EU-Agrarrat

Landwirtschaft

EU-Agrarrat verabschiedet Hilfspaket für Bauern

„Sie selbst haben immer wieder betont, den Pfad der Marktorientierung nicht zu verlassen.“ Zwischendurch musste EU-Agrarkommissar Phil Hogan am Montag im Brüsseler Rat der europäischen Landwirtschaftsminister, die Teilnehmer an den eingeschlagenen Weg der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) erinnern. So standhaft blieb er in der letzten Woche bereits bei der Auseinandersetzung im Agrarausschuss des Europaparlamentes [1] und konnte aus den über 100 von den Mitgliedsländern eingesandten Vorschlägen nur die unterstützen, denen nicht den Ruf des staatlichen Markteingriffs anhaftet. Erzeugerpreise bei 27 Cent je kg Milch, 1,24 je kg geschlachtetes Schwein und Getreidepreise, bei denen sich Futter- und A-Weizen bei 135 Euro je Tonne treffen bescheren der Landwirtschaft eine „Große Depression“, deren Ende noch offen ist. Kernthema im Agrarrat war deswegen die Hilfe für Europas Bauern – aber innerhalb von Grenzen, wie Hogan ebenfalls eindrücklich unterstrich: Jede finanzielle Hilfe der EU wird sich an dem Deckel orientieren müssen, der von der EU zur Lösung der Flüchtlingspolitik gezogen wird. Zum anderen sind die im letzten Jahr versprochenen 500 Millionen Euro Hilfe aus der Superabgabe bereits an die Mitgliedsländer verteilt und niemand von den Mitgliedsstaaten wolle ernsthaft die Krisenreserve öffnen. Auch für den Iren Hogan sei das die allerletzte Maßnahme.

Hogans Hilfspaket

Im Rahmen des Artikels 222 der Gemeinsamen Marktordnung will Hogan als Vertreter der Kommission eine zeitlich befristete Vereinbarung für den Zusammenschluss von Milchbauern zur Stärkung der Marktmacht akzeptieren. Ebenfalls werde die Kommission bereit sein, die De-minimis-Regel anzuheben. Damit sind nationale Hilfsgelder gemeint, die von der EU nicht als Beihilfe gewertet werden. Hogan hebt die unschädliche Bagatellgrenze auf 15.000 Euro pro Jahr und Betrieb an. Für die Lagerhaltung von Magermilchpulver und Butter ist Hogan bereit, die Mengen auf 218.000 und 100.000 Tonnen zu verdoppeln. Zwischen den Mitgliedsstaaten und der von Hogan erst im Januar neu eingerichteten Task Force zur Beobachtung von Märkten [2] will der Kommissar ein Seminar über strukturelle Belange des Milchsektors einberufen.

Für den Bereich Schweinefleisch gibt es begrenztere Möglichkeiten zur Unterstützung. Mittlerweile wurden rund 90.000 Tonnen Schweinefleisch mit einem Kostenaufwand in Höhe von 28 Millionen Euro eingelagert. Hogan hat ein neues Hilfsschema für die Lagerhaltung angekündigt. Für Rind- und Schweinefleisch will Hogan ähnlich wie im Milchsektor eine Marktbeobachtungsstelle einführen und betonte dabei, dass er mit seinen Reisen nach Mexiko und Kolumbien erst kürzlich neue Märkte öffne [3]. Nächsten Monat gehe es nach China und Japan, später im Jahr nach Vietnam und Indonesien.

Allerdings ist Hogan nicht der einzige der reist. Ebenfalls am Montag hat das amerikanische Landwirtschaftsministerium mitgeteilt, dass die USA mit Peru eine Vereinbarung zur Erhöhung der Rindfleischeinfuhren getroffen hat. Im letzten Jahr wurden US-Rindfleischprodukte im Wert von 25,4 Millionen US-Dollar nach Peru verkauft. Den Erfolg schreibt sich US-Landwirtschaftsminister Tom Vilsack zugute, der persönlich nach Peru reiste. Beide Länder haben erst 2009 ein entsprechendes Handelsabkommen abgeschlossen. „Peru ist ein wachsender Markt für amerikanisches Rindfleisch und das Abkommen wird Erzeugern und Händlern neue Geschäftsfelder erschließen“, kommentierte US-Handelsrepräsentant Michael Froman.

