Eschentriebsterben kostet Milliarden

Landwirtschaft

Schäden durch Eschentriebsterben größer als gedacht

Wer von einer Esche träumt, sehnt sich nach Ruhe, Seelenfrieden und Freude. Für die Kelten und ihren Druiden war die Esche ein bedeutender Baum. Die männliche Stärke des Eschenholzes wurde für Speere und Lanzen genutzt, weltlich zogen sie Wagen mit Kufen und Achsen aus Eschenholz über das Land. Die Druiden nutzten Eschenstäbe für die Wetterprognose. Noch heute heißt es, dass es einen heißen und trocknen Sommer gibt, wenn die Esche vor der Eiche blüht. Die Druiden konnten aber auch einen harntreibenden Sud aus der Rinde herstellen, der Fieber senkt.

War die Esche der Weltenbaum?

Die Esche wächst am liebsten an fließenden Gewässern und weist ein lichtdurchlässiges Blattwerk auf. Majestix würde die Esche als Sonnenbaum bezeichnet haben. Der Baum ist mit bis zu 40 Meter Höhe einer der höchsten Laubbäume Europas. Der keltische Weltenbaum Yggdrasil könnte eine Esche als Vorbild haben, die mit ihren tiefen Wurzeln Himmel und Erde verbindet.

Die Esche im Waldbau

Wenn Deutsche heute nicht mehr von einer Esche träumen, liegt das womöglich daran, dass Fraxinus exelsior (Gemeine Esche) im bundesdeutschen Wald nur noch einen Anteil von zwei Prozent hat. Für Waldbesitzer hätte die Esche viele Eigenschaften. Sie wächst schnell und produziert in kurzen Zeiträumen Wertholz mit großem Durchmesser. Nach Buche und Eiche ist sie noch immer die drittwichtigste Laubbaumart. Das harte Holz ist gedämpft gut biegbar und wird gerne zu Sportgeräten oder als Werkzeugstiele genutzt. Aus dem hellen Holz fertigen Tischler Möbel.

Der Pilz

Ein Pilz bereitet der Esche unter dem Namen Eschentriebsterben  fürchterliche Probleme. Genetische Untersuchungen zeigen, dass der Pilz Hymenoscyphus fraxineus japanischen Ursprungs ist. Die für die Esche tödliche Krankheit verursacht die Nebenfruchtform des Pilzes Chalara fraxinea. Er ist wohl vor rund 150 Jahren mit der Mandschurischen Esche nach Estland gekommen. Doch erst in den 1990er Jahren wurden im Baltikum und im Nordosten Polens die ersten Krankheitssymptome an den europäischen Eschen festgestellt. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) vermutet, dass die fehlende wechselseitige Anpassung der europäischen Eschen an den Pilz zu seiner raschen Verbreitung führt.

Der Landesforst Mecklenburg-Vorpommern hat 2002/2003 erste Vermutungen über die Ausbreitung des Eschentriebsterbens in Richtung Westen berichtet. Das LWF hat die ersten Symptome in Bayern zeitlich auf das Jahr 2008 verortet. Nach einer Infektion des Baumes im Frühjahr und Sommer dringt der Erreger in das verholzte Gewebe ein und verbreitet sich im ganzen Stamm. Der Pilz bildet Welketoxine, die zum Absterben der Belaubung führen. Zum komplexen Krankheitsbild zählen auch markante Rindennekrosen, die erst ein Jahr später sichtbar werden. Befallene Eschen leiden zudem unter Folgeerscheinungen wie dem Befall durch den Eschenbastkäfer oder dem Hallimasch. Dann stirbt der ganze Baum.

Der Pilz befällt alle Eschen auf allen Standorten, so dass eine Bekämpfung der Krankheit nicht möglich ist. Zumindest im urbanen Raum kann abgefallenes Laub noch gesammelt werden.

Zeit für die Anpassung geben

In Baden-Württemberg liegt der Anteil der Esche bei fünf Prozent. 11.450 Hektar Eschenbestand sind wirtschaftlich vom Eschentriebsterben betroffen. Eine Analyse aus dem Dezember 2015 zeigte eine reale Bestandsbedrohung für rund die Hälfte der Fläche. Der Pilz ist mittlerweile in 22 Ländern Europas, außer den Mittelmeerländern, verbreitet und in Bayern flächenhaft.

Eine Analyse in den Jahren 2009 bis 2012der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Stroit im niedersächsischen Einbeck zeigt die hohe Infektionsgefahr. Eine Neuanpflanzung von gesunden Eschen in der Nähe von erkrankten Eschen zeigte bereits im zweiten Jahr eine Infektionsrate von 80 Prozent. Im dritten Jahr waren 99 Prozent der jungen Eschen erkrankt. Im gleichen Zeitraum erhöhte sich die Quote abgestorbener Pflanzen von 17 auf 43 Prozent.

Doch selbst im befallenen Bestand zeigen sich gesunde Eschen, die Anpassungsmechanismen aufweisen. Offenbar gibt es Eschen mit einer genetischen Ausstattung, die weniger anfällig oder partiell resistent gegen die Krankheit sind,  schreibt das LWF in seinem Merkblatt zum Eschentriebsterben. Als partiell resistent gilt ein Baum, wenn nicht mehr als zehn Prozent seiner Triebe abgestorben sind. Die Experten gehen davon aus, dass natürliche Anpassungsprozesse die Resistenzen an die Nachkommen weitergeben. Daher sollen weniger befallene Bäume möglichst lange im Bestand gehalten werden.

Schäden in Milliardenhöhe

In Großbritannien ist die Esche der drittwichtigste Baum. Millionen von Eschen säumen britische Alleen und stehen auf urbanen Flächen. Im Vereinten Königreich sind die bezifferten Schäden höher. Viel höher als bislang vermutet. Forscher der Universität Oxford haben zusammen mit Fera Science, der Sylva Foundation und dem Woodland Trust erstmals die Gesamtkosten des Eschentriebsterbens beziffert und in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlicht.

Für das gesamte Vereinigte Königreich werden die wahren Kosten des Eschentriebsterbens auf mehr als 15 Milliarden britische Pfund beziffert. Die Hälfte davon falle innerhalb der nächsten zehn Jahr an. Diese Schadenssumme ist 50 Mal höher als der jährliche Handel mit lebenden Pflanzen von und nach Großbritannien. Weitere 47 Baumkrankheiten schlagen mit einer weiteren Milliarde britischer Pfund zu Buche.

Die Wissenschaftler haben neben den Kosten für das Entfernen der befallenen Bäume auch den Verlust an Wasser- und Luftreinigungskraft der Eschen berechnet. Diese Kosten für die Gesellschaft sind höher als die waldbaulichen Schäden.

Dr. Louise Hill ist Pflanzenforscherin an der Universität Oxford. Die Zunahme und Verbreitung neuer Krankheiten folge nicht nur dem Klimawandel, sondern ist auch dem Handel an lebenden Pflanzen geschuldet. Die von ihrem Team berechneten Kosten sind höher als die Schäden der Maul- und Klauenseuche im Jahr 2011. Nach Hill haben die Experten erstmals wirkliche Gesamtkosten einer Baumkrankheit zusammen getragen. Naturschutzberater Dr. Nick Atkinson vom Woodland Trust ist schockiert. Als die Krankheit 2012 erstmals nach Großbritannien kam, habe sich niemand solche Folgekosten vorstellen können. Die Briten fürchten, dass die Pilzerkrankung 95 bis 99 Prozent der britischen Eschen ausmerzt. Die Berechnungen zeigen, wie wichtig die Gesundheit von Bäumen ist.

Die Kosten des Eschentriebsterbens könnten durch einen Ersatz anderer heimischer Bäume reduziert werden. Die Neuanpflanzung zur Sicherung der gesellschaftlichen Aufgaben der Wasser- und Luftreinhaltung koste insgesamt 2,5 Milliarden britische Pfund. Wie auch in Deutschland fordern die Briten ihre Regierung auf, generell mehr Anstrengungen auf gesundes Saat- und Pflanzgut zu legen. Dazu gehöre auch eine strengere Kontrolle des Imports lebender Pflanzen.

Lesestoff:

Die britische Studie ist am Montag unter 10.1016/j.cub.2019.03.033 erschienen: https://www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(19)30331-8

Das Merkblatt der LWF finden Sie auf http://www.lwf.bayern.de/waldschutz/monitoring/063829/index.php

Roland Krieg

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