EU-Agrarmärkte
Landwirtschaft
Agrarmärkte von der Pandemie in die Zeit des Russlandkriegs
Vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine waren die Agrarmärkte schon Ungleichgewichten und Störungen ausgesetzt. Der Russlandkrieg hat die Effekte noch einmal kräftig verstärkt. Dennoch heißt es im Frühjahrsgutachten der EU-Kommission zu den Agrarmärkten, bis zum Ende des Wirtschaftsjahres 2022/2023 die Versorgung an Lebensmitteln gesichert ist. Die Überschüsse sind ein mächtiger Puffer für Krisenzeiten. Doch könnten auch in der EU hohe Betriebskosten und eine hohe Inflation die Verfügbarkeit von Lebensmitteln einschränken.
Austauschmöglichkeiten
Die Aussaat für Sommergetreide ist vorbei, aber Mais und Proteinpflanzen sowie Sonnenblumen können noch immer gedrillt werden. Einer guten Getreide- und Ölsaatenernte steht bei guten Witterungsbedingungen nichts im Wege. Dazu passt auch der gesunkene Schweinebestand, der weniger Futterbedarf nach sich zieht.
Die Tücken stecken aber im Detail. Die Versorgung mit gentechnikfreiem Futter ist derzeit nicht gesichert. Das werde die Biomilch-Erzeugung und konventionelle GVO-Freie Milch bedrängen. Alternative Bezugsquellen wie Südamerika leiden derzeit unter Wetterunbilden.
Die Knappheit an Sonnenblumenöl ist wegen der vielfältigen Nutzung real, bietet aber Möglichkeiten, auf beispielsweise Olivenöl umzusteigen.
Sonnenblumen brauchen weniger Stickstoffdünger und Landwirte könnten sie auf ihren geplanten Maisflächen aussäen.
Fleischproduktion
Der gesamte Sektor für rotes Fleisch steht unter Druck. Hohe Betriebskosten und der Druck durch die Afrikanische Schweinepest drückt die letzten Margen trotz gestiegener Erzeugererlöse. So verhält es sich auch auf dem Rindfleischmarkt. Sowohl auf dem Mastsegment und in der Milchproduktion gehen die Bestände 2022 weiter zurück. Da helfe auch ein gutes Exportgeschäft nicht weiter. Die Schaf- und Ziegenhaltung ist so extensiv, dass die hohen Futterpreise, zuletzt auch bei Stroh und Heu, den Bestandsabbau beschleunigen.
Lediglich der Geflügelbereich kann 2022 noch leicht zulegen.
Makroökonomie
Es herrscht große Unsicherheit über die Entwicklung des Bruttosozialproduktes. Die Szenarien gehen alle von einem weiteren Dämpfer aus, der unterschiedlich stark ausfallen wird.
Dazu gehört ein erwarteter Erdölpreis von 150 US-Dollar je Barrel (159 Liter) im zweiten Quartal 2022 und einem Verharren bei mehr als 100 US-Dollar bis zum zweiten Quartal 2023. Der Gaspreis als Inflationstreiber bleibt hoch. Die Spitze von 30 US-Dollar je 293 kWh (1 Million britische Wärmeeinheiten, MMBtu) wird bis zum ersten Quartal 2023 nur leicht auf 20 US-Dollar/MMBtu sinken. Der EU-Ausstieg aus russischer Energie wird den Preis hochhalten.
Für die Landwirte bleiben die Kosten für Mineraldünger sehr hoch und den Handel wird weiterhin hohe Frachtkosten tragen müssen. Die Erzeugerpreise steigen entlang der ganzen Wertschöpfungskette und erreichen bei den Landwirten ihre Spitze, Die Erlöse sind allein von Januar bis Februar 2022 um 18 Punkte angestiegen. Das wird auf dem Weg zum Verbraucher nicht verloren gehen und die Kunden mit einer Zeitverzögerung treffen.
Roland Krieg, Grafik: EU-Kommission
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