Es werde Licht

Landwirtschaft

Zu viel Licht ist Verschmutzung

Den ersten Tag der Schöpfungsgeschichte verbrachte Gott mit der Aufteilung von Finsternis und Licht. Er nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht. Mit steigender Entfernung zum Äquator werden Tag und Licht saisonal verschieden lang, bleiben in der Summe jedoch gleich. Der Wechsel von Licht und Finsternis regelt den Biorythmus. Langtagpflanzen brauchen eine Mindesttageslänge, um zu blühen.

Licht und Fleisch

Für den Menschen war die Nacht ein unruhiger Gast. Mit abnehmendem Sonnenlicht verliert der Mensch an Sehfähigkeit und die Nacht birgt von der Stolperwurzel bis zum Raubtier viele Gefahren. Zumindest für die Kunst hat der Mensch Licht genutzt. Die weltweit gefundenen Höhlenzeichnungen sind ohne „künstliches Licht“ nicht denkbar. Obwohl: So künstlich war es nicht. Am Anfang steht Prometheus, der Zeus nach einem Tieropfer die wertlosen Teile überließ und wertvolles Fleisch für seine Schützlinge, die Menschen zurückhielt. Zeus bestrafte Prometheus durch Entzug des Feuers.

Der „Vorausdenkende“, so die Übersetzung von Prometheus, raubte das Feuer jedoch und übergab es den Menschen. Als Strafe fesselte Zeus ihn an das Kaukasusgebirge. Ein Adler fraß ihm jedes Mal die ständig nachwachsende Leber aus dem Leib.

Die Menschen konnten dennoch das Feuer behalten und nutzen harzreiche Holzspäne, aus der sie später mit Harz oder Pech ummantelte Fackeln entwickelten. Schalenlampen sind seit 10.000 Jahren bekannt. Der Leuchtturm im ägyptischen Alexandria wurde bereits 250 v. Chr. gebaut. Seefahrer fanden des Nachts die Hafeneinfahrt.

Lichtquellen außerhalb des hellen Sonnen- und müden Mondlichtes überzeugten mit  ihren Vorteile. Im antiken Antiochia, zwischen dem heutigen Syrien und der Türkei, wurde fast zur gleichen Zeit  die erste Straßenbeleuchtung eingesetzt.

Die offene Flamme war bis 1800 das einzige Beleuchtungsmittel und Kerzen aus Bienenwachs waren beim europäischen Adel bis ins 19. Jahrhundert beliebt. Der Erfindung des Engländers Humphry Davy, Licht mit Metallstrahlern und Bogenlampen zu erzeugen, verhalf erst ein halbes Jahrhundert später Werner Siemens mit seiner Dynamo-Maschine zum Durchbruch.

Vom Segen zum Fluch

Bis zur modernen LED-Birne ist es noch ein weiter Weg. Entlang dieser Entwicklung hat sich das künstliche Licht durchgesetzt. Ohne künstliches Licht sind viele Erfindungen gar nicht möglich gewesen. Es hat den natürlichen Rhythmus von Tag und Nacht aufgelöst und ermöglicht veränderte Arbeits- und Lebensweisen.

Heute werden die Schattenseiten des künstliche Lichtes beleuchtet. „Ein natürlich dunkler Nachthimmel ist in Deutschland selten geworden“, heißt es im neuesten Arbeitsbericht des TAB (Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag). Die Autoren beschäftigen sich mit Ursachen, Ausmaß und Auswirkungen der Lichtverschmutzung. Es ist nicht nur das direkte Licht in urbanen Regionen, dass den Himmel erstrahlen lässt. Indirekt findet das künstliche Licht von Staub und Wassertropfen reflektiert, den Weg nach oben. Dieser Effekt über den großen und kleinen Städten heißt Skyglow. Der Begriff Lichtverschmutzung gibt die Befürchtung wider, dass zu viel Licht in der Nacht negative Auswirkungen auf den Menschen und die Umwelt hat.

Tausend Insekten pro Straßenlaterne

Die langfristigen Folgen der Lichtverschmutzung für Lebensgemeinschaften, ganze Populationen und auch Landschaften sind noch zu wenig erforscht. Der TAB-Bericht fasst die aktuellen Erkenntnisse zusammen und zeigt Handlungsempfehlungen auf. In einigen europäischen Nachbarländern gibt es bereits Gesetze gegen die Lichtverschmutzung.

Der unklare Begriff Insektensterben führt in den meisten Diskussionen immer wieder auf die Landwirtschaft zurück. Die Lichtverschmutzung wird mindestens genauso unklar als weitere Ursache nebenbei erwähnt. Ursachen und die Größe der Auswirkung sowie das Verhältnis zur Ursache Landwirtschaft stehen noch lange nicht fest.

Ein Großteil der Arthropoden ist nachtaktiv. Es muss, so der Bericht „mit deutlichen Auswirkungen gerechnet werden.“ Zumeist fliegen die Tiere bis zur Erschöpfung künstlichen Lichtquellen entgegen, weil sie diese nicht von UV-Strahlen der Abendsonne und dem Mondlicht unterscheiden können. Sie brauchen diese aber für ihre Navigation. Außerdem werden die orientierungslosen Insekten leichte Beute für Fledermäuse und Spinnen. Der Bericht kann das sogar quantifizieren: „Eine Straßenleuchte allein kann bis zu tausend Insekten in einer Nacht anziehen.“ Diese fehlen dann in dunklen Arealen, wo lichtscheue Jäger vergeblich auf Nahrungssuche sind.

Nachtfalter tragen an beleuchteten Standorten weniger Pollen und zeigen eine verringerte Reproduktionsleistung. Ob LED-Lampen insektenfreundlicher sind, ist in der Wissenschaft umstritten.

Politische Regelungen

Der Ort Flagstaff in den USA gilt als erster Ort, der bereits 1958 Außenlicht geregelt hat. Allerdings nicht wegen Insekten oder gesundheitlichen Aspekten beim Menschen, sondern zum Schutz zweier Observatorien, mit denen Astronomen ungestört ins All schauen wollen. 1988 folgte auf den Kanarischen Inseln aus dem gleichen Grund die erste nationale Gesetzesregelung. Regelungen gegen die Lichtverschmutzung im Sinne der Umwelt hat als Vorreiter in Italien zuerst die Lombardei im Jahr 2000 und 2007 Slowenien eingeführt.

Die Umweltschutzgesetzgebung in Frankreich hat 2009 die Unterlassung von Lichtquellen vorgeschrieben, die negative Auswirkungen auf Mensch, Fauna, Flora und das Ökosystem haben. Österreich hat mittlerweile Uhrzeiten für die Lichtnutzung nach Gebieten nach Bewohnung sortiert, vorgeschrieben, die nicht für sicherheitstechnische Zwecke leuchten müssen.

Lesestoff:

TAB-Arbeitsbericht 186: Lichtverschmutzung – Ausmaß, gesellschaftliche und ökologische Auswirkungen und Handlungsansätze, Juni 2020: http://www.tab-beim-bundestag.de/de/aktuelles/20200722.html

Die Geschichte des Lichts: https://www.licht.de/de

Roland Krieg

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