EU-Tag des Meeres

Landwirtschaft

Rolle der Meere in den Vordergrund rücken

Zum ersten Mal wird heute der „Europäische Tag der Meere“ begangen. Der Festakt findet mit EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, Ratspräsidentin Janez Jansa und dem Präsidenten des Europäischen Parlaments, Hans-Gert Pöttering, in Straßburg statt. Sie werden eine gemeinsame Erklärung unterschreiben, um die wichtige Rolle der Meere für Europa zu würdigen.

Europa ist ein Küstenland
Mit den Hinweisen, dass 22 der 27 europäischen Staaten eine Küstengebiet haben, dass die Gesamtlänge der Küsten etwa 70.000 km beträgt und dass die Küstengebiete rund 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts leisten, beschloss die EU im Dezember 2007 mit der Einführung dieses Meerestages, um das gemeinsame Erbe und die gemeinsame Verantwortung für die Ozeane mehr in das öffentliche Bewusstsein zu rücken. Der 20. Mai eines jeden Jahres soll feierlich und mit Netzwerkaktivitäten begangen werden.
„Das Meer, die maritime Wirtschaft und die Meeresressourcen sind für das Wohlergehen und für den Wohlstand Europas von wesentlicher Bedeutung. Durch Einrichtung des Europäischen Tag des Meeres wollen wir Europäer dies feiern und zugleich über die Chancen, die mit den Meeren verbunden sind, und unsere neue integrierte Meerespolitik informieren,“ sagte Barroso im Vorfeld.

“Bigger stocks mean bigger bucks“
Wirtschaftsforscher der Australian National University haben die Erfolgsformel für die nachhaltige Fischerei formuliert. Sie hatten die Einnahmesituation von Fischereibetrieben in Relation zu den Fischbeständen untersucht. Wird den wichtigsten Fischarten Zeit zur Bestandserholung gegeben, zeichnet sich eine „win-win-Situation“ für Fisch und Fischer ab. Die ökonomischen Verluste der Fischer in der Zeit der Bestandserholung werden später mehr als wett gemacht. Sind mehr Fische verfügbar, sinkt der Aufwand der Fischerei. Sie kommen mit weniger Treibstoff aus, müssen nicht so häufig raus. Das Modell berücksichtigt auch den geringeren Erlös bei erholten Fischbeständen, die mehr Ware auf den Markt bringen. Der Mindererlös kann bis zu 25 Prozent ausmachen.
Das Fischerei-Management kann mit dem australischem Modell auf kurzfristig hohe Fangquoten verzichten. Die Fischer profitieren davon, wenn sie langfristige Fangrechte erhalten, um die spätere Gewinnoptimierung realisieren zu können. Australien soll die Fangstrategien bereits angepasst haben.
roRo

EU-Kommissar für Fischereiangelegenheiten, Dr. Joe Borg, erinnerte vergangene Woche in Lissabon vor dem portugiesischem Parlament an die historische, europäische Bedeutung der Entdecker Vasco da Gama, Magellan, Bartholomäus Dias und Heinrich des Seefahrers. Die „Ozeane sind von fundamentaler Bedeutung unserer Geschichte“ und sind existenziell für die gemeinsame Zukunft, schlug Borg den zeithistorischen Bogen bis hin zur Gegenwart.
Contaioner laeuft in die Elbe einRund 40 Prozent der weltweiten Containerflotte und 90 Prozent des europäischen Außenhandels passieren die über 1.200 europäischen Häfen. „Maritime Aktivitäten ohne die Rohstoffwerte Öl und Fisch und ohne die Einkommen des Meeres- und Küstentourismus, liefern bereits zwischen drei und fünf Prozent des europäischen Bruttosozialproduktes. Inklusive Meeres- und Küstentourismus sichert der maritime Bereich rund fünf Millionen Menschen die Arbeit“, hob Borg die Bedeutung der Meere hervor.

Nachhaltige Nutzung
Rückblickend stellte Borg aber auch fest, dass die Übernutzung der Meere negative Auswirkungen auf die Biodiversität habe. „Die Ozeane müssen erhalten bleiben“, forderte Borg. Im Rahmen der nachhaltigen Meerespolitik versucht die EU den Spagat zwischen wirtschaftlichen Nutzen und ökologischer Erhaltung. Der Transport über die Meere soll im europäischen Handel harmonisiert werden. Das beinhaltet eine Harmonisierung der umweltverträglichen Bestimmungen zwischen allen europäischen Häfen. Die Meeresforschung soll genauso intensiviert, wie die Möglichkeiten der Offshore-Aquakultur ausgenutzt werden. Borg hofft auch, dass die Schifffahrt durch Reduzierung der Kohlendioxidemissionen umweltverträglicher wird, um einer ökologisch basierten nachhaltigen Fischerei den Vorzug zu geben. Zerstörerischer und Piratenfischerei will er ein Ende setzen.

