Es ist angerichtet

Landwirtschaft

Grüne Woche in Berlin

> Am Freitag beginnt die Internationale Grüne Woche in Berlin. Ab 13: Uhr öffnen die Hallen unter dem Berliner Funkturm ihre Tore für das Publikum. Die Öffnungszeiten sind täglich bis zum 30. Januar zwischen 09:00 und 18:00 Uhr. Auch in diesem Jahr gibt es den bereits beim Publikum beliebten „Langen Freitag“ am 28. Januar bis 21:00 Uhr.
Die Tageskarte kostet 12 Euro, die Dauerkarte 35 €, Schüler und Studenten zahlen 6 und Schulklassen 4 € pro Person. Wer generell erst ab 15:00 Uhr in die Messehallen will bekommt die Happy-Hour-Karte bereits für 6 €. Parkplätze sind gewohnt knapp und die Anreise mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist angeraten.

Jubiläumsmesse
Ende des 19. Jahrhunderts begann in Berlin alles mit der Wintertagung der Deutschen Landwirtschaft-Gesellschaft. Die in grüne Lodenmäntel gewandeten Würdeträger gaben der Messe ihren Namen. Zuerst war es ein „Wildes Handeln und Wandeln“ im Tagungsviertel. Das Treffen entwickelte sich schnell zu einer lokalen Warenbörse für landwirtschaftliches Handwerkszeug. Hans-Jürgen von Hake, Mitglied des Berliner Fremdenverkehrsvereins, gab 1926 am Berliner Kaiserdamm dem Treffen eine ordentlichen Rahmen. Eigentlich, so Dr. Christian Göke, Geschäftsführer der Messe Berlin GmbH auf der heutigen Eröffnungspressekonferenz, hat sich an dieser „Berliner Institution“ kaum etwas verändert. Die drei Säulen der Landwirtschaft, der Ernährungsindustrie und des Gartenbaus prägen noch immer das Geschehen.
Bereits zum 70. Mal. So gesehen ist die Messe etwas in die Jahre gekommen, doch anhand der Themen ewig jung. 69.000 Aussteller und über 28 Millionen Besucher sind seither durch die Hallen gezogen und haben sich informier, verkostet und präsentiert. Die Messe greift immer die Themen auf, die von den Verbrauchern entdeckt werden wollen. So ist es in diesem Jahr der Wellnessbereich, der sich in der Halle 26 b als „Wellness Plus“ dem Publikum stellt. Das Angebot reicht von der Wellness-Reise über gesunde Ernährung, natürliche Wohntrends und bietet Entspannungsübungen mit Shaolin-Mönchen. Der Besucher kann Aroha kennen lernen – ein neues Gruppenfitnessprogramm, dass aus Bestandteilen des Maori-Kriegstanz, dem Kung-Fu und Tai Chi besteht.

Die IGW 2005 ist eine Leistungsmesse für das Agribusiness, so Göke. Der Branchenumsatz beträgt 553 Milliarden Euro, beschäftigt 4,3 Millionen Menschen und stellt damit jeden neunten Arbeitsplatz in der Bundesrepublik. Die Ernährungsindustrie erwirtschafte noch einmal rund 130 Milliarden Euro, so dass beide Bereiche zusammen immer wieder gerne mit der Automobilwirtschaft verglichen werden.
Als politische Plattform etabliert sich auch das Internationale Agrar Forum, bei dem in seiner 25. Ausgabe über die EU-Erweiterung diskutiert wird. Mit über 250 Fachkonferenzen gibt es ein ausführliches Tagungsprogramm, dass allerdings zu wenig Beachtung findet. Am 26. und 27. Januar bietet die „Clean Energy Power“ erstmalig den Besuchern Informationen zu erneuerbaren Energien an: Altbausanierung, Biogas, Fördermittel, Passivhaus und Pflanzenöl.

Das diesjährige Partnerland ist Tschechien. Der größte Aussteller mit einer Rekordfläche von 6.000 qm ist Russland: Weit wie die Taiga, jedoch dichter besiedelt.
Den Berliner Kindern wird für die Zeit der Winterferien ein attraktives Rahmenprogramm angeboten. Mit einem Erlebnispass können auf einer ErlebnisRallye rund durch die Messehallen Überraschungen und Informationen abgeholt werden. Zwischen dem 24. und 28. Januar gibt es dreimal täglich Erlebnisführungen zu den Highlights der Grünen Woche. Ein detaillierter Plan und für die erwachsenen eine komplette Hallenübersicht finden sie unter www.gruenewoche.de. Ein neuer Gast wird sich in der Halle 3.2 einfinden: Der Wasserbüffel.

Erfolg und Kritik
Der Deutsche Bauernverband ist ideeller Träger der Grünen Woche. Bauernpräsident Gerd Sonnleitner sieht auch auf eine erfolgreiche Geschichte zurück. Angesichts der Umsätze geht es der Branche gut. Der Agrarexport ist im letzten Jahr um 5 Prozent auf 34,1 Milliarden Euro gestiegen. Deutschland ist Europameister in der Produktion von Schweinefleisch und dem Anbau von Raps und Kartoffeln. In der Rind- und Kalbfleischproduktion, sowie bei eiern, der getreide- du Zuckerproduktion liegt Deutschland hinter Frankreich auf Platz zwei. Mit einer Million Hektar nachwachsender Rohstoffe liegt Deutschland in Europa ebenso vorn. allerdings mischen sich etliche Kritikpunkte in die Bilanz, die sich der Bauernpräsident traditionell nicht verkneifen kann. Bundeskanzler Schröder ist der deutschen Industrie durchaus sensibel aufgeschlossen, doch bei der Landwirtschaft fordert Sonnleitner das auch ein. Die Ökosteuer, der im Gegensatz zu Frankreich, Österreich und Schweden teurerer Agrardiesel und wirtschaftslenkende Eingriffe aus dem Umwelt- (Dosenpfand) und Agrarministerium (Legehennenverordnung) sind keine ragfähigen Ergebnisse, die Bauern die Produktion erschweren und sogar abwandern lassen. Das Gentechnikgesetz lässt dem Bauernverband nur zu, angesichts der Haftungsregeln vom Anbau abzuraten.
Lob allerdings fand Sonnleitner für das Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG). Es sichert den Bauern ein sicheres zusätzliches Standbein für ökonomisches wirtschaften.
Erstmals zieht auf den ErlebnisBauernhof in der Halle 3.2 eine echte Bauernfamilie ein. Johannes und Maria Lösing tauschen zusammen mit ihren Kindern für einige Tage ihren heimischen 60-Hektar Betrieb im westfälischen Vreden mit dem Messebauernhof. Verbraucher können sich dort „über das handeln und denken unserer Bauernfamilien“ erkundigen, so Sonnleitner.

Die Ärmel hochkrempeln
Auch der Vorsitzende der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. (BVE), Dr. Peter Traumann, sieht in der Grünen Woche ein Konjunkturbarometer. Die Ernährungsindustrie kann „einen wichtigen Beitrag für die Binnenkonjunktur unseres Landes“ leiste, sagte er. Mehr als 90 Prozent der Unternehmen haben weniger als 500 Angestellte, was die mittelständische Orientierung der Branche kennzeichnet. Auch nach der EU-Erweiterung lebt der Handel. Die Exporte sind von 2003 auf 2004 in die Beitrittsländer von 1,5 auf 1, Milliarden Euro gestiegen. Umgekehrt stiegen die Importe aus diesen Ländern von 1,7 auf 1,9 Milliarden Euro. Solange einheitliche Rahmenbedingungen und Standards für die Produkte gelten und eingehalten werden, sieht er die Handelsraumerweiterung positiv. Die Ernährungsindustrie startet das Jahr mit aufgekrempelten Ärmeln, so Traumann.
Die seit dem 01. Januar bestehende LKW-Maut müsse allerdings auf die Lebensmittel aufgeschlagen werden, da der Handel keine Reserven mehr hat, die Preissteigerungen keine Auffangmöglichkeiten mehr hat. „Die Ernährungsindustrie hat auf die Höhe der Maut und die Erhöhung bestimmter Rohstoffpreise keinen Einfluss“ und muss dem Kunden die Preisanpassung vermittelt.
Zwar sieht er die Konsumstimmung belebt, aber eine deutliche Abfuhr gibt er der „Geizwelle, Geilwelle, Verarschungswelle“. Der Handel muss wieder den Bedarf an hochwertigen und genussreichen Produkten wecken, „die dem Verbraucher im Handel mit adäquaten Konzepten präsentiert“ – so Traumann.

roRo

[Sie können sich alle bisherigen Artikel zur Grünen Woche im Archiv mit dem Stichwort „IGW 2005“ anzeigen lassen.]

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