EuGH erlaubt Privatklage gegen Nitratwerte
Landwirtschaft
Eigenes Brunnenwasser mit hohen Nitratwerten?

Der Wasserleitungsverband Nördliches Burgenland ist Österreichs viertgrößter Wasserversorger und sichert für 160.000 Menschen das Trinkwasser. Damit das Trinkwasser genutzt werden kann, muss der Wert an Nitrat unterhalb des Grenzwertes von 50 mg pro Liter betragen. Wie in der ganzen EU liegen vereinzelte Messwerte oberhalb des Grenzwertes. Daher müssen Maßnahmen getroffen werden, die Grenzwerte zu drücken. Eine der diffusen Eintragsquellen ist die Landwirtschaft.
Der Hausbesitzer Robert P. in der Gemeinde Zillingdorf südlich von Wien hat einen Hausbrunnen im Versorgungsgebiet, der schon mal 59 mg Nitrat/l aufwies. Da die Gemeinde Zillendorf einen kommunalen Brunnen betreibt, dessen Wasser wegen hoher Nitratwerte von 71 mg/l als nicht trinkbar eingestuft ist, kann Robert P. nicht ausschließen, dass sein Brunnenwasser den Grenzwert von 50 mg/l überschreitet. Ein Anschluss an das Wassernetz des Wasserleitungsverbandes besteht nur grundsätzlich. Robert P. will aber seinen Hausbrunnennutzen und sieht in der möglichen Überschreitung des Nitratwertes eine Einschränkung seiner Rechte.
In Urteilen aus den Jahren 2008 und 2014 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) bei Luftqualitäten Personen das Recht gegeben, die vorgesehenen Grenzwerte per Gericht einzuklagen. Das könnte auch für die Wasserqualität zutreffen. Darüber hatte der EuGH im Rahmen einer Vorabentscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien zu entscheiden und fällte am Donnerstag sein Urteil.
Der öffentliche Wasserversorger habe Aufbereitungsmaßnahmen bei Überschreitung des Grenzwertes durchzuführen. Offenbar sind die Aktionspläne unzureichend und führen bei Robert P. zur Einschränkung seines Rechts auf Nutzung des Grundwassers über seinen Hausbrunnen. Die vom Landwirtschaftsministerium verhängten Reduzierungspläne für Nitratwerte im Grundwasser müssen, so der EuGH, geändert oder zusätzlich angepasst oder verstärkt werden, sofern das betroffene Grundwasser von diffusen Quellen wie der Landwirtschaft verunreinigt ist und zu einer Überschreitung führt. Es reicht also nicht aus, dass der Wasserverband Nördliches Burgenland Maßnahmen zur Bereitstellung von nutzbarem Trinkwasser durchführt. Die Maßnahmen müssen auch beim Hausbrunnen von Robert P. Erfolg zeigen.
Die deutschen Ministerien für Agrar und Umwelt sind gewarnt. Die verschärfte Reform der Dünge-Verordnung ist von der EU-Kommission noch immer nicht akzeptiert, obwohl beide Ministerinnen Ende August sogar in Brüssel vorsprachen. Beide Ministerien haben Ende September erneut nachlegen müssen:
Die Verlängerung der Sperrfristen für die Ausbringung von Düngemitteln auf Grünland in den Herbst- und Wintermonaten und für Festmist von Huf- oder Klauentieren. Die Vergrößerung der Gewässerabstände mit Düngeverbot in Hanglagen. Die Verpflichtung zur Begrünung von Gewässerrandstreifen an Hängen soll im Wasserhaushaltsgesetz geregelt werden. Die Ausbringung von Festmist auf oberflächlich gefrorenem Boden soll auf 120 Kilogramm Stickstoff je Hektar begrenzt werden. Maßnahmen zur Verringerung von Phosphateinträgen in die Gewässer. Hier wird eine flächendeckende Sperrfrist für P-haltige Düngemittel vom 1. Dezember bis 15. Januar eingeführt. Zudem wurde der Kommission ein detaillierter und aktualisierter Zeitplan zur Änderung der Düngeverordnung mit der offiziellen Mitteilung vorgelegt.
Lesestoff:
Aktenzeichen: ECLI:EU:C:2019:824 vom 03. Oktober 2019
Roland Krieg