Finnlands Bauern kämpfen um die Rentabilität
Landwirtschaft
Suomi: Blaue Seen, grüne Wälder und weiße Schneedecke
Das magische Polarlicht verhilft den zotteligen Highlandrindern in Lappland zu einem exquisiten Geschmack. Die Wildnis Finnlands hält manche Geschichte für Gaumen und Seele bereit, um Touristen neugierig auf das nordöstlichste Land der Europäischen Union zu machen. Vielleicht gehört das eine oder andere eher der nordischen Sagenwelt an, die Mitteleuropäer für unglaubwürdig halten mögen. Doch Ruhe, Besinnlichkeit und einsame Wildnis stehen bei ihnen so hoch im Kurs, dass sie im Winter gerne nach Lappland und im Sommer überwiegend nach Helsinki und das finnische Seengebiet reisen. Solange es blaugrüne Seen gibt, aus denen sorgenfrei getrunken werden kann, und es Inseln gibt, die wiederum kleine Seen tragen, aus denen Felsen herausragen, wird sich das Polarlicht auch irgendwie auf das Wachstum der Rinder auswirken.
Die kurze Vegetationszeit in Finnland beginnt mit der Aussaat von Sommergetreide Anfang Mai, wenn die Birke noch keine Blätter trägt. Der Hafer ist bereits reif, wenn die Mitternachtssonne auf die Felder scheint. Die Mähdrescher kommen aber erst vier Wochen später und das reife Korn hat auf dem Halm Zeit, wichtige Inhaltsstoffe aufzunehmen. Deshalb ist der finnische Hafer reich an Aminosäuren und qualitativ dem mitteleuropäischem Getreide überlegen.
Lachs, Wildbeeren, Fleisch, Eier und Milch werden zur Internationalen Grünen Woche 2019 vom Partnerland Finnland als Nahrung aus der Wildnis beworben. Die Marketingbilder ähneln den Bildern für Touristen. Wer die Vielseitigkeit der finnischen Küche mit Dinkel, Emmer, Hafer, gemischt mit Milch, Quark und immer wieder Beeren, genossen hat, der wird die Verbundenheit von Kulinarik und Natur erschmecken. 40 Prozent des Umsatzes der finnischen Ernährungsindustrie wird vom Export getragen. Die Markenbildung steht aber erst am Anfang. So liefert Helsinki Mills Hafer in allen Varianten als Rohstoff oder Zutat in mehr als 40 Länder. Aber unter der Marke Helsinki Mills stehen die Produkte fast nie im Regal des internationalen Handels. Die Grüne Woche soll eine Kehrtwende einleiten und finnische Produkte beim Verbraucher als Marke bekannt machen.
Das hat aber seinen Preis. Der finnische Landwirtschaftsminister Jari Leppä unterstützt den Markenauftritt des finnischen Landwirtschaftsverbandes MTK. Doch der Strukturwandel in der finnischen Landwirtschaft hält an. In den letzten Jahren haben jährlich rund sechs Prozent der Betriebe aufgegeben. Ackerbau und Nutztierhaltung sind regional getrennt. Die Marktfruchtbetriebe können sich kaum als Vollerwerb finanzieren und arbeiten vielfach im Nebenerwerb.
Das liegt nicht nur an der kurzen Vegetationszeit, sondern vor allem an der mangelnden Rentabilität der Betriebe. In den letzten 15 Jahren sind die Betriebsmittel um 50 Prozent teurer geworden, die Erzeugererlöse stiegen aber nur um 15 Prozent. Die finnischen Landwirte haben nur die beste Qualität als Argument, ihre Produkte auf andere Märkte unterzubringen. Automatisierung und Digitalisierung stehen bei den größeren Betrieben ganz oben auf der Agenda. Dennoch kommen die Landwirte auf Grund der sehr hohen Produktionskosten nicht ohne besondere Unterstützung aus, betonte Leppä im Gespräch mit deutschen Agrarjournalisten.
Dazu gehört nicht nur eine Milchkuhprämie, sondern auch die Kopplung von Prämien an die Zuckerrübenproduktion. Da es nur eine Zuckerfabrik in Finnland gibt, kann sie nur durch ein Mindestmaß an Rübenlieferungen überleben. Rüben bauen Landwirte nur an, wenn es sich einigermaßen trägt. Finnland muss diese Zahlungen aber in jeder Förderperiode neu durch Brüssel genehmigen lassen. „Wir bleiben bei diesen Zahlungen im erlaubten WTO-Rahmen“, sagte Leppä zu Herd-und-Hof.de.
Finnland wird in der zweiten Jahreshälfte 2019 die Ratspräsidentschaft übernehmen. Wegen der Europawahl und der Bestellung neuer EU-Kommissare, kann sich die Finalisierung der GAP 2020 bis dahin verzögern. Jari Leppä versprach in diesem Falle, die GAP 2020 mit einem Helsinki-Beschluss auf den Weg zu bringen.
Roland Krieg; Fotos: roRo