Flächenverbrauch: Viel Forschung, wenig zählbares

Landwirtschaft

Noch kein konkreter Plan um Thema Flächenverbrauch

Das Thema Flächenverbrauch drängt. Nicht nur, weil wertvolles Ackerland schwindet und damit eine Nutzungskonkurrenz verschärft, sondern auch, weil die Bundesregierung sich nach wie vor dem Nachhaltigkeitsziel verpflichtet fühlt, bis 2020 nicht mehr als 30 Hektar Fläche zu „verbrauchen“ [1]. Bündnis 90/Die Grünen sehen in dem Thema „eines der größten ungelösten Umweltprobleme der heutigen Zeit“.

Mehr als erfasst

Dazu befragt muss das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) sogar noch einräumen, dass der Flächenverbrauch noch größer ist. Windräder oder Solarfreiflächenanlagen sowie Abbauland für Sand und Tagebaue fließen gar nicht erst in die Statistik ein.

Dabei sind die Folgen genau bekannt. Die Ausweitung der Siedlungs- und Verkehrsflächen zerschneidet Landschaften, bedroht die Biodiversität und zieht Verlust fruchtbaren Ackerbodens nach sich. Querungshilfen für Tiere, wie Grünbrücken und Grüntunnel wirken bei 74 Hektar Flächenverlust am Tag eher hilflos. In erster Linie aber verweist das BMUB auf Länder und Kommunen, die bei städtebaulichen Maßnahmen die Hoheit haben.

Folgekosten

Neben den genannten direkten Auswirkungen entstehen gesellschaftliche Folgekosten durch Bau, Unterhalt und Betrieb der Infrastruktur.

Die Siedlungs- und Verkehrsfläche (SuV) kann auf den einzelnen Einwohner (EW) verrechnet werden. Da ist die Spannbreite in Deutschland groß. Die Werte liegen zwischen 264 Quadratmeter SuV/EW in Großstädten und 1.123 qm SuV/EW in dünn besiedelten Regionen. Je höher der Wert, desto höher ist der Infrastrukturaufwand und desto niedriger ist die Flächeneffizienz. Die Kostenlast verteilt sich auf wenige Einwohner und müssen am Ende über Steuern und Gebühren überregional mitgetragen werden.

Ursachen für die Kostenbelastungen in dünn besiedelten Räumen sind nicht nur die Abwanderung, sondern, so das BMUB, auch Planungen, die über den Bedarf hinausgehen: „Aus ökonomischer Sicht besorgniserregend ist, dass selbst in schrumpfenden und stark schrumpfenden Regionen zusätzliche SuV ausgewiesen und damit zusätzliche Infrastrukturfolgekosten vorbestimmt werden“. Selbst wenn die neuen Infrastrukturen genügend ausgelastet werden, können im bisherigen Bestand „Nutzungen ausgedünnt werden oder gar Leerstände auftreten.“

Nicht alles wird kleiner

Der Blick in die Statistik zeigt, dass nicht alles was grün ist, kleiner wird. Im Vierjahresmittel zwischen 2009 und 2012 nahm die Landwirtschaftsfläche täglich um 81 Hektar ab, die des Waldes aber um 42 Hektar zu. Auch wurde die Wasserfläche täglich um zehn Hektar größer.

Forschung gibt es genug

Seit Jahren wird um den Flächenverbrauch geforscht. Vor allem müssen qualifizierte und exakte Daten ermittelt werden. Durch Umstellungen im IT-Bereich der Länder und Kommunen seien die Daten für die Bundesrepublik meist noch zu unscharf. Dennoch ist bereits ein Handbuch „Nachhaltiges Flächenmanagement“ aus der Forschung entstanden [2]. Seit 2013 können Kommunen aus der nationalen Klimaschutzinitiative eine Förderung für die Erarbeitung von Klimaschutzkonzepten zum „Klimagerechten Flächenmanagement“ erhalten. In diesem Jahr stehen Bundesmittel in Höhe von 700 Millionen Euro für die nachhaltige städtebauliche Entwicklung zur Verfügung. Um die Baumöglichkeiten überhaupt zu erfassen, müssen „Innenentwicklungspotenziale“ identifiziert werden. Einige Bundesländer unterstützen ihre Kommunen durch entsprechende Datentools.

Relativ neu ist die Idee eines Flächenzertifikatehandels, der in der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Bodenschutz ausprobiert wird [3]. In einem Modellversuch sollen im April und Juni dieses Jahres „Handelstage“ stattfinden, deren Ergebnisse publiziert werden.

Ein Flächenzertifikatehandel ist derzeit noch umstritten. Das BMUB verweist auf Ergebnisse mit hohen Effizienzgraden und Handelsgewinnen, die aber auch eine Angebotsverknappung und zu unerwünschten Preiseffekten führen können. In einem anderen Modell führte der Handel zu hohen Transaktionskosten der Akteure.

Lesestoff:

[1] Flächenverbrauch sinkt, aber noch immer 73 ha am Tag

[2] Bock et al: „Nachhaltiges Flächenmanagement – Ein Handbuch für die Praxis“, DIfU, Berlin 2011

[3] www.labo-deutschland.de -> Veröffentlichungen

Wissenschaftsjahr 2015: Herausforderung Zukunftsstadt

Roland Krieg

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