Extensive Beweidung
Landwirtschaft
Extensive Weide zwischen Markt und ländlicher Entwicklung
„Deutschland braucht Wiesen und Weiden“, erklärte Peter Bleser, Parlamentarischer Staatssekretär aus dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) auf der Tagung des Deutschen Verbandes für Landschaftspflege (DVL) Mitte November in Berlin. Thema war die „Extensive Beweidung in der Gemeinsamen Agrarpolitik ab 2014“. Als Teil der Kulturlandschaft erfüllen sie Aufgaben des Naturschutzes, sichern Artenvielfalt, dienen der Grundwasserbildung und als Speicher für Kohlendioxid und Humus. Außerdem sind sie Erholungsraum. Doch unterbleibt nach Bleser vor allem an den Grenzstandorten aus Kostengründen die Bearbeitung und die Pflege des Grünlands wird zur „sozialen Aufgabe“
Weide als Kulturgut
Nach
Josef Göppel, Vorsitzender des DVL, ist die Beweidung mit Tieren ein
Zukunftsmodell. Das vermittele ein anderes Bild Deutschlands und halte die
Balance zwischen Hightech-Standort und Naturverbundenheit. Doch die Realität
sieht ernüchternd aus, führte Prof. Dr. Rainer Luick von der Hochschule für
Forstwirtschaft Rottenburg aus. Es stehen immer weniger Tiere auf der Weide und
die landwirtschaftliche Beratung forciere ganzjährige „Indoor-Systeme"“
Viel Kulturgut sei verloren gegangen. Einst wurde das Limpurger Rind zu den
Schlachthäusern nach Paris getrieben und die Haubargen, die großen Bauernhäuser
auf der Halbinsel Eiderstedt zeugen vom Reichtum durch die Ochsenmast für
England. Überlebt haben in Deutschland nur noch die Hutungen auf der
Schwäbischen Alb und die Lüneburger Heidelandschaft.
Doch
genau solche extensiven Beweidungen auf vernässten Niedermoorstandorten,
Überschwemmungsflächen, Waldweiden und Almen weisen die höchste ökologische
Wertigkeit auf und sollen in der europäischen Agrarpolitik gefördert werden, um
erhalten zu bleiben. Halboffene Weidelandschaften und Trockenrasenstandorte
sollten zum Leitbild der extensiven Beweidung werden, forderte Edgar Reisinger
von der Thüringer Landesanstalt für Umwelt und Geologie. Rund 820.000 Hektar
könnten in Deutschland umgewandelt werden. Das entspräche fünf Prozent der
landwirtschaftlichen Fläche.
Doch
das ist fraglich. Bayern führt mehrere tausend Hektar Hutungen, Almen und
Sommerweiden über die erste Säule. Aber nicht alle Flächen sind im System
erfasst, erläuterte Wolfram Güthler vom Bayerischen Staatsministerium für
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Wie viele, wisse man nicht,
aber es sei eine „erhebliche“ Anzahl.
Extensive Weide und die Agrarpolitik
Der
rechtliche EU-Rahmen stehe im Weg, erklärte Dr. Hubertus Wolfgarten aus dem
BMELV. Gras müsse als Futterpflanze auf diesen Weiden überwiegen,
Landschaftselemente müssten unter Cross Compliance geführt werden und je Hektar
dürften nicht mehr als 50 Bäume stehen. Ob es nach 2014 besser wird, bleibt
unklar. Der landwirtschaftliche Bezug bleibe für die Auszahlung der Prämie
bestehen. Bei einer Aufweichung würde in anderen Ländern viel Ödland in das
Prämiensystem geführt werden. Auch die oft proklamierte Pflicht zum Weidebesatz
werde kein Prämienkriterium. Als Kopplung an die Produktion sei das nicht
WTO-konform.
Das
größte Problem allerdings scheint das Integrierte Verwaltungs- und
Kontrollsystem (InVeKos) zu sein, über das die Prämienansprüche geregelt
werden. Extensive Weiden sind auf Grund ihrer unregelmäßigen Form kaum exakt zu
vermessen. Nach Hubertus Wolfgarten könnte mit „landwirtschaftlich genutzte
Naturschutzfläche“ eine neue Kategorie eingeführt werden, die als Ganzes auch
ohne Ermitteln der Landschaftselemente beihilfefähig wäre. Darüber werde man im
nächsten Jahr noch zu diskutieren haben. Als „Plan B“ definierte Wolfgarten die
Kofinanzierung der extensiven Weiden in der zweiten Säule oder die komplette
Herausnahme aus dem System und die Überführung in den Vertragsnaturschutz.
Lesestoff:
www.landschaftspflegeverband.de
Roland Krieg, www.aid.de