EU-Agrarrat: EU-Öko-Verordnung und Schulspeisung

Landwirtschaft

EU-Agrarrat: EU-Öko-Verordnung und Schulspeisung

In Brüssel tagt seit Montag der Rat der europäischen Landwirtschaftsminister. Zwei Themen bezogen sich auf die Schulverpflegung und die Revision der EU-Ökoverordnung.

Schulverpflegung

Im Agrarministerrat mehren sich die Stimmen, denen die Produktauswahl für die Schulverpflegung mit Obst und Milch zu klein ist. Spanien möchte beispielsweise auch Olivenöl, Honig und Nüsse in die von der EU geförderten Programme aufnehmen, Slowenien plädiert für weitere Molkereiprodukte wie Käse und Joghurt. Der Zwischenbericht beinhaltet in einer Fussnote auch den Förderwunsch nach lactosefreier Milch.

Derzeit sind die Programme für Schulmilch und Schulobst noch getrennt. Einige EU-Länder favorisieren daher für die Möglichkeit einer individuellen Umschichtung der EU-Mittel in Höhe von 15 Prozent.

In Deutschland hatten sich mehrere Bundesländer vom Schulobstprogramm trotz anfänglicher Begeisterung von der Umsetzung zurückgezogen, weil die Verwaltungskosten zu hoch waren. Auch in Slowenien sind die Programme deshalb weniger als gedacht umgesetzt worden. Hier empfiehlt der Agrarrat eine Verschlankung.

EU-Ökoverordnung

Der Vorschlag zur neuen EU-Ökoverordnung hatte bislang nicht viele Unterstützer gefunden. Im Agrarrat war zuletzt deutliche Kritik laut geworden [1]. Seitdem hat die italienische Ratspräsidentschaft in 13 Arbeitsgruppensitzungen einen Änderungsvorschlag ausgearbeitet. Darin sind nicht nur die weiteren Arbeitsschritte aufgelistet, sondern in einem kleinen Anhang auch eine Liste mit politischen Zielen, über die abgestimmt werden könnte [2].

Der Geist der Arbeitssitzungen fand sich im Agrarplenum nicht mehr wieder. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft verkündete, dass der italienische Kompromissvorschlag „voraussichtlich keine Mehrheit“ finde. Vorstandsvorsitzender Felix Prinz zu Löwenstein forderte daher einen komplett neuen Entwurf, der auch im Ministerrat schon vorgeschlagen worden war. Die große Zahl der Bedenkenträger führte Löwenstein auf die Arbeit von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt und seiner bisherigen Kritik zurück.

Auch der Deutsche Bauernverband frohlockte früh. Der Öko-Beauftragte Graf von Bassewitz kam nach zahlreichen Gesprächen mit Schattenberichterstattern des Europaparlaments zu dem Ergebnis, dass die Ökoverordnung nicht die Zustimmung des Parlaments erhalten werde. Auch Bassewitz sah keine Mehrheit für den italienischen Kompromissvorschlag und empfahl die Zurückweisung des Entwurfes.

Der Agrarrat stimmte zwar am Montag nicht über den italienischen Kompromissvorschlag ab – aber eine Ablehnung durch den Rat gab es auch nicht. Die Mehrheit vertrat wortreich den Ansatz, den Luxemburg kurz und knapp zu formulieren wusste: Wir können uns vorstellen, auf der Basis der Leitlinien weiter zu arbeiten, wir können es uns aber auch vorstellen, dass von der Kommission ein neuer Entwurf gemacht wird.

Im Kern hat auch Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt nichts anderes gesagt. Es sei zu würdigen, dass die Ratspräsidentschaft einige Kritikpunkte aufgenommen hat, was einen Schritt nach vorne darstelle. Weitere Punkte wie die Grenzwerte für Bioprodukte stünden noch auf der Arbeitsliste. Nach Schmidt spiegele das Kompromisspapier schon einen anderen Geist wider als der Kommissionentwurf. „Ich hänge nicht an diesem Vorschlag“, sagte Schmidt, „aber das Pferd ist in die richtige Richtung gesattelt.“ Die Kommission muss diese Woche in ihrem Arbeitsplan für das nächste Jahr entscheiden, ob sie einen neuen Entwurf präsentieren will. Wenn das allerdings bis zu zwei Jahre dauere, dann soll der „Mantel dieser Verordnung genutzt werden“ ihn anders auszufüllen. Dem Entwurf der Ratspräsidentschaft konnte Schmidt nicht zustimmen und hält sich an einen europäischen Grundgedanken: Nichts ist entschieden, bevor nicht alles entschieden ist.

Ein deutliches Nein zum Kompromisspapier und zu dem Kommissionsentwurf kam nur von Litauen, der Visegrad-Gruppe, den Niederlanden und Österreich. Andrä Rupprechter, Landwirtschaftsminister in Österreich, blieb weiterhin sehr kritisch, weil Entwurf und Kompromisspapier die Biobauern, die in Österreich einen Anteil von 20 Prozent halten, gefährden. Der Kompromissvorschlag sei vom Entwurf noch immer „schwerstens kontaminiert“. Rupprechter schlug vor, den neuen Kommissionsprozess einzuleiten und die Vermittlung den neuen „Oberkommissaren“ zuzuleiten, die offiziell Vizepräsidenten sind [3]. Das wäre ein wichtiges Signal an die Ökobauern und die EU-Bürger. Agrarkommissar Phil Hogan könnte sich viel Applaus einhandeln, wenn er einem neuen Entwurf präsentiere.

Phil Hogan sieht in den Leitlinien einen guten Verbesserungsvorschlag und zeigte wenig Interesse über mehrere Jahre hinweg einen neuen Entwurf anzufertigen. Er hatte sich gewünscht, dass der Rat ihm diese Entscheidung abnimmt.

Die meisten Länder haben sich unentschieden gezeigt und die Liste des Kompromissvorschlages nach eigenen Interessen durchgelesen. So zeigte sich der französische Landwirtschaftsminister Stephané Le Foll zwar auch wenig begeistert von dem Kompromisspapier, war aber zufrieden, weil die französische Forderung nach Aufrechterhaltung von Mischbetrieben Eingang gefunden hat.

In dieser Woche liegt es also doch bei der Kommission, sich für oder gegen einen neuen Entwurf zu entscheiden. Bei Verbesserungen darf sie auf den Rat hoffen. Die schwerste Hürde wird das Europaparlament sein. Das Stimmungsbild im Agrarausschuss bei einer Anhörung vor zwei Wochen stand kompromisslos auf Neuanfang [4].

Lesestoff:

[1] Visegrad-Gruppe listet Kritik am Kommissionsentwurf zur EU-Öko-Verordnung auf:

[2] Den Kompromissvorschlag der italienischen Ratspräsidentschaft können Sie hier als PDF herunterladen (englisch): Italienischer Ratsvorschlag

[3] Nur über die Vizepräsidenten kann die Kommission neue Initiativen für das Arbeitsprogramm aufnehmen

[4] EU-Ökoverordnung zwingt zur Standortbestimmung

Roland Krieg

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