der Themen Biodiversität, Wald- und Meeresschutz.

„Hoffnungsvolle Signale“
Auch der BUND sieht „hoffnungsvolle Signale, dass die Weltgemeinschaft das Ruder zur Rettung der biologischen Vielfalt noch herumreißen kann.“ Wichtig sei die Vereinbarung, bis 2020 alle umweltschädigenden Subventionen zu beseitigen. „Damit wird die Naturzerstörung mit Hilfe von Steuergeldern endlich ein Ende gesetzt“, erklärte BUND-Vorsitzender Hubert Weiger. Bis 2020 soll die Überfischung der Meere und das Überdüngen der Felder beendet sein.

Mehr Biotope in NRW
Nordrhein-Westfalens Landwirtschafts- und Umweltminister Johannes Remmel sieht in dem Ergebnis von Nagoya eine Aufforderung mehr für die Biodiversität zu tun. „Es gibt nur wenige großflächige Gebiete, in denen Artenvielfalt und Biodiversität noch in der Fläche funktionieren. Mit über 900 gefährdeten Arten ist beispielsweise der Truppenübungsplatz Senne der bedeutendste Hotspot der biologischen Vielfalt in unserem Land.“ Außerdem will NRW eine Biodiversitätsstrategie erarbeiten, die konkrete handlungs- und Zeitpläne für den Erhalt festlegt. Ausdehnen will Remmel auch den landesweiten Biotopverbund.

Naturschutz und Landwirtschaft
Landwirtschaft und Naturschutz können nur gemeinsam an den Ergebnissen arbeiten, sagte Kerstin Krohn von der Fördergemeinschaft Nachhaltige Landwirtschaft (FNL). Sie koordiniert eine neue Plattform „Innovation und Naturhaushalt“, die Vertreter von Landwirtschaft, Umweltschutz und weitere Interessensgruppen zusammenbringen will. „Anhand praktischer Beispiele, informativer Thementafeln und vieler anderer Kommunikationsmittel wollen wir zeigen, welchen Beitrag eine innovative und nachhaltige Landwirtschaft zur Erfüllung des Auftrages der Artenschutzkonferenz leisten kann“, erklärte Krohn am Freitag. Bereits auf der Grünen Woche im Januar soll die Initiative der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Ein Schwerpunkt sei Landwirtschaft und Imkerei.

Lichtblick Nagoya
Auch der WWF sieht Licht am Ende des Tunnels und ist mit den Ergebnissen zufrieden. Die Konferenz habe wichtige Blockaden aus dem Weg geräumt. „Auch wenn bei internationalen Verhandlungen meist der Langsamste das Tempo vorgibt, sind wir einen wichtigen Schritt vorangekommen“, fasst Eberhard Brandes, Vorstand des WWF. In den Vordergrund rückt der WWF das Access and Benefit Sharing (ABS), der Vereinbarung über einen gerechten Vorteilsausgleich bei der Nutzung natürlicher Ressourcen. Die Vereinbarung schließe auch Krankheitserreger ein, womit beim Auftritt einer neuen Krankheit schneller ein Medikament entwickelt werden könne.

Sachsen ist gut gerüstet
Umweltminister Frank Kupfer aus Sachsen sieht sein Bundesland anhand der Ergebnisse bereits gut gerüstet. Achsen hat in einem Strategieplan zur Erhaltung der Artenvielfalt 75 konkrete Projekte aufgelistet. Gesichert werden beispielsweise die 270 Fauna-Flora-Habitat-Gebiete, die mittlerweile mehr als neun Prozent der Landesfläche ausmachen. Neben dem Lerchenfenster wird auch das Programm für den Weißstorch weitergeführt. Die Gebiete sollen Managementpläne erhalten, Tiere und Pflanzen stärker zu schützen. Seeadler, Wolf und Luchs führt Kupfer als Erfolge de bisherigen Umsetzungen an.

Meilenstein Nagoya
Als Meilenstein bezeichnete der Nabu die Ergebnisse der Konferenz. „Nach der kalten Dusche von Kopenhagen ist die Hoffnung zurückgekehrt, dass die Regierungen der Welt doch noch gemeinsam wichtige Beschlüsse für die Rettung des Planeten treffen können“, so Olaf Tschimpke, Präsident des Nabu. Tschimke forderte die Umsetzung auch in Deutschland ein. Dazu müsste bis 2020 die nachhaltige Landwirtschaft umgesetzt sein.

Wie viel Geld?
Etwas Kritik ließ sich an der Konferenz dann doch noch finden: Derzeit bleibt offen, wie viel Geld in die Hand genommen werden muss, um den Rückgang der Artenvielfalt zu stoppen. Die Vorstellungen gingen weit auseinander: Zwischen 30 und 300 Milliarden Euro pro Jahr sollen notwendig sein. Japan hat „als Startgeld“, so der WWF, mit zwei Milliarden US-Dollar für die nächsten drei Jahren den Anfang gemacht.

Lesestoff:
www.cbd.int
www.natur.sachsen.de

VLE

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