Fisch auf Land

Landwirtschaft

Fischzertifizierung: Mehr Fragen als Antworten

Fisch ist gesund. Fisch gehört auf den Speiseplan. Aber welcher Fisch stammt aus einer gesunden Umgebung, welche Art ist überfischt? Eine Zertifizierung könnte dem Kunden eine Orientierung geben – es gibt sie aber nicht. Nur vereinzelt wird sie umgesetzt.

Wo gehört der Fisch hin?
Natürlich gehört der Fisch ins Wasser. Er kann frei schwimmend von Fischern gefangen werden. Er kann aber auch in Ufernähe oder auf See in riesigen Netzen oder Käfigen gezielt gehalten und gemästet werden. Ist das natürlich? Immer mehr Anbieter weichen auf die landgestützte Aquakultur aus. Kontrollierte Bedingungen - aber natürlich? Ausreichend für eine ökologische Zertifizierung? Mehr Fragen als Antworten brachte das Fisch-Forum auf der BioFach zutage. Der private Sektor hat aber bereits mehr Antworten als die Politik.
Für den so genannten Wildfisch aus dem offenen Meer gibt es keine Verbraucherlabels und das Marine Steward Council (MSC) versucht nur zu beschreiben, inwieweit der Fisch nachhaltig gefangen wurde, so dass ausreichend Nachwuchs für die kommenden Fischergenerationen zur Verfügung stehen. Mehr kann auch Nicolas Guichoux vom MSC nicht versprechen. Es müsste für jede Fischart einen eigenen Standard für Nachhaltigkeit geben. Das baut der MSC jedoch gerade erst auf.
Dr. Peter Dill von der Deutschen See, die seit sieben Jahren Biofisch im Angebot hat, versteht nicht, warum zwischen Nachhaltigkeit und ökologisch unterschieden werden muss. Verbraucher kaufen den Fisch nach Genuss und Geschmack und nicht nach Zertifikat. Er weist daraufhin, dass weltweit auch Fisch nachhaltig gefangen wird, der nicht zertifiziert ist.

Private Standards vorne
Richard Bates von der EU-Fischereikommission gesteht, dass private Labels die Politik mittlerweile überholt haben. Seit 2005 sammelt die EU Informationen über Ökostandards. Sie ist aber nicht über die knappen FAO-Richtlinien herausgekommen. Beim Wildfisch im offenen Meer beschäftigt sich die EU eher mit der illegalen Fischerei und dem Beifang. Gegen den illegalen Fischfang hat sie vor kurzem ein konkretes Papier veröffentlicht. Beim Beifang geht es darum, ihn nicht mehr über Bord zu werfen, sondern mit anzulanden und auf die Fangquote anzurechnen. Bis zu 70 Prozent kann Beifang sein. Ab 2009 soll es Richtlinien für die ökologische Aquakultur geben. Im kommenden April will sich die EU darüber beraten.
Für Dr. Stefan Bergleiter vom Anbauverband Naturland ist die Entwicklung längst überfällig. Durch verschiedene Zertifizierungen wurde Naturland in der Vergangenheit immer wieder gefragt, ob es nicht auch für Fische Labels geben sollte. Neben einer Zertifizierung in der Aquakultur biete der Verband seit einem Jahr auch eine Zertifizierung für Wildfisch. Anfang Februar wurde auf der Fish International in Bremen das Siegel „Naturland Wildfisch“ präsentiert: „Wir rechnen bald mit ersten Produkten“, verkündete Bergleiter.

Was ist natürlich?
Trotzdem ist das nicht so einfach und die Diskussion zeigte, dass innerhalb der Biobranche unterschiedliche Vorstellungen über die Natürlichkeit bestehen. Gefüttert werden Fische mit Fischmehl und Fischöl. Die einen wollen die Fütterung ganz auf Pflanzenteile und Forum BiofischAlgen umstellen, die andern sehen gerade bei den Fleischfressern, wie dem Karpfen, in der Fischmehlfütterung eine Natürlichkeit. Somit wird wichtig, woher das Futter kommt. Nach Bergleiter könnte dafür Beifang genommen werden, der nicht für die menschliche Nahrung verwendet werden kann. Fischer haben auf dem Forum kritisiert, dass die Regulatoren nicht ihre Sicht einnehmen wollen. Fisch würde bei einer Futterumstellung nicht mehr nach Fisch schmecken.
Bei einer Aquakultur in Küstennähe gehen die Vorstellungen über die Natürlichkeit der Umgebung bis in zur Küstengestaltung mit Mangrovenwälder oder der Meeresbodengestaltung. Ragen, die den Verbrauchern derzeit noch nicht bewusst sind und die Zertifizierungsproblematik beschreiben.
Auf Land gestützte Aquakultur bietet zwar hervorragend kontrollierbare Aufzuchtbedingungen, aber dürfen Fische an Land gehalten werde? Aale beispielsweise vermehren sich nicht in der Gefangenschaft und werden daher in der See als Glasaale gefangen. Kann es dann ökologisch produzierten Aal geben?

Großes Wissensdefizit bei Verbrauchern
Eine unveröffentlichte aktuelle Konsumentenstudie der TU München von Babette Kuhfahl belegt, dass ein Verbraucherlogo zwar Umweltqualität transportieren kann, bei Fischprodukten die vorhanden Logos allerdings wenig bekannt sind. „Die Ergebnisse zeigen, dass der Bekanntheitsgrad der Umweltlabel gering ist und dass sie bei Kaufentscheidungen kaum eine Rolle spielen. Im Vergleich zu anderen Produkteigenschaften werden Umweltkriterien bei Konsumenten beim kauf von Fischprodukten selten berücksichtigt. Auch scheinen Konsumenten nur geringe Kenntnisse über die Umweltauswirkungen von Fischerei und Aquakultur zu besitzen.“

Produktionsstandards vorgeben
Zumindest im Bereich der Aquakultur können gezielte Produktionsstandards vorgegeben werden, wie Mathias Ismail aus Madagaskar beschreibt. Seine Oversea Seafood Operation ist vom französischen Staatslabel zertifiziert. Bei Shrimps sinkt bei seigender Population der sauerstoffgehalt im Wasser drastisch. Um einem Massensterben vorzubeugen werden weltweit die Bestände in den Produktionsbecken dezimiert. Ismail hat auf diese Methode noch nie zurückgreifen müssen, zumal bei den seinen 100.000 Quadratmeter großen Teichen der Aufwand unverhältnismäßig hoch wäre. Die Lösung: Die Besatzdichte nicht über 240 g Biomasse je Liter Wasser Einführen. Das ergibt sieben bis acht Shrimps auf einen Quadratmeter und die Tiere leiden nicht unter Sauerstoffnot.
So hat ein Fischer die Regulatoren auch ermahnt, bei den Qualitätskriterien in erster Linie an die Gesundheit des Fisches zu denken.

Lesestoff:
Der WWF hat einen Fischführer herausgebracht.
Die Qualitätskriterien für Wild-Fisch gibt es unter www.naturland.de
Kriterien für eine nachhaltige Fischerei gibt es bei www.msc.org und bei www.fao.org (Fisheries and Aquaculture)

roRo; Foto: roRo: v.l.n.r: Ismail, Guichoux, Bates, Dr Dill

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