Erwünschte und unerwünschte Gastbäume
Landwirtschaft
Welche Baumarten sind invasiv?
Seit Jahrhunderten streiten Förster darüber, welche Baumarten invasiv sind. Aktuell gipfelt der Streit um die Douglasie (Pseudotsuga menziesii, Foto links), die schon als heimischer Waldbestandteil angesehen wird – oder als invasive Baumart, die wieder verschwinden sollte.
Dabei ist die Natur Schwankungen unterworfen. Eis- und Warmzeiten im Wechsel mit eingestreuten Zwischeneiszeiten haben die Vegetation immer wandern lassen, so dass eine Abgrenzung heimischer Pflanze nicht einfach ist. Ohne die Alpen wären die nach Süden ausgewichenen Pflanzen wieder wiedergekommen, Aber weil deren Ost-Westbarriere die Rückkehr erschwerte ist der Waldbestand nördlich der Alpen unterschiedlich zum mediterranen Süden.
Zusätzlich hat der Mensch immer wieder „neue Bäume“ zuerst in Gärten ausgestellt und auch in den Forstbestand übernommen. War es Gefallen an der Erscheinungsform, wurde tatsächlich eine Nutzung erwartet, sollten heimische Forstbestände „bereichert“ werden oder, aus heutiger Sicht, soll ein klimastabiler Mischwald entstehen? Egal: Der Wald ist alles andere als statisch und Wissenschaftler zählen in Deutschland und Österreich heute mehr als 1.000 so genannte Neophyten.
Warum soll der Wald Bäume eine Ausnahme bilden? Invasiv wären strenggenommen auch Mais, Kartoffeln und Kopfsalat. Mais und Kartoffeln sind aus der „neuen Welt“ nach Europa gekommen und der Kopfsalat stammt ursprünglich aus Vorderasien.
„Invasive“ Pflanzen sind also schwer abzugrenzen. Oft wird dabei ein „Unerwünschtsein“ verbunden, das nur schwer zu definieren ist. Invasiv wird als gefährdend für heimische Pflanzen empfunden, wenn sie ein hohes Reproduktions-, Ausbreitungs- und Verdrängungspotenzial haben. Für eine Regelung gibt es einen europäischen Forschungsansatz. „In Deutschland wird durch die Neufassung des Bundes-Naturschutzgesetzes (§ 40) der Anbau fremder Arten eingeschränkt“, betont Prof. Dr. Manfred Schölch von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf und Sprecher der AG Gastbaumarten [1].
Invasiv oder nicht invasiv?
Richtig in Schwung kam die Frage nach invasiven Baumarten erst, oder schon, im 19. Jahrhundert, als vor allem im preußischen Wald fremdländische Baumarten integriert wurden. Während die Forstleute an künftige Holzerträge dachten, rechneten andere bereits die Schäden hoch. Bis heute. Im Jahr 2003 bezifferte das Bundesumweltamt die Kosten für die Beseitigung der aus Amerika stammenden Roteiche (Quercus rubra) auf 14,5 Millionen Euro, für die Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina) auf 70 Millionen.
Der Deutsche Forstwirt-schaftsrat (DFWR) hat jetzt erstmals eine qualitative Studie über invasive Baumarten vorgelegt. Hintergrund ist eine Vorlage des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) aus dem Jahr 2013. Dort stehen neben der Spätblühenden Traubenkirsche (Foto links) auch Weymouthskiefer, Douglasie, Roteiche und Robinie auf der „Schwarzen Liste“ der invasiven gebietsfremden Arten. 21 Forstwissenschaftler des Deutschen Verbandes Forstlicher Forschungsanstalten (DVFFA) hatten im Sommer 2014 gegen diese Einteilung in einem offenen Brief Zweifel über diese Liste geäußert.
Gutachten über invasive Baumarten
Seitdem haben Waldökologen und Forstwissenschaftler 15 in Deutschland eingeführte Baumarten differenziert untersucht.
So sollten Eschenahorn (Acer negundo), Götterbaum (Ailanthus altissima), Rotesche (Fraxinus pennsylvanica) und die Spätblühende Traubenkirsche weiter auf der Liste der invasiven Arten stehen. Aufgrund der oben beschriebenen Gefährdungspotenziale sollten Douglasie, Küstentanne (Abies grandis), Japanlärche (Larix kaempferi) und die Roteiche nicht mehr dazu gehören.
Georg Schirmbeck, Präsident des DFWR, freut sich über die qualifizierte Einteilung: „Um dem Klimawandel zu trotzen, brauchen wir eine möglichst große Baumartenpalette. Die Verwendung standortgerechter fremdländischer Baumarten eröffnet uns Chancen und darf nicht aufgrund ideologischer Ansichten per se abgelehnt werden.“
Das Gutachten des DFVVA wurde jetzt für eine Peer Review an verschiedene Akteure des Waldes versandt. Der DFWR hofft damit auf „Entscheidungen auf wissenschaftlicher Grundlage“.
Lesestoff:
[1] Schölch, Manfred: Gastbaumarten in LWF aktuell 96/2013, S. 15; Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft;
Das Gutachten wird zeitnah auf www.dfwr.de veröffentlicht.
Roland Krieg; Fotos: DFWR