Fipronil als Naturheilmittel verkauft?

Landwirtschaft

Fipronil verdüstert die Wolken über der Eierwirtschaft

Was deutsche Zeitungen am Monatg über Eier aus den Niederlanden berichten ist mehr als eine Woche alt. Belgien hatte bereits am 20. Juli über das Schnellwarnsystem RASFF europäische Länder über Funde von Fipronil in Eiern gemeldet. Die Eier mit Belastungen zwischen 0,0031 und 1,2 mg/kg wurden vom Markt genommen.

Im Hühnerfleisch wurden zwischen 0,0015 und 0,0156 mg/kg Rückstände gefunden. Die Risikoanalyse des Bundesinstituts für Risikobewertung ist eindeutig: Lediglich bei Kleinkindern kann eine Überschreitung durch Hühnereier erfolgen, was aber zu keiner gesundheitlichen Gefährdung führe. Die niederländische Lebensmittelbehörde (NVMA) hat das in Eiern umgerechnet: Das erhöhte Risiko wird bei Kindern bis drei Jahren bei ein bis zwei Eiern pro Woche und bei Kindern ab dem vierten Lebensjahr bei zwei bis drei Eiern erreicht.

Fipronil

Der Wirkstoff Fipronil wurde einst als Kontaktgift gegen Ektoparasiten eingesetzt. Es migriert nicht in die Haut, sondern reichert sich auf der Epidermis an und verteilt sich auf Haut und Haaren. Die Anwendung bei Lebensmittel liefernden Tieren ist nicht erlaubt.

Die niederländische Lebensmittelbehörde hat sieben in Frage kommende Betriebe seit dem 22. Juli vorsorglich gesperrt und überprüft neben Eiern und Tieren auch den Hühnerkot. Ab dem 26. Juli wurden weitere Betriebe blockiert und gesperrt. Über 100 waren es vor dem Wochenende. Erst bei positivem Befund werden die Betriebe wieder frei gegeben. Alle Betriebe, die Fipronil einsetzten, werden Rückstände in ihren Produkten haben.

Das Ausmaß ist also noch nicht bekannt. Dennoch zeigt sich der niederländische Eiermarkt in der vergangenen Woche stabil. Der Preis zog ohne die Ware der gesperrten Betriebe sogar noch um vier Cent auf 6,79 Euro pro 100 Eier an. Dennoch gilt der unerlaubte Gebrauch von Fipronil schon als „dunkle Wolke“ über den niederländischen Eiermarkt, den nicht alle Betriebe überstehen werden.

Wie kommt Fipronil in den Hühnerstall?

Parasiten sind vor allem bei den betroffenen Freilandbetrieben ein Problem. Besonders bedrohlich ist die Blu saugende „Rote Vogelmilbe“. Der Kot ist unauffällig, an den Tieren ist nichts zu sehen. Die Hühner werden langsam schwächer und fallen vor allem bei Hitzebelastung im Sommer plötzlich tot um.

Die „Rote Vogelmilbe“ versteckt sich auch in Stroh und krabbelt nur nachts heraus, was eine Überwachung erschwert. Landwirte kleben Sitzstangen mit doppeltem Klebeband ab, um Gewissheit über die Rote Vogelmilbe zu bekommen. Biobauern berichten, dass Hühner sich abends weigern, in den Stall zurückzukehren.

Bewährt haben sich Pyrethrum-Extrakte, die auf Hühner kaum Auswirkungen haben. Rein mechanisch auf den Chitinpanzer der Milben wirkt Kieselgur. Die abgestorbenen Algen ritzen den Körper ein, der dann austrocknet.

Naturheilmittel mit Fipronil?

Offenbar haben Landwirte nach Berichten der niederländischen Zeitung „BN De Sterm“ ein „Naturheilmittel“ gegen die Rote Vogelmilbe eingesetzt, dass mit Fipronil versetzt wurde.

In den Fokus gerät die Desinfektionsfirma„ChickFriend“, die von einem Betrieb aus der Provinz Geldern agiert. Die Internetseite ist mittlerweile vom Netz verschwunden.

Ob die Reinigungsfirma selbst wußte, dass in dem Mittel Fipronil enthalten ist, muss noch untersucht werden. Die Firma soll es im vergangenen Jahr bei einem Messebesuch im niederländischen Venray bei einem belgischen Anbieter gesehen oder sogar eingekauft haben. In Belgien untersucht die Lebensmittelbehörde den Verdacht, ob Fipronil in ein herkömmliches Desinfektionsmittel für Legehennenställe vermischt wurde. Die „Gazete van Antwerpen“ berichtet, das Mittel soll auch nach Deutschland, Polen, Großbritannien und Frankreich vermarktet worden sein.

Für die Konsumenten ist der Giftskandal (so nennen es die niederländischen Zeitungen) vorbei; für die Geflügelwirtschaft hat er gerade erst begonnen.

Roland Krieg

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