Immer noch viel zu tun
Eine positive Bilanz zieht Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander: „In den vergangenen Jahren ist die Nährstoffbelastung der Nordsee durch die einträge der Flüsse stetig zurückgegangen.“ So konnte die Belastung durch gefährliche Stoffe, wie beispielsweise durch die Schwermetalle Blei, Quecksilber und Cadmium oder das Biozid Tributylzinn (TBT), gesenkt werden, teilte das Ministerium mit. Gegenüber 1985 wurden auch die Nährstoffeinträge Stickstoff und Phosphor halbiert. „Hieraus können und wollen wir uns aber nicht ausruhen“, sagt Sander. „Zum Schutz der Nordsee müsse die Belastung mit Nährstoffen weiter gesenkt werden.“
Auch Nichtregierungsorganisationen sehen Fortschritte. Der WWF resümiert in seiner Einleitung zum „WWF-Bericht über die Bedrohung der Meere und Küsten“, dass die Ölverschmutzung seit Mitte der 1980er Jahre um 85 Prozent zurückgegangen, die Verklappung giftiger Chemikalien nicht mehr erlaubt ist und Schutzgebiete eingerichtet wurden. In der Summe nur ein kleiner Beitrag, denn aktuell wehrt sich der WWF gegen die Ölförderung im Nationalpark Wattenmeer, die von der RWE Dea AG vorangetrieben wird.
In der Fischerei hat es einen grundlegenden Wandel gegeben, denn es sind nicht mehr die kleinen bunten Boote, die auf das Meer hinausfahren, sondern schwimmende Fischfabriken, die ihren Fang bereits an Bord verarbeiten und kühlen. Der WWF schätzt, das die globale Fangflotte ihre nachhaltige Größe bereits um das 2,5fache übersteigt. Besonders wird kritisiert, das die Flotten weltweit mit rund 11 Milliarden Euro im Jahr subventioniert werden und damit ihren Raubbau vorantreiben können.

Nachhaltiger Fisch aus den Weltmeeren
KrabbenkutterMit 16 Kilo Fisch im Jahr 2007 hat der Pro-Kopf-Verzehr in Deutschland einen neuen Rekord erreicht, teilte das Fisch Informationszentrum (FIZ) zu Jahresbeginn mit. Mehr als 1,2 Milliarden Euro fließen in die Handelskassen und der Trend zur gesunden Ernährung führt auch zu einer Wiederkehr der Fischtheke in den Supermärkten. Frischer Fisch punktet im Handel und in der Gesundheit. Bis zu zweimal sollte Seefisch auf den wöchentlichen Speiseplan stehen. Doch ist der Verzehr der Omega-3-Fettsäuren auch umweltverträglich?
Für Wildfisch aus dem offenen Meer gibt es keine Verbraucherlabels und das Marine Steward Council (MSC) versucht auch nur beschreiben, inwieweit der Fisch nachhaltig gefangen wurde, sagte Nicolas Guichoux auf der Nürnberger BioFach. Hier hat der Handel noch einige Seemeilen vor sich.
Trotzdem bietet das MSC eine gute Orientierung und der WWF hat einen Fischführer herausgebracht. Er bietet Verbrauchern eine gute Übersicht, welcher Fisch mit gutem Gewissen verzehrt werden kann.

Demo gegen Fangverbot
Die Steuerung der Fangmengen ist nicht störungsfrei. Beim Ostseedorsch hat Polen im letzten Jahr die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, weil die Quote überfischt wurde. Zuletzt um 8.000 Tonnen. Gegen das ausgesprochene Fangverbot für den Rest des Jahres demonstrierten im September die polnischen Fischer entlang der Küste. Genutzt hat es wenig, denn die EU-Kommission hat im April diesen Jahres die Quote für den Ostseedorsch trotzdem gesenkt. Die Höhe der Quotensenkung entspricht dem zusätzlichen, aber unerlaubtem Fang aus der Vergangenheit. Um die Auswirkungen auf die polnischen Fischer verträglich zu gestalten, verringert sich die Fangquote in Höhe von 10.225 Tonnen in diesem Jahr nur um 10 Prozent. In den kommenden drei Jahren aber werden jeweils 30 Prozent abgezogen. Polen hat zugestimmt, seine Fangflotte zu verkleinern.

Lesestoff:
Mehr über den ersten Europäischen Tag des Meeres finden Sie unter http://ec.europe.eu/maritimeaffairs/maritime-day-2008:de.html
Die Studie der Crawford School of Economics and Government (Universität Australien) ist erschienen: Grafton, Kompas, Hilborn: Economics of Overexploitation Revisited; Science, Vol. 318. no. 5856, p. 1601 (DOI: 10.1126/science.1146017); 07.12.07
Den Fischführer des WWF finden Sie zusammen mit Informationen über den aktuellen Meeres- und Küstenschutz unter www.wwf.de

Termine:
Im Rahmen des Europäischen Tag des Meeres finden zahlreiche Veranstaltungen statt:
Im schwedischen Gothenburg tagt bis zum 22. Mai die “Roll on-Roll of“-Szene. Die Frachtschifffahrt will sich mit Umweltaspekten bei Transport und Logistik beschäftigen. www.roroex.com
Im italienischen Ancona findet vom 23. bis zum 25 Mai die 68. Fischmesse statt. Die Ausstellung fokussiert sich auf Ausrüstung und innovative Techniken, Logistik und Handel www.fieradellapesca.it
Am 24. Mai startet in den Niederlanden die „Woche des Meeres“, bei der die europäische Küstenunion teilnimmt. Neun Tage steht unser Nachbarland mit dem Motto „Volle Kraft voraus“ unter Dampf. Alle Informationen und Termine unter www.weekvandezee.nl
Am 26. Mai findet der Europäische Tag des Meeres seinen festlichen Ausklang in Plymouth. Verschiedene Regatten finden vor der Küste statt und es gibt viel Live-Musik. www.plymouthsummerfestival.co.uk

VLE; Fotos: roRo (Container bei der Einfahrt in die Elbe; Krabbenkutter in Ostfriesland)

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