EU-Ombudsmann prüft EU-Bienenpolitik

Landwirtschaft

Vernachlässigt die EU das Bienen-Sterben?

Das Sterben von Bienen ist komplex. Fehlende Blüten in der Sommerzeit schwächen die Völker und die Varroa-Bekämpfung wird oftmals nicht professionell durchgeführt, so dass Erwerbsimker auch schon mal einen „Bienenführerschein“ für die Haltung der kleinen Nutztiere fordern. Nicht zuletzt haben Stäube von Beizmitteln für den Schutz von Maissaatgut am Oberrhein vor Jahren zu einem massenhaften Bienensterben geführt. Damals wurde das Pflanzenschutzmittel Clothianidin schlagartig bekannt. Das gehört zur Gruppe der Neonicotinoide, die abermals im Fokus der Wissenschaft stehen.

Neonicotinoide in neuem Verdacht

Zwei neue Forschungen haben die Gefährlichkeit von systemischen Pflanzenschutzmitteln aus der Gruppe der Neonicotinoide aufgeführt. In der einen Studie starben die Königinnen durch Exposition dieser Pflanzenschutzmittel. Das führte nach Ansicht der Forscher zu einem Rückgang der Bienenvölker. Eine andere Studie hat gezeigt, dass die Bienen die Fähigkeit verlieren, wieder den Weg zurück in den Bienenstock zu finden.
Das englische Team um Penelope Whitehorn von der Universität in Stirling hat Hummeln der Art Bombus terrestris – Dunkle Erdhummel, die mit ihren zwei typischen gelben Streifen der helleren Erdhummel zum Verwechseln ähnlich sieht – dem Neonecotinoid Imidacloprid ausgesetzt und ihre eine normale Entwicklung unter Feldbedingungen beobachtet. Im Vergleich zu Kontrollpopulationen wurden 85 Prozent weniger Königinnen produziert. Whitehorn schlussfolgert angesichts der weltweiten Verwendung von Neonicotinoide, dass diese eine negative Auswirkung auf die Hummelpopulation haben könnte.
Das französische Forscherteam um Mickael Henry von der Forschungsinstitution INRA hat Bienen einer nicht letalen Dosis des Neonicotinoids Thiamethoxam ausgesetzt und eine hohe Sterblichkeit durch Orientierungslosigkeit festgestellt. Seine Ergebnisse hat er mit frei fliegenden Bestäubern erzielt, die kleine RFID-Tags trugen. Nach Henry verstärken Neonicotinoide das als Colony Collapse Disorder bezeichnete Phänomen.

Volksanwaltschaft beschwert sich bei EU-Ombudsmann

Bei den österreichischen Imkern sind die Ergebnisse auf höchstes Interesse gestoßen und laden im Burgenland mit plakativen Postern zu ihren Informationsveranstaltungen. Sie haben sich aber auch bei der Volksanwaltschaft beschwert, weil die EU den Neonicotioniden zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe. Die Volksanwaltschaft hat sich nun an den EU-Ombudsmann Nikiforos Diamandouros gewandt, der seinerseits die Sachlage überprüft und bis zum 30. Juni einen Bericht vorlegen muss. Die EU hat Neonicotinoide zugelassen und will sie überprüfen, sobald neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. Der EU ist die Toxizität dieser Stoffe bekannt, sie sollen jedoch weiter genutzt werden, sofern sie eine Bedenklichkeits-Schwelle nicht überschreiten.

Lesestoff:

Bienensterben am Oberrhein

Whitehorn P.: Neonicotinoid Pesticide Reduces Bumble Bee Colony Growth and Queen Production; Science, 29 March 2012 DOI: 10.1126/science.1215025

Henry M: A Common Pesticide Decreases Foraging Success and Survival in Honey Bees: Science, 29 March 2012 DOI: 10.1126/science.1215039

Roland Krieg; Foto: Einladung der Burgenländer Imker

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