Fängt Ciolos die Liberalisierung ein?

Landwirtschaft

Dacian Ciolos neuer EU-Agrarkommissar

Am Dienstag hat das Europäische Parlament mit 488 Stimmen bei 137 Gegenstimmen und 72 Enthaltungen für die neue EU-Kommission gestimmt. Die Abgeordneten beriefen in einer einzigen Abstimmung das neue Kollegium von Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso für die nächsten fünf Jahre ins Amt.
Damit wird auch der Rumäne Dr. Dacian Ciolos zum EU-Agrarkommissar und Nachfolger von Mariann Fischer Boel aus Dänemark. Die neue Kommission soll bereits heute voll arbeitsfähig sein – rund drei Monate später als geplant.

Künftige GAP
Noch bis 2013 gilt die derzeitige Gemeinsame Agrarpolitik mit der ersten und zweiten Säule. Direktzahlungen als Einkommensausgleich und Entwicklung des ländlichen Raums. Wie die Gelder ab 2014 vergeben werden, steht noch in den EU-Sternen, doch sollen in diesem Jahr die ersten Weichen gestellt werden.
Der Agrarsektor steht mit der neuen Kommission nicht mehr für sich alleine da. Das Europäische Parlament wird über den Haushalt im Agrarbereich mitbestimmen.

Dr Dacian CiolosWas bringt Ciolos?
Der Rumäne gilt zunächst einmal als ausgewiesener Fachmann. Der studierte Agrarier hat außer in seinem Heimatland auch in Frankreich viele Erfahrungen sammeln können. Von Ciolos wird sehr viel erwartet und Ungarns Landwirtschaftsminister József Gráf äußerte auf der Grünen Woche die Hoffnung, dass Ciolos als Vertreter eines der jüngsten EU-Mitgliedsländer für alle osteuropäischen Länder spricht.
Rumänien hat im kleinteiligen Agrarbereich großen Aufholbedarf, wie Staatsekretär Nicolai Flavia Lavin vor drei Jahren auf der Grünen Woche sagte. Rumänien setzt auf Biomasse und Agrartourismus. Dacian Ciolos, damals Berater des Sekretärs, sagte zu Herd-und-Hof.de, dass in die kleinen Betriebe niemand investieren wolle und nur staatliche Hilfe den Strukturwandel bewältigen kann. Vor diesem Hintergrund des noch immer kleinteilig strukturierten Agrarbereiches, gilt Ciolos als jemand, der weitergehenden Liberalisierungen des Agrarbereiches Grenzen setzen kann.

Kernpunkte Ciolos
Dacian Ciolos hat sich mit der Aussage beworben, dass der Vertrag von Lissabon dem Europäischen Parlament „eine entscheidende Rolle im Beschlussfassungsprozess der Gemeinsamen Agrarpolitik zukommt.“ Daher werde die Beziehung zwischen ihm und dem Parlament ein gewichtiger Faktor für die Politikgestaltung sein.
Im Wesentlichen bekennt Ciolos sich zu einer nachhaltigen Landwirtschaft in der gesamten EU. Die erste Säule soll stark bleiben und an bestimmte „Grundregeln für die Nutzung der landwirtschaftlichen Fläche“ gebunden sein. Dem Dialog über die Honorierung der gesellschaftlichen Leistungen steht Ciolos offen gegenüber. Er will mit allen Beteiligten über die künftige Politikgestaltung reden.
Gleichzeitig will er zwar eine „wirksame Ausrichtung“ der Landwirtschaft auf die Märkte haben, doch hat die Wirtschaftskrise Spuren hinterlassen: „Den erhöhten Fluktuationen auf den Agrarmärkten, die sich 2008 in bis dahin nicht gekannten Preisschwankungen niedergeschlagen haben, und der sich im Jahr 2009 daran anschließenden Wirtschaftskrise müssen wir besser Rechnung tragen.“ Sicherheitsnetze will Ciolos in der Agrarpolitik beibehalten. Dazu gehören auch Instrumente wie Exporterstattung und Interventionen.
Den ländlichen Raum will Ciolos stärker fördern. Der weise ein großes Potenzial auf, dass über Diversifizierung der Erwerbsmöglichkeiten genutzt werden könne. Lebensqualität und ländliche Umweltqualität sind ebenfalls Stichworte für Ciolos´ ländlichen Raum.

Erste Reaktionen
Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner begrüßte Ciolos als neuen Agrarkommissar: „Wir wollen gemeinsam an Weichenstellungen arbeiten, die Europas Landwirten wirtschaftliche Perspektiven eröffnen, Planungssicherheit geben und dabei gleichzeitig den Beitrag der Landwirtschaft in der Europäischen Union zur Welternährung und zum Klimaschutz mit einer nachhaltigen Landbewirtschaftung verbessern.“
Der Deutsche Bauernverband hat Ciolos angeboten, mit dem Berufsstand konstruktiv zusammen zu arbeiten. Auch das European Milk Board (EMB) will sich baldmöglichst mit Ciolos über die Milchpolitik austauschen können. Hintergrund ist die Aussage der High Level Expert Group on Milk, dass die EU eine wichtige Rolle bei der Gestaltung des Milchmarkts spielen wird.

Roland Krieg; Foto: EU

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