EU-Kommission patzt bei endokrinen Disruptoren

Landwirtschaft

EuGH stärkt Schweden gegen die EU-Kommission

Phtalate, Bisphenol A und Dioxine haben eines gemeinsam: Sie stehen in Verdacht etliche Krankheiten bei Menschen auszulösen, wie Übergewicht oder Autismus. Kritiker wollen solche Substanzen schon lange verbieten. Ihnen gemeinsam ist die Wirkungsweise: Sie gelten als endokrine Disruptoren, Stoffe, die hormonelle Prozesse im Organismus stören.

Auf der „roten Liste“ der zu verbietenden Stoffe stehen auch 31 Pflanzenschutzmittel mit hohem Marktwert, wie der britische Guardian aufzeigte [1]. Doch im März dieses Jahres verneinte EU-Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis so eine Liste. Der Streit entsteht vor allem durch fehlende wissenschaftliche Kriterien zur Bestimmung der endokrinschädigenden Eigenschaften von Wirkstoffen. Die EU-Kommission hätte bis zum 13. Dezember 2013 eine entsprechende Rechtsakte dazu erlassen müssen – und es unterlassen.

Das Königreich Schweden ist daraufhin mit einer Untätigkeitsklage am 04. Juli 2014 vor den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gezogen – um erst einmal zu klären, ob der fehlende Rechtsakt rechtswidrig ist.

Am Mittwoch hat das EuGH bestätigt, dass die Verordnung EU 528/2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Bioziden keine Missverständnisse zulasse. Die Kommission hätte die entsprechende Rechtsakte bis Ende 2013 erlassen müssen. Die Kommission hatte sich darauf bezogen, dass die von ihr vorgeschlagenen wissenschaftlichen Kriterien im Sommer 2013 kritisiert worden wären. Unabhängig davon hätte, so das EuGH, die Kommission den Auftrag erteilen müssen. Auch eine Folgeabschätzung der Beurteilungen, wie von der Kommission gefordert, stellte den Erlass der Rechtsakte nicht in Frage.

Für das EuGH ein eindeutiges Fazit: Die Kommission hat gegen ihre Verpflichtungen aus der Verordnung 528/2012 verstoßen.

Die Kommission hat das Ergebnis schon vorweg genommen und Schritte für eine Risikobewertung eingeleitet. Ein Sprecher der Gesundheitskommission teilt Herd-und-Hof.de am Mittwoch mit, dass Anfang 2016 die nächsten Aufgaben für diese hoch komplexe Thematik umgesetzt werden. Auf einer Webseite werden die Ergebnisse transparent vorgestellt [2]. Noch vor Jahresende 2016 sollen wissenschaftliche Kriterien vorliegen und mit der gesamten Kommission abgestimmt werden. Was die EU-Kommission hier mache, sei eine Pionieraufgabe für den globalen Handel.

Lesestoff:

Urteil: ECLI:EU:T:2015:976

[1] EU-Kommission unter Druck bei endokrinen Disruptoren

[2] http://ec.europa.eu/health/endocrine_disruptors/impact_assessment/index_en.htm

Roland Krieg

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