EU-Agrarrat in Brüssel

Landwirtschaft

Februar-Agrarrat in Brüssel

Christian Schmidt beim Agrarrat Februar 2018

Aussprache über die GAP 2020

Trotz einiger Übereinstimmungen hat die Sitzung der EU-Agrarminister am Montag in Brüssel auch die Unterschiede und Unsicherheiten der künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik aufgezeigt. Christian Schmidt hat bei seinem letzten EU-Auftritt der abgelaufenen Legislaturperiode die Bedeutung der Direktzahlungen für die Einkommen der Landwirte unterstrichen und den Versuch gestärkt, außer-landwirtschaftliche Investoren vom Grund und Boden fernzuhalten. Die nicht nur in der EU, sondern auch in Deutschland erneut diskutierte Kappung und Degression bei den Zahlungen sollte für die einzelnen Länder lediglich optional sein. Eingesparte Gelder sollten zudem im Land für andere Zwecke verbleiben. Die Direktzahlungen schließen die Einkommenslücke zwischen dem landwirtschaftlichen und anderen Sektoren, die nach EU-Agrarkommissar Phil Hogan mit 40 Prozent beziffert wird. Schmidt betonte, dass das Risikomanagement eine „ureigene Aufgabe landwirtschaftlicher Unternehmen“ sei und Verzerrungen nicht zur Aufgabe des Binnenmarktes führen dürften. Als einsamer Rufer positionierte sich Schmidt gegen die Kopplung von Zahlungen an die Produktionsmenge.

Mehrheit für Kopplung

Damit steht der Bund ziemlich alleine da. Selbst Österreich plant die Rückkehr zu gekoppelten Zahlungen, wie die neue Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger ausführte. Köstinger sprach sich dabei für klare Regeln wie eine Prämienobergrenze aus. Das wurde von der schwedischen Kollegin Elisabeth Backteman unterstützt. Kappung und Degression allerdings verhinderten eine Weiterentwicklung von Betrieben. Unterstützung findet Deutschland lediglich bei der neuen niederländischen Agrarministerin Carola Schouten, die gekoppelte Zahlungen mit Produktionssteigerungen in Verbindung bringt.  Vor allem die osteuropäischen Länder sprechen sich für gekoppelte Zahlungen aus und sehen in diesem Element eine Schlüsselfunktion für die Sicherung bestimmter Sektoren wie den Anbau von Eiweißpflanzen (Krysztof Jurgiel aus Polen, Petre Daea aus Rumänien und Tarmo Tann aus Estland). Sándor Fazekas aus Ungarn will die Möglichkeiten der Kopplung so intensiv wie möglich im Rahmen der WTO-Regeln ausnutzen. Die Ungarn sehen in der Kopplung ein Instrument zur Marktsicherung und als Sicherheitsnetz gegen Freihandelsverträge wie dem künftigen Mercosur.

Kleine Betriebe

Kleinere Betriebe sollten generell gefördert werden. Darüber gibt es keine Unstimmigkeiten. Phil Hogan wehrt sich gegen die Kritik, dass 20 Prozent der europäischen Landwirte 80 Prozent der Direktzahlungen erhalten. Die Statistik weise ebenfalls aus, dass die Hälfte der Gelder an die kleineren Betriebe gehe. Die neue GAP sollte aber dennoch ausgewogener werden.

Umweltfokus in der GAP

Der neue Fokus auf Umwelt- und Klimamaßnahmen findet in allen Ländern ebenfalls Gefallen und wurde von den meisten Agrarministern gerne unterstrichen. Estland plädiert für eine stärkere Umschichtung in die zweite Säule, Carola Schouten will zwischen kleinen und großen Betrieben gar nicht unterscheiden und sucht eine neue Formel für die Honorierung von Umweltgütern. Die Direktzahlungen sollen nicht nur für das Einkommen gezahlt werden, sondern auch als „Top-up“ für echte Kosten der Umweltaktivitäten. Ein neues das Greening ersetzende Modell solle deutlich unbürokratischer sein und einen echten Mehrwert erzielen.  Der italienische Minister Maurizio Martina will keine Doppelungen in beiden Säulen der Agrarpolitik mehr.

Mehrjähriger Finanzrahmen der EU

Am Ende hängt alles am Geld. Die Mitteilung der Kommission über eine Verringerung des Budgets von zehn bis 15 Prozent hat dem slowenischen Agrarminister Dejan Zidan Sorgenfalten auf die Stirn geschrieben. Würde das eintreffen, könnten die Minister die Diskussion um öffentliche Leistungen gleich einstellen. Die Agrarmininster müssten ein deutliches Signal für den Erhalt des Budgets aussenden.

Christian Schmidt durfte dabei auf den Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD verweisen. Die neue Regierung ist für höhere Zahlungen an die EU bereit. Das ist bei Agrarkommissar Phil Hogan angekommen, der von neuen Aufgaben wie Grenzkontrollen, Verteidigung und Migration spricht. Sándor Fazekas betont, dass diese Aufgaben nicht aus dem Budget der GAP finanziert werden dürften.

Weitere Ausgaben sollen erfolgen, denn die Angleichung der Direktzahlungen zwischen den Ländern sei längst noch nicht beendet. Vor allem die baltischen Länder votieren für deutlich höhere Zahlungen aus der ersten Säule. Christian Schmidt hingegen betonte mit Blick auf die unterschiedlichen Wirtschaftsdaten, es gäbe gute Gründe für die Differenzierung der Auszahlungen.

Bio-Ökonomie

In einer weiteren Themenrunde unterstrichen die Agrarminister die Bedeutung von Landwirten, Förstern und Fischern im Rahmen der Bio-Ökonomie. Sie gehörten zum multisektorellen Ansatz der Umstellung der Wirtschaft dazu und müssten im Rahmen von Forschung und Innovation auch finanziell berücksichtigt werden. Ob die Bio-Ökonomie noch Eingang in die GAP 2020 findet, bleibt offen. Im dritten Quartal 2018 soll die EU-Strategie einer Revision unterzogen werden.

Eiweißstrategie

Die schon im Rahmen der Kopplung erwähnte Eiweißstrategie der EU soll das Proteindefizit der EU lösen und Ende des Jahres aufgeschrieben werden.

Afrika-Strategie

Phil Hogan hat die Agrarminister über die bevorstehende Afrika-Strategie informiert. Eine Expertengruppe soll die Kommission bei der Politik zur Stärkung des ländlichen Raums in Afrika unterstützen, Arbeitsmöglichkeiten schaffen und Wertschöpfungsketten aufbauen. Es gab keine Gegenreden seitens der Agrarminister.

Zuckermarkt

Vor einem Jahr hat der Europäische Gerichtshof der Klage der belgischen Zuckerfabrik Tirlemontoise Recht gegeben, dass die EU die Zuckerquoten für die Marktjahre 1999/2000 und 2000/2001 falsch berechnet hat (AZ: ECLI:EU:C:2017:105). Landwirte, die zu viele Zuckerrüben geliefert hatten, mussten Strafzahlungen leisten, die am Ende bei der EU landen. Die verteilten Quoten werden neu berechnet und die zuviel bezahlte Gelder zurückerstattet.

Fischerei

Der Agrarrat hat der Neuverhandlung des Fischereiabkommens mit Marokko zugestimmt. Das aktuelle Protokoll läuft am 14. Juli 2018 aus.

Roland Krieg; Foto: Screenshot EU-Agrarrat

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