Evaluierung EU-Ökoverordnung
Landwirtschaft
EU-Ökoverordnung: Gut, aber es geht noch besser
Die EU-Ökoverordnung, die für die gesamte Europäische Union einheitliche Kriterien und Mindeststandards für den Ökologischen Landbaus festlegt, soll nach dem Willen der EU-Kommission in den nächsten Jahren überarbeitet werden. Im März soll der erste Legislativ-Vorschlag vorliegen. Im Auftrag der Kommission hat das Braunschweiger Thünen-Institut die bisherige Verordnung evaluiert. Fazit der jetzt veröffentlichten Ergebnisse: Die Prinzipien des Ökologischen Landbaus sind in der EU-Verordnung grundsätzlich gut verankert, ein fairer Wettbewerb und ein reibungsloser Binnenhandel werden sichergestellt. Probleme gibt es jedoch unter anderem bei der Umsetzung der Verordnung in nationales Recht.
Konkret: Einzelne Vorschriften in der Verordnung können unterschiedlich interpretiert werden, daher unterscheidet sich die Umsetzung in den EU-Mitgliedsländern bei einigen Teilbereichen erheblich. So kann in einigen Ländern ein regional erzeugtes Futtermittel aus der gesamten EU stammen, während sich in anderen Mitgliedstaaten der Begriff „Region“ auf ein Gebiet innerhalb des eigenen Landes bezieht. „Um hier Fortschritte zu erzielen, ist es wichtig, weiter an einem gemeinsamen Verständnis über die Ziele und Prinzipien des Ökolandbaus auf europäischer Ebene zu arbeiten“, so Dr. Jürn Sanders vom Thünen-Institut, der die Evaluation geleitet hat. Darüber hinaus besteht die Notwendigkeit, einzelne Begriffe der Verordnung eindeutiger zu definieren und die Regeln stärker auf die Ziele und Prinzipien des Ökologischen Landbaus zu beziehen.
Weiteren Handlungsbedarf sehen die Evaluatoren unter anderem bei den Bereichen, die bisher nicht oder nur unspezifisch geregelt sind. Hierzu zählt beispielsweise der Energieverbrauch, die Wassernutzung oder die Bewirtschaftung von Naturschutzflächen. Als problematisch haben sich auch die bestehenden Ausnahmeregelungen für den Einsatz konventioneller Produktionsmittel wie Saatgut, Futtermittel oder Jungtiere erwiesen. Die entsprechenden Regelungen haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass der Öko-Anteil nicht so hoch stieg wie gewünscht. Bei einer Abschaffung der Ausnahmeregelung ist allerdings zu bedenken, dass dadurch unter anderem der Bezug regionaler Produktionsmittel erschwert wird.
Neben den Produktionsvorschriften enthält die EU Öko-Verordnung auch Bestimmungen zum Kontrollsystem. Die Vorschriften sind nach den Ergebnissen der Evaluation grundsätzlich angemessen, bieten allerdings Optimierungspotenzial. Um die Effektivität der jährlichen Kontrollen zu erhöhen, bieten sich vor allem risikobasierte Ansätze an, bei denen die Anzahl der Kontrollen von der Wahrscheinlichkeit eines Regelverstoßes abgeleitet werden. Ferner wurden in einigen Mitgliedstaaten Defizite bei der Überwachung der Öko-Kontrollstellen und beim Informationsaustausch festgestellt, die bei einer Überarbeitung der Verordnung berücksichtigt werden sollten.
Der für die Konsumenten „sichtbarste“ Aspekt der Verordnung bezieht sich auf die Kennzeichnung von Bioprodukten. Demnach müssen beispielsweise seit 2010 Bioprodukte mit dem EU-Öko-Logo ausgelobt werden, um die Sichtbarkeit der Produkte im Supermarkt in der gesamten EU zu erhöhen. Bekannt ist das Kennzeichen (stilisiertes Blatt aus zwölf Sternen auf grünem Grund) bisher allerdings nur wenigen Konsumenten. Bei einer im Rahmen der Evaluation durchgeführten Befragung wussten lediglich ein Viertel der Teilnehmer, welche Bedeutung das Logo hat. „Ein Grund hierfür ist sicherlich, dass dem Logo ein expliziter Bezug zum Ökolandbau fehlt“, so Sanders. Neben weiteren Informationskampagnen über die Kennzeichnung von Biolebensmitteln wäre es deshalb hilfreich, wenn auf den Produkten das Logo und der Begriff „Öko“ oder „ökologische Landwirtschaft“ leicht erkennbar neben- oder untereinander stehen würden.
Lesestoff:
Bei der Evaluation arbeitete das Thünen-Institut eng mit zahlreichen Institutionen und Experten in Europa zusammen. Der Evaluationsbericht ist abrufbar unter: http://ec.europa.eu/agriculture/evaluation/market-and-income-reports/2013/organic-farming/fulltext_en.pdf
Michael Welling (Thünen Institut)