EU-Schlachtverordnung auf dem Prüfstand

Landwirtschaft

Nachbesserungsbedarf bei EU-Schlachtverordnung?

Keine zwei Jahre ist es her, dass europaweit die EU-Schlachttierverordnung 1099/2009 in allen Ländern umgesetzt wurde. Die Lebensmittel-Kommission (DG Sanco) hat 13 Mitgliedsstaaten bereist und eine flächendeckende Umsetzung von 70 Prozent festgestellt. Im Agrarausschuss des Europaparlamentes vermerkte Kommissionsvertreter Andrea Gavinelli allerdings, dass es bei der Betäubung noch Verbesserungsbedarf gebe.

Rituelles Schlachten

Der Debatte im Agri-Ausschuss entzündete sich am Montag auf mehreren Ebenen. Zum einen fand erneut die Ausnahme von der Betäubungspflicht einen breiten Widerstand. Die Ausnahme für rituelles Schlachten wie Halal und Schächten im Islam und Judentum entspreche nicht der christlichen Wertegemeinschaft. Die Religionsfreiheit höre beim Tierschutz auf, erklärte Janusz Wojciechowski von der polnischen ECR. Marit Paulsen von den schwedischen Liberalen hingegen spricht von einer möglichen Weiterentwicklung selbst der religiösen Riten, wie es auch im Christentum üblich ist. Selbst in den beiden anderen Weltreligionen gebe es Stimmen, die eine Betäubung von Tieren vor der Schlachtung als mit der Religion vereinbar sehen, ergänzte Peter Jahr von der CDU. Clara Eugenia Aguilera García von den spanischen Sozialdemokraten unterstrich die europäische Idee: Der Respekt vor bestimmten Schlachttechniken sein ein europäischer Gedanke. Man solle den Tierschutz nicht über den Menschenschutz stellen. Von Czeslaw Adam Siekierski von den polnischen Christdemokraten wurden Zahlen eingefordert, wie hoch der Anteil der betäubungslosen Schlachtungen ist. Stehe diese Zahl im Verhältnis zu den religiösen Anforderungen, oder werde sie auch im kommerziellen Sinne für den Export genutzt?

Betäubungsarten

Die Betäubungsarten entwickeln sich weiter. Defizite sind im Schweinebereich mit der Kohlendioxid-Methode festzustellen und beim Geflügelfleisch mit dem Elektrobad. Da waren sich Abgeordnete und Kommission über Forschung und Entwicklung neuer Schlachttechniken einig.

Kennzeichnung

Auch nicht neu, aber wiederholt tauchte die Forderung auf, Produkte nach Schlachttechnik zu kennzeichnen. Damit hätte der Verbraucher die Wahl. Allerdings besage eine Studie der Kommission, so erklärte Andrea Gavinelli, zeigten die EU-Bürger kein Interesse an der Schlachtkennzeichnung. Zudem würden Begriffe wie „Betäubung“ nicht verstanden. Im Gegenteil würde das zu Stigmatisierung von Techniken führen. So sei die CO2-Methode zwar nicht perfekt, aber effektiv.

Systemfrage

Für die Systemfrage meldeten sich deutsche Vertreter. Die Liberale Ulrike Müller kritisierte die Konzentration von Schlachthöfen, was Verlängerung von Dauer und Wegstrecke des Transportes sowie schlechte Arbeitsbedingungen nach sich zöge. Sie empfahl ein Zeitfenster für das Schlachten von Tieren einzuführen. Ein 20-minütiger Todeskampf beim Schächten sei untragbar und sie sprach für eine Schlachtkennzeichnung aus.

Maria Noichl von den Sozialdemokraten argumentierte ähnlich. Es gebe kein Abwägen zwischen Tierschutz und Fleischqualität. Schlachten ohne Stress bei mehr Raum- und Zeitangebot vor dem Schlachten verbessere die Fleischqualität und bedeute hohen Tierschutz.

Entsetzt über die Diskussion zeigte sich Maria Heubuch von den Grünen. Bevor die Europäer über rituelles Schlachten urteilten, sollten sie die Missstände im konventionellen Schlachtprozess beseitigen. Selbst die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA befinde, dass die Kohlendioxidmethode nicht mehr adäquat sei. Nach dem Elektrobad beim Geflügel „hängen noch viele anschließend lebend an den Bändern“. Ungenügende Betäubung sei auch ein Problem der Schlachthofgröße.

Wie geht es weiter?

Was der Zwischenbericht der Kommission hervorgerufen hat, ist noch unklar. Der werde, so die Entscheidung des Agri-Ausschusses, jetzt in den Fraktionen besprochen. Dabei wird ein möglicher Bedarf ermittelt, für den Agri dann einen neuen Bericht zur Änderung oder Neufassung der Schlachtverordnung verfasst.

Lesestoff:

Den aktuellen Stand zur Schlachtverordnung finden Sie auf der DG Sanco-Seite http://ec.europa.eu/food/animals/welfare/practice/slaughter/index_en.htm

Roland Krieg

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