Familienplanung zur Armutsreduktion
Landwirtschaft
Familienplanung: Vernachlässigtes Menschenrecht
Im letzten Jahr wurde der sieben Milliardste Mensch geboren und 2050 werden zwischen neun und zehn Milliarden Menschen die Erde bevölkern. Vor 50 Jahren gab es nur drei Milliarden Erdenbürger und aktuell spüren wir schon die zunehmende Spannung bei der Verteilung der Ressourcen.
Familienplanung war schon immer Bestandteil der Entwicklungshilfe, doch in diesem Jahr legt der Weltbevölkerungsbericht den Schwerpunkt auf das Menschenrecht. Auf der Weltbevölkerungskonferenz in Kairo 1994 kamen 174 Länder überein, dass Bevölkerung und Entwicklung unmittelbar miteinander verknüpft sind. Jenes Jahrzehnt sprach von freiwilliger Familienplanung. In den letzten zehn Jahren ist das Thema aber stark vernachlässigt worden, erklärte Renate Bähr, Geschäftsführerin der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung am Mittwoch in Berlin. Die Zahlen für den Zugang zu Verhütungsmitteln gehen zurück, die Zahl der Abtreibungen bleibt stabil und die Aufklärungskampagnen gehen zurück.
Von den 1,57 Milliarden Frauen im gebärfähigen Alter in Entwicklungsländern benötigen schätzungsweise 867 Millionen Frauen Verhütungsmittel. Jede Vierte aber, rund 222 Millionen, nutzt keine, obwohl sie eine Schwangerschaft verhüten will.
Im Fokus stehen die jungen Frauen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren, bei denen die Familienplanung beginnen muss, ergänzt Werner Haug vom Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA).
Freie Entscheidung
Der Weltbevölkerungsbericht setzt in diesem Jahr den Schwerpunkt auf die Familienplanung, weil jedes Paar und jede Einzelperson das freie und eigenverantwortliche Recht über die Zahl ihrer Kinder und den Zeitpunkt der Geburt hat. Zweitens ist die Entscheidung zur Gründung einer Familie Voraussetzung für die Erlangung weitergehender Rechte und nicht zuletzt brauchen viele Menschen eine Fürsprache für ihr Recht auf Familienplanung.
Südostasien gilt als Beispiel, wo die so genannte demografische Dividende greift. Wenn ein Mädchen nicht zu früh ein Kind bekommt, dann ist es länger gesund, später auch die Kinder. Das Mädchen kann die Schule besuchen, eine Ausbildung machen und ein eigenes Einkommen erzielen. Das ist einer der Wege aus der Armutsfalle. Für die Post-2015-Zeit, wenn die Millenniumsziele neugefasst werden müssen, soll die Familienplanung nach Haug eine besondere Berücksichtigung erfahren.
Nach Dirk Niebel, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, bleibt der Bedarf an Zugang zu Verhütungsmitteln „bemerkenswert hoch“ und verweist auf Erfolge in Burkina Faso, wo Verhütungsmittel fast flächendeckend vorhanden seien, sich die Nutzung in den letzten zehn Jahren verdreifacht habe und die Genitalverstümmelung von 40 auf zehn Prozent gesunken sei.
Auch wenn die Bundesregierung mehr Geld für Projekte der Familienplanung ausgibt, so ist die globale Finanzausstattung stark defizitär. Würden alle Frauen verhüten können, müsste ein Betrag in Höhe von 8,1 Milliarden US-Dollar im Jahr ausgegeben werden. Das wäre eine Verdoppelung der Gelder, die heute für Mittel, Personal und Gesundheitssysteme zur Verfügung stehen. Niebel betont, dass die Verhütung nicht nur eine Angelegenheit der Frauen ist, sondern, dass auch die jungen Männer angesprochen werden müssen.
Es gibt keine anderen Alternativen. Die Ein-Kind-Politik in China verstoße gegen Menschenrechte und die Enthaltsamkeit, zwar die wirksamste Methode, ist letztlich unrealistisch.
Lesestoff:
Roland Krieg