EU-Agrarrat in Brüssel
Landwirtschaft
Agrifish und erste GAP-Sondierung
Der Agrarministerrat in Brüssel endet wohl erst in den frühen Morgenstunden des Mittwochs. Traditionsgemäß haben sich die Agrarminister dann auf die neuen Fischfangquoten für das Jahr 2018 geeinigt. Am Montag standen folgende Punkte auf dem Programm.
Fortschritte im Schwarzen Meer
Schneller war die Festsetzung der Quoten im Schwarzen Meer. Dort gibt es zahlreiche Anrainerstaaten, aber mit Bulgarien und Rumänien nur zwei, die der EU angehören. Eine Einigung mit allen Anrainern über Fangquoten gibt es nicht. Aber den ersten kleinen Fortschritt: Vertreter aus Georgien, Russland, der Türkei und Ukraine haben erstmals an der 41. Sitzung der Mediterranen Fischerei diesen Oktober teilgenommen und sich auf eine gemeinsame Befischung des Steinbutts geeinigt. Die erste gemeinsame Quote soll aber erst 2020 festgelegt werden.
Die EU legt schon seit 2008 für Rumänien und Bulgarien Fangquoten für den Steinbutt (Psettas maxima) und Sprotten (Sprattus sprattus) fest. Mit jeweils 57 Tonnen dürfen die beiden Länder im nächsten Jahr etwas mehr als 2014 mit zusammen 86 Tonnen fangen. Bei Sprotten ist die Gesamtmenge bei 11.475 Tonnen wiederholt gleich geblieben. Bulgarien darf im EU-Seegebiet des Schwarzen Meeres gut 8.000 Tonnen, Rumänien 3.400 Tonnen Sprotten fangen.
GAP 2020
Sicherlich der spannendste Tagesordnungspunkt war die erste Aussprache zum Kommissionsentwurf zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2020 [1]. Tarmo Tamm, Minister für den ländlichen Raum in Estland, führte die letzte Sitzung unter estnischer Ratspräsidentschaft durch und wiederholte die Ziele des umfangreichen Komplexes: Stärkung der Landwirte in der Wertschöpfungskette in einem Zwei-Säulen-Modell und Ersatz des Greenings durch ein neues „Delivery Model“. Tamm betonte nach der Sitzung erneut, dass die GAP keine Regionalsierung der Agrarpolitik bedeutet. Die Mitgliedsländer haben den Wert des gemeinsamen Binnenmarktes erkannt und schätzen gelernt. Die Landwirtschaft in der EU steht vor einem großen Generationenwechsel. Daher müssen Jungbauern besser gefördert werden. Um ihnen zu helfen, sollen Kriseninstrumnete und Forschung und Innovation bei der Digitalisierung helfen. Dafür soll mehr Geld ausgegeben werden, auch wenn Tamm dem Mehrjährigen Finanzrahmen, der erst im nächsten Jahr diskutiert wird, nicht vorgreifen wollte.
EU-Agrarkommissar Phil Hogan ist derzeit in Buenos Aires auf der WTO-Ministerkonferenz. Er wurde vom Vizepräsidenten der Kommission, Jyrki Katainen, vertreten. Er unterstrich den notwendigen Wandel in der Landwirtschaft, die künftig für die Bürger einen Mehrwert erwirtschaften müsse. Daher werden größere Akzente auf Umwelt und Klima gesetzt. Die regionale Ausstattung für die Landwirtschaft ist zwischen den Ländern sehr unterschiedlich. Deshalb soll das „Delivery Model“ den Ländern mehr Eigenverantwortung übertragen. Auch für Katainen ist das keine Regionalisierung. Die Länder können strategische Pläne aus den Bereichen Bio-Ökonomie und Kreislaufwirtschaft in Brüssel vorstellen, wo sie mit den gemeinsamen Zielen der EU abgeglichen werden.
Soweit haben sich Tamm und Katainen an dem Entwurf Hogans gehalten. Für die Agrarminister war es die erste Gelegenheit zu einem gemeinsamen Austausch. Offenbar gibt es hinter dem „Delivery Model“ noch viele Fragezeichen, was übertragen wird und was in Brüssel bleibt. Mit dem Argument der Vereinfachung sei aber jedes Mitgliedsland generell dafür, sagte Tamm. Die ersten Ziele werden unter der im Januar beginnenden bulgarischen Ratspräsidentschaft im Mai festgelegt. Bis dahin konnte Katainen weder etwas über die die nationalen Ideen noch die Leitlinien aus Brüssel sagen. Doch die Umweltansprüche sollen hoch sein. Das Modell könnte nach Katainen insgesamt für mehr Kohärenz zwischen verschiedenen Politikbereichen sorgen [3].
Afrikanische Schweinepest
Die Sorgen über das weitere Vordringen des Virus nach Westen wird größer [2]. Im letzten Monat trafen sich zahlreiche Länder in Prag zur fünften ASP-Ministerrunde. Dort wurde die Intensivierung einer koordinierten Seuchenpolitik eingefordert, die Notwendigkeit zu mehr Forschung, weil es keinen Impfstoff gegen das Virus gibt, sowie der Austausch von Best Practise-Beispielen im Kampf gegen den Erreger. Weil ein einfaches Wurstbrot das Virus bereits verbreiten kann, soll die Öffentlichkeit stärker über das Risiko der Verbreitung informiert werden. Dänemark hat am Montag eine stärkere Bejagung von Wildschweinen als Reservoir für das Virus sowie stärkere Kontrollen als auch radikalere Ausmerzung eingefordert.
Unfaire Handelspraktiken
Ds Thema beschäftigt die EU bereits länger und mündet immer wieder bei der Stärkung der Landwirte in der Wertschöpfungskette. Mittlerweile haben 20 Mitgliedsländer nationale Regeln gegen unfaire Praktiken erlassen. Die Slowakei will bis Februar 2018 einen Entwurf für eine einheitliche Regelung präsentieren. Damit soll erst einmal eine genaue Definition für unfaire Praktiken festgelegt werden, Vorbeugemaßnahmen aufgelistet und eine Leitlinie für gute Handelspraktiken veröffentlicht werden. Die Agrarministerin Gabriela Matecna hat diese Ankündigung im Namen der meisten osteuropäischen Länder sowie Griechenland und Portugal vorgetragen.
Küstenschutz im Mittelmeer
Die EU ist Teil aller Anrainerstaaten des Mittelmeeres und wird auf der 20. Sitzung vom 17. bis zum 20. Dezember in Tirana teilnehmen. Ziel des Treffens und Vereinbarung der Agrarminister am Montag, ist die Festsetzung neuer Schutzgebieten für vier neu im Anhang II aufzunehmende Anthozoen. Das sind sesshafte „Blumentiere“, die ihren Beutetieren mit Tentaklen fangen [4].
Lesestoff:
[1] Hogans erster Entwurf: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/die-intelligentere-gap.html
[2] Seuchengefahr für Deutschland steigt: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/warnstufe-rot-fuer-asp-und-hpai.html
[3] Konkrete GAP-Vorstellungen nach zwei Jahren Vorarbeit hat Mecklenburg-Vorpommern kürzlich in Berlin vorgestellt: https://herd-und-hof.de/landwirtschaft-/der-gap-hammer-aus-mv.html
[4] Basis sind die EG-Verordnung 1999/802 (Barcelona Protokoll http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:31999D0802&from=EN) und 1999/800 (Schutzgebiete für die Biodiversität im Mittelmeer und seiner Küsten http://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?qid=1513033900913&uri=CELEX:31999D0800)
Roland Krieg