Hogan hat auch die Unterstützung durch die Kommission für Programme der europäischen Investitionsbank (EIB) angekündigt sowie an die Mitgliedsstaaten appelliert den European Fund for Strategic Investment (EFSI) zu nutzen. Das Hilfsprogramm für Obst und Gemüse will er über den 30. Juni hinaus verlängern. Offen ist nur das Thema Exportunterstützung. Dazu konnte Hogan keine klare Position benennen.

Er hat damit bis auf die Exportfinanzierung alle Vorschläge der EU-Agrarminister unterstützt.

Im EFSI sind 21 Milliarden Euro vorhanden, mit denen Investitionen bis zu 315 Milliarden Euro ausgelöst werden können.

Christian Schmidt, der in Brüssel von Staatssekretär Dr. Robert Kloos vertreten wurde, zeigte sich mit Hogans Unterstützung zufrieden: „Die Vorschläge der EU-Kommission zielen in die richtige Richtung. Ich begrüße das klare Bekenntnis von Rat und Kommission zur Marktorientierung in der europäischen Agrarpolitik. Lösungen für die angespannte Situation können nur im Markt gefunden werden.“

Skeptischer ist Martin Merrild von der europäischen Bauernorganisation Copa. Auch Merrild begrüßt die Initiativen, will jedoch erst einmal abwarten, welche Effekte sich nach Umsetzung einstellen: „Viele Landwirte in ganz Europa erfahren die schlimmste Wirtschaftskrise seit Anfang der 1980er Jahre. Zusammen mit Thomas Magnusson vom europäischen Genossenschaftsverband Cogeca bedauert er allerdings, dass der Interventionspreis für Magermilchpulver und Butter nicht angehoben wird.

Rechnungshof-Kritiken

FLEGT

Illegaler Einschlag und Handel von Holz ist ein weltweites Problem der Waldzerstörung. Der Schaden wird auf rund 100 Milliarden US-Dollar im Jahr geschätzt. Die EU reagiert mit FLEGT, der Forest Law Enforcement Governance and Trade. Einem Aktionsplan aus dem Jahr 2013 und einer Mischung des Importverbotes unklarer Holzherkünfte und Hilfe bei Regierungen, den illegalen Einschlag zu reduzieren [4]. Der EU-Rechungshof hat in seinem Bericht aus dem Jahr 2015 allerdings die Unterstützung der Holzexportländer durch die EU als mangelhaft gerügt. Der Bewusstseinstransfer in die Zivilgesellschaft sei durchaus erfolgreich, aber nicht die Sensibilisierung der Regierungen vor Ort. Vor allem die finanziell aufwendigsten Projekte in Kamerun und Indonesien seien ineffizient. Die EU-Kommission hat bereits eine neue Holz-Regulation aufgelegt und der Rat fordert eine Forcierung der zwischenstaatlichen Handelskontrollen.

Fischfang

Küstenländer weltweit dehnen ihre Hoheitsgewässer sei Mitte der 1970er Jahre auf 200 nautische Seemeilen aus. Internationale Fangflotten benötigen Genehmigungen für einen Fischfang dieser küstennahen Gewässer. Die Partnerschaftsabkommen für den Fischfang (FPA) der EU spielen daher eine wichtige Rolle. Sie folgen dem Prinzip „Zahlen, Fischen und Wegfahren“; stehen aber in der Kritik, wenig nachhaltig und auf Kosten der lokalen Fischereien aufgesetzt zu sein. Zwar dürfen die EU-Flotten nur Überschussfische fangen, doch die wissenschaftliche Ausarbeitung einer Quote ist schwer. Vor allem, verkaufen die Küstenländer Fanglizenzen auch an Staaten außerhalb der EU. Zudem müsse die EU höhere Gelder für eine Tonne Fisch zahlen als in den Fischereiabkommen einst festgelegt. Der Rat will die Verhandlungen auf mehr Nachhaltigkeit auslegen, was eine stärkere Kontrolle der Fischfänge durch ausländische Fangflotten beinhaltet. Ziel ist die Minderung des illegalen und unregulierten Fischfangs.

Weitere Themen

Lebensmittelampel

Die Nährwertampel „lebt“ in Großbritannien und wurde von den Vertretern als weiterhin im Einklang mit den Kennzeichnungsregeln definiert. Eine gemeinsame Erklärung von Griechenland, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien und Zypern hingegen warnt erneut, dass eine einfache „Grün-Gelb-Rot“ Farbenkennzeichnung Lebensmittel wie auch Schinken oder Molkereiprodukte, die von der EU als besonders wertvolle Regionalprodukte anerkannt sind, durch falsche Farbendeklarierung, Verbrauchern ein falsches Signal sende. Eine Unterscheidung zwischen „gesunden und ungesunden“ Lebensmitteln müsse auf wissenschaftlichen und objektiven Kriterien basieren, was die Lebensmittelampel nicht widerspiegeln könne. Ab dem 13. Dezember 2016 steht der nächste Kennzeichnungsschritt in der EU an und die Länder bitten um genaue Auskunft, was bis Ende des Jahres noch an Vorlagen bezüglich der Lebensmittelkennzeichnung geplant ist.

Afrikanische Schweinepest

Das Auftreten der Afrikanischen Schweinepest (ASP) hat in den baltischen Ländern, Polen und Finnland den Schweinebestand in den grenznahen Regionen zu Osteuropa seit 2014 um mehr als 15 Prozent gesenkt und einen wirtschaftlichen Schaden in Höhe von sieben Millionen Euro verursacht. Diesen Bericht aus dem Februar trugen die Delegationen dem Rat vor und werteten die Ausbreitung der ASP als Bedrohung für die europäische Schweineproduktion. Sie forderten mehr Unterstützung und neue Ideen für die Ausmerzung der Krankheit ein, gegen die es keine medizinische Hilfe gibt [5].

Entbürokratisierung

Die Briten haben ein neues Dokument für die Entbürokratisierung bei Kontrollen der Beihilfezahlungen eingebracht. So sollen die verschiedenen Kontrollen von Kontrollorganisationen, Rechnungshof und Auditoren auf ein Mindestmaß reduziert werden. Probengröße und Methodik sollten vereinheitlicht werden. Der EU sollte es genügen, die Zahlung auf Einhaltung der Richtlinien zu überprüfen und nicht auf die lokalen Effekte. Dafür seien lokale Auditoren besser geeignet.

Und sonst…

Im Dezember 2016 läuft das Fischereiabkommen mit den Komoren aus und der Agrarrat hat die Kommission zur Verlängerung des Abkommens beauftragt.

Nach dem EU-Beitritt Kroatiens sind technische Anpassungen notwendig. So hat der EU-Rat am Montag die Anrechnungen und Abbuchungen von Treibhausgasemissionen für Kroatien vorgenommen. Die Korrektur der Treibhausgase in Kohlendioxidäquivalenten durch die Waldbewirtschaftung im EU-Beschluss 529/2013 wird mit 6.289 Millionen Tonnen pro Jahr eingetragen. Berechnet wird Wald mit den Parametern 0,1 ha, 10 Prozent Kronenbeschirmung und ab zwei Meter Baumhöhe. Referenzjahr für die Klimapläne wird das Jahr 1990 sein.

Lesestoff:

[1] Schweigeminute im Agrarausschuss der EU

[2] EU Task Force Märkte

[3] Hogans Wirtschaftsreise

[4] Holzhandelsunternehmen werden sensibler

[5] Ausbreitung der ASP eher über Lebensmittel als über Wildschweine

Roland Krieg; Foto: Europäische Union